Tablet-Computer

Wegbereiter für günstige Digital Mock-Ups

Die virtuelle Simulation stellt bei der Durchführung von Ein- und Ausbauuntersuchungen einen gängigen Bestandteil der Produktentstehung dar. Bisherige Ansätze erlauben allerdings keine kombinierte Nutzung digitaler Bauteile mit bereits existierenden physischen Bauteilen. Am Fraunhofer Institut für Produktionsanlagen und Konstruktionstechnik IPK wird daher ein mobiler Augmented Reality Digital Mock-Up entwickelt, der unter anderem die Augmented Reality-Überblendung eines 3D-Modells über die Kamera-Aufnahmen eines handelsüblichen Tablet-Computers gestattet.

Bild: Fraunhofer IPK

Die Simulation mechanischer Vorgänge, als Basis für die Durchführung von Ein- und Ausbauuntersuchungen, Baubarkeits- oder Kollisionsprüfungen, ist ein gängiger Bestandteil der Produktentstehung. Die hierfür eingesetzten Methoden und IT-Konzepte werden unter dem Begriff Digital Mock-Up (DMU) zusammengefasst und können Kosten- sowie Zeiteinsparung beispielsweise durch die Reduzierung des Bedarfes an physischen Prototypen realisieren. Bisherige DMU-Ansätze ermöglichen allerdings nur Prüfungen im virtuellen Raum und erlauben keine kombinierte Nutzung digitaler Bauteile mit bereits existierenden physischen Bauteilen. Es fehlte bislang vor allem an kostengünstiger Hardware und geeigneten Visualisierungsmethoden. Ein Ansatz, um diesem Problem zu begegnen besteht darin, DMU-Methoden auf mobile Tablets zu übertragen und die Augmented Reality (AR) zur Visualisierung zu nutzen. Am Fraunhofer Institut für Produktionsanlagen und Konstruktionstechnik (IPK) wird dazu ein mobiler Augmented Reality Digital Mock-Up (AR-DMU) entwickelt.

Herausforderung zwischen virtuellem und realem Raum

Die heutigen Märkte sind gekennzeichnet durch global agierende Unternehmensnetzwerke und einen stetig zunehmenden Wettbewerb zwischen den Akteuren. Wachsende Anforderungen seitens der Kunden aber auch vielfältige, je nach Zielmarkt unterschiedliche, gesetzliche Restriktionen verstärken diese Entwicklung. Um diese Situation zu beherrschen, beschäftigen sich Unternehmen seit langer Zeit mit der Implementierung organisatorischer und technischer Methoden im Produktentstehungsprozess. Eine besondere Bedeutung kommt dabei der Optimierung des Produktentwicklungsprozesses zu, da dieser ein maßgeblicher Kostentreiber ist. Eine Möglichkeit, diese Zielstellung zu erreichen, ist die virtuelle Simulation mechanischer Vorgänge als Basis für die Durchführung von Ein- und Ausbauuntersuchungen, Baubarkeits- oder Kollisionsprüfungen. Gerade in der Fertigung, etwa bei der Integration von flexiblen Bauteilen wie Kabel und Schläuche kann ein mobiler, hybrider DMU-Ansatz, der das Zuordnungsproblem zwischen den ständig wachsenden Mengen an virtuellen Daten und dem realen Produkt löst, dazu beitragen, Zeit- und Kosteneinsparung bei gleichzeitiger Qualitätssteigerung zu realisieren.

Augmented Reality auf dem Tablet-Computer

Für die Realisierung eines hybriden Ansatzes, der eine Konvergenz zwischen virtuellem und realem Raum herstellt, werden kostengünstige und performante Hardware sowie geeigneten Visualisierungsmethoden benötigt. Mit der rasanten Verbreitung und fortschreitenden Entwicklung von leistungsfähigen Tablet-Computern, beispielsweise iPads odermobile Rechner mit Android-Betriebssystem, ist die Hardware-Problematik jedoch weitestgehend gelöst. Dem allgemeinen Trend folgend werden Tablet-Computer schon heute für die mobile Produktentwicklung und das Produktdatenmanagement genutzt.

Durch die Integration mit IT-Lösungen für das Product Lifecycle Management (PLM) lässt sich die Betrachtung und Interaktion mit komplexen Bauteilen und Maschinenkomponenten auf Tablet-Computern mittels einfacher Fingergesten durchführen. Mit der fortschreitenden technologischen Entwicklung auf dem Tablet-Computer-Markt ging auch die Verbreitung der neuartigen Visualisierungsmethode Augmented Reality (AR) einher. Mit AR, auch erweiterte Realität genannt, wird eine computergestützte Wahrnehmung bezeichnet, bei der die reale und virtuelle Welt verschmelzen. Über die betrachtete Welt werden in Echtzeit beliebige visuelle Elemente wie Grafiken oder Textinformationen übergeblendet.

Der Ansatz des Fraunhofer IPK besteht darin, DMU-Methoden auf mobile Tablets zu übertragen und die Augmented Reality (AR) zur Visualisierung zu nutzen. Aus der Kombination dieser Technologien und Methoden ergeben sich neue Anwendungsfälle und bisher ungenutzte Optimierungspotenziale für die Fertigung.

Mobile Bauraumuntersuchung auf dem Tablet-Computer am Beispiel einer Lichtmaschine – neue Technologien gestatten die anschauliche Kombination von vor Ort ermittelten Daten mit den Ergebnissen von Simulationsberechnungen.
Bild: Fraunhofer IPK

Prototyp für die digitale Realitätserweiterung

Zur weiteren Erforschung und Quantifizierung von Optimierungspotenzialen wird im Rahmen mehrerer Abschlussarbeiten des Instituts ein AR-DMU Prototyp kontinuierlich weiter entwickelt. Als Anwendungsszenario dient ein Kraftfahrzeug, welches ohne spezielle Marker für die visuelle Erfassung nur anhand eines Abgleichs des vorhandenen CAD-Modells und des Kamerabildes erkannt wird. Die Überblendung des Kraftfahrzeugs mit CAD-Elementen kann individuell konfiguriert werden. Darüber hinaus wird eine gestenbasierte Interaktion, als Grundlage für einen bidirektionalen Feedbackkanal zwischen Fertigung und Produktentwicklung, mit den CAD-Elementen realisiert. Die Applikation ist dabei auf handelsüblichen Android Tablets mit aktuellem Chipsatz lauffähig und kann mit der vorhandenen PLM IT-Lösung integriert werden.

Mobiler DMU-Einsatz – Potenzial und Anwendungen

Potenziale zur Optimierung des Fertigungsprozess durch den Einsatz eines mobilen DMU entstehen überall dort, wo räumliche Aspekte im aktuellen Arbeitskontext untersucht werden müssen. Zu den möglichen Einsatzbereichen zählen beispielsweise Ad-hoc-Absicherungen von Ein- und Ausbauprozessen im Bereich Maintenance, Repair & Overhaul oder der kundenindividuellen Massenproduktion, die Qualitätssicherung durch Soll-Ist Vergleiche beispielsweise für flexible Bauteile, die schnelle Identifikation von Problempunkten zwischen virtuellen und realen Bauteilständen sowie deren Rückverfolgung in den IT-Systemen der Produktentwicklung. Aber auch gänzlich neue Anwendungsfälle für diese Technologie sind denkbar, etwa im Umfeld von Open Innovation und Co-Creation.