Mehr Transparenz im Shop Floor durch vertikale Integration, Industrie 4.0 bei der Beiersdorf AG

Die Werksleiter bei Beierdorf wünschen sich für ihre Mitarbeiter mehr Transparenz im Shop Floor, Flexibilität, das Erfüllen von individuellen Bedürfnissen und mobile Anwendungen. Bild: Beiersdorf AG

Programm-Manager-Funktion

Es wurde schnell klar, dass ein solches Projekt nicht alleine mit Projektmanagern umgesetzt werden kann. Auf Grund der vielen parallelen Projekte ist eine übergeordnete Programm-Manager-Funktion unbedingt notwendig, die dann begleitend etabliert wurde. Der Programm-Manager ist auch der Ansprechpartner für die Support-Abteilung des Produzenten, der die Systeme nach Projektende betreut.

Bis 2017 soll dann auch das globale Rollout in Mexiko, Südamerika, USA und Asien abgeschlossen sein. Mit dem neuen Standort in Mexiko, der die wachsenden lokalen Märkte sowie den US-Markt versorgt, wurde das Konzept auch erstmalig auf ein ‚Green Field‘-Werk übertragen. Eine der wichtigsten Erweiterungen der Produktions-Templates galt der Performance-Verbesserung. Je mehr Fertigungsbetriebe angeschlossen und Daten übermittelt wurden, desto mehr wurde deutlich, dass man an der Kommunikationsarchitektur arbeiten musste.

Es entstand neben dem Bedarf für die Übertragung von Stammdaten auch die Notwendigkeit mit SAP MII Echtzeit-Szenarien bis in den unteren Sekundenbereich abzudecken. Dafür hat man sich für den ‚Bau einer Datenautobahn‘ entschieden. Das bedeutet, es gibt zwei produktive SAP MII-Systeme. Eins übernimmt die Stammdatenverteilung bis zur Maschine und das andere die zeitkritischen Echtzeitdaten. „Man kann sich das vorstellen wie eine LKW-Spur für die Stammdaten und einen Ferrari-Fahrstreifen für die zeitkritischen Daten“, skizziert Cem Dedeoglu die gewählte Kommunikationsstruktur.

Mit dem Zuwachs an Performance und der gewünschten Verfügbarkeit konnte auch die kurzfristige Reaktion auf Bedarfe deutlich agiler gestaltet werden. Mussten anfangs noch zwei Tage Arbeitsvorrat vorgehalten werden, ist es heute nur noch ein halber Tag. Das bedeutet mehr Flexibilität für den Kunden.

Die digitale Fabrik

Mit der durchgehenden vertikalen Integration auf Basis der vielfältig einsetzbaren Plattform und Informationsdrehscheibe SAP MII hat der Fertiger seit 2009 die Voraussetzung für eine smarte Fabrik geschaffen, die sich flexibel auf neue Kunden- und Produktionsanforderungen anpassen lässt. Nun gilt im Unternehmen die Regel, dass alle neuen Anforderungen der Fachbereiche zunächst darauf geprüft werden, ob diese auf Basis der MES-Plattform kostengünstig und schnell umgesetzt werden können.

Mit Hilfe dieser Plattform hat es bei der Digitalisierung der Smart Factory bereits unterschiedliche Leuchtturmprojekte gegeben. So wurde 2013 mit der elektronischen Laderampenkontrolle die Beladung von LKW direkt im ERP in Echtzeit überwacht. Dabei wird beispielsweise vor Überschreitung des Ladegewichtes die Ampel für den Staplerfahrer auf Rot geschaltet.

Zeiterfassung realisiert

2014 wurde mit dem Integrationspartner zusammen auf Basis von SAP MII eine Personalzeiterfassung (PZE) mit SAP HR Interface realisiert, die jetzt global für die Werke zur Verfügung steht und auch in Mexiko genutzt wird. Auf die Einführung einer separaten PZE-Software konnte so verzichtet werden. Neben dem Kostenvorteil gibt es für die Werker eine Touch-basierte Oberfläche mit SAP MII.

2015 galt es in einem eigenen Workshop gemeinsam mit den Produktionsstandorten die Anforderungen und Rahmenbedingungen für die Unternehmensinitiativen im Sinn der Industrie 4.0 abzustecken. Die Werksleiter haben dabei deutlich zum Ausdruck gebracht, dass sie sich in der Smart Factory eine noch weitergehende ‚Werker-zentrierte‘ IT-Unterstützung wünschen. Dabei geht es um mehr Transparenz im Shop Floor, Flexibilität und individuelle Bedürfnisse sowie mobile Anwendungen.

Dafür wird die Standardisierung der Kommunikationsformate noch weiter vorangetrieben werden müssen. Aber auch technologisch wird hierfür ein Upgrade auf das neue Release SAP MII 15 vorgenommen werden. Speziell die Self Service Composition Environment (SSCE) in der neuen Programmversion gestatten individuelle Darstellungen.

Ideen für die Zukunft

Aber auch auf der Anwendungsseite hat man noch viele Ideen für die Zukunft, die mit einer smarten Fabrik umgesetzt werden sollen. So steht das Anliegen der Rückverfolgbarkeit der Produkte über die Vertriebswege hinweg ganz oben auf der Liste. Wenn also beispielsweise Produkte, die für die Apotheke vorgesehen waren, beim Discounter oder Internethandel auftauchen, kann man so feststellen, über welchen Kanal sie geflossen sind.

Um die Wartungskosten noch weiter reduzieren zu können und gleichzeitig die Maschinenverfügbarkeit zu erhöhen, wird sich Beiersdorf Shared Services verstärkt mit dem Thema Predictive Maintenance auseinandersetzen. „Individualisierung hört aber nicht bei den Anforderungen der Produktionsstätten auf. Gedanklich muss man sich auch damit auseinandersetzen, ob bald seitens des Kunden individuelle Verpackungen oder sogar kundenspezifische Inhaltsstoffe nachgefragt werden,“ sagt Cem Dedeoglu.