Total Productive Maintenance

Mehr als ein Déjà-vu

Nach einer Hochphase in den 1990er-Jahren wurde es stiller um das ‚Total Productive Maintenance‘. Nun gewinnt die Optimierungsmethode wieder an Fahrt – und das mit einem merklich breiteren Einsatzspektrum. Dies zeigt auch ein erfolgreiches Lean-Projekt bei Engelhard Arzneimittel.

Bild: Engelhard Arzneimittel

Die hervorragende Auftragslage und ein starkes Wachstum in den letzten Jahren waren dem Mittelständler Engelhard Arzneimittel Anlass, seinen Produktionsprozess auf Effektivität hin zu durchleuchten. 2011 entschied sich das Unternehmen − einer der führenden Markenhersteller frei verkäuflicher, apothekenpflichtiger Medikamente für die Selbstmedikation − für eine Zusammenarbeit mit Festo Training and Consulting und die Einführung von ‘Total Productive Maintenance’ (TPM). Auch Engelhard wurde dabei, wie viele Unternehmen in der jüngeren Vergangenheit, von der Erkenntnis geleitet, dass die Maschinenverfügbarkeit die Basis für Verbesserungspotenziale darstellt.

Maschinen- und Anlagenverfügbarkeit im Fokus

„TPM ist ein Konzept, das uns dabei unterstützt, die Produktionsanlagen sehr effektiv zu nutzen”, verdeutlicht Geschäftsführer Richard Engelhard. Das Konzept ist für manchen Produktionsleiter sicher ein Déjà-vu: Nachdem TPM in den 1990er-Jahren als die Methode für die Optimierung und die vorbeugende Instandhaltung von Maschinen galt, ist sie im Zuge der Einführung von Lean Production und den darauf basierenden Produktionssystemen in den letzten zehn Jahren mehr und mehr in den Hintergrund getreten und als eine Methode unter vielen verkümmert. Auch scheiterten viele TPM-Prozesse, da sie nicht nachhaltig eingeführt und organisiert wurden. Dabei war und ist TPM mehr als eine Methode: Es ist ein Veränderungsprozess, der richtig eingeführt und betrieben, schon fast ein Produktionssystem beziehungsweise Wertschöpfungssystem darstellt, weshalb das Wort Maintenance auch oft durch Management ersetzt wird.

Nach der Wirtschaftskrise 2009 und dem in der Folge sprunghaften Anstieg der Nachfrage gewinnt TPM unerwartet wieder verstärkt an Bedeutung. Die Verfügbarkeiten der Anlagen und Maschinen sind plötzlich nicht ausreichend. Die Unternehmen erkennen, dass die anderen Lean-Methoden nicht mehr greifen, wenn die Maschinen ungeplant ausfallen. Man erinnert sich also an die Macht von TPM im Hinblick auf die Steigerung der Anlageneffektivität.

Zunehmend breites Anwendungsspektrum

Was jedoch bei allen Unternehmen zu beobachten ist: Die Anwendung der TPM-Methodik geht weit über das ursprüngliche Grundverständnis hinaus. Gab man sich bisher mit organisierter Reinigung, ein wenig autonomer Wartung durch die Produktion und der geplanten Instandhaltung durch die Instandhaltungsabteilung − wenn denn die Maschinen dafür zur Verfügung gestellt wurden − zufrieden, so liegt der Fokus jetzt verstärkt auf einem intensiven TPM-Verbesserungsprozess. Auf Basis einer vollständigen Dokumentation der Verluste an den Anlagen und deren Auswertung erfolgt ein kontinuierlicher Verbesserungsprozess.

Man trifft sich täglich an den Engpassanlagen um schnelle Reaktionen nach Ausfällen einzuleiten. In wöchentlichen TPM-Teams werden größere Probleme gelöst und in regelmäßigen zwei- bis dreitägigen TPM-Workshops Schwerpunktprobleme bearbeitet. Dies alles erfolgt unter Federführung der Produktion, die sich nun als Eigentümer der Maschinen begreift. Über eine intelligente TPM-Organisation lässt sich sicherstellen, dass die Dienstleister wie Instandhaltung, Planung oder Engineering-Abteilungen, in diesen TPM-Verbesserungsprozess verbindlich eingebunden sind. So gelingt es, die Maschinenverfügbarkeiten schnell zu erhöhen und damit Zeit und Kapazität für die vorbeugende Wartung zu gewinnen.

Auch die Rolle der Instandhaltungsabteilung verändert sich. Sie sieht sich nun mehr und mehr als Dienstleister der Produktion im TPM-Prozess, nimmt aktiv am Verbesserungsprozess und den regelmäßigen TPM-Meetings teil, überträgt Wartungsmaßnahmen an die Produktion und qualifiziert diese hierfür. Sie berät die Produktion auf der Suche nach den Engpässen und legt mit ihr zusammen eine Instandhaltungsstrategie für alle Maschinen fest. Oft wird dabei erkannt, dass nicht jede Maschine das volle TPM-Programm benötigt, sondern ein zustandsabhängiges Instandhaltungskonzept ausreicht. Dadurch können Ressourcen eingespart und Zeit gewonnen werden.