Systemeinsatz in der zerspanenden Fertigung

Fehler im Datenfluss vermeiden

Das Informationsmanagement in einem Manufacturing-Execution-System zeichnet sich durch die direkte Anbindung an die verteilten Shopfloor-Systeme aus. Dieser Ansatz ermöglicht unter anderem die ‚Just-in-time‘-Bereitstellung von Fertigungsdaten. Anders als bei einem planenden System sind Lösungen für Fertigungscontrolling und -management das letzte Glied in der Datenkette. Fehler im Datenfluss können folglich zu einem augenblicklichen Problem in der Fertigung führen.

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Eine der Voraussetzungen für eine funktionierende Manufacturing-Execution-Lösung (MES) in der zerspanenden Fertigung ist eine leistungsfähige Werkzeug-Datenbank mit fehlerfreiem Inhalt. Schon die Auswahl der bestmöglichen Datenbank stellt eine anspruchsvolle Aufgabe dar. Doch auch für die strukturierte und fehlerfreie Überführung des Werkzeugbestandes in die neue Datenbank gilt es einiges zu bedenken, damit das IT-Werkzeug nicht als Datengrab endet.

CAD/CAM-Spezialisierung kontra Shopfloor-Schnittstellen

Grundsätzlich können von einer Werkzeug-Datenbank zwei unterschiedliche Systeme Nutzen ziehen, deren Anforderungen sich grundlegend unterscheiden: Das CAD/CAM-Programmiersystem und das Shopfloor-Management. NC-Programmierer sollen bei der Auswahl des optimalen Werkzeuges, der Technologiewerte wie Schnittwerten und Standzeiten sowie bei der Erzeugung von Simulationsdaten zur Kollisionserkennung unterstützt werden. Beim Shopfloor-Management werden die Daten hingegen als Grundlage für die Berechnung der Netto-Werkzeuge, für die Werkzeug-Entnahme durch Lageransteuerung, bei der Montage der Werkzeuge über Stückliste und Montageanweisung sowie für die Vermessung der Werkzeuge durch Bereitstellung der Einstellaufträge eingesetzt. Häufig liegt bei der Auswahl und Einführung einer Werkzeug-Datenbank der Schwerpunkt nur auf einem dieser Systeme. Eine später erkannte Fehlentscheidung ist dann kaum mehr korrigierbar.

Grundsätzlich gibt es zwei Klassen von Werkzeug-Datenbanken: Zum einen Werkzeug-Datenbanken, die fest an ein bestimmtes CAD/CAM Programmiersystem gebunden sind und auch nur im Zusammenhang mit diesem System gekauft und betrieben werden können. Diese Lösungen sind häufig für den Shopfloor-Einsatz nicht oder nur mit Abstrichen geeignet, bieten dafür aber sehr gute Schnittstellen zum Programmiersystem. In der Praxis finden sich allerdings häufig Ansätze bei denen eine solche, im Haus vorhandene Datenbank, mit hohem Aufwand für den Shopfloor passend gemacht wird. Die dabei eingegangenen Kompromisse rechtfertigen diese Lösung allerdings in der Regel nicht.

Um maximalen Nutzen und langfristige Entscheidungsfreiheit für zukünftige Systemwechsel zu haben, empfiehlt sich der Einsatz einer unabhängigen Werkzeug-Datenbank. Im Gegensatz zu proprietären Systemen bedienen diese Lösungen sowohl Shopfloor-Anforderungen als auch die CAD/CAM-Programmiersysteme. Im Gegenzug müssen diese Systeme über Schnittstellen an die Programmiersysteme angebunden werden, auch funktionierende Schnittstellen zu marktgängigen MES in der zerspanenden Fertigung müssen vorhanden sein. Die Umsetzung dieser beiden Systemanbindungen gelingt den jeweiligen Herstellern unabhängiger Werkzeug-Datenbanken unterschiedlich gut; einige bieten allerdings auch selbst ein MES an.

Die passende Werkzeug-Datenbank auswählen

Bei der Auswahl des passenden Systems sollten Unternehmen daher prüfen, ob die Datenbank über eine funktionierende Schnittstelle zu vorhandenen CAD/CAM-Programmiersystemen verfügt. Gespräche mit Referenzanwendern können hier eine große Hilfe darstellen; dabei gilt es auch zukünftige System-Veränderungen zu bedenken. Abhängig von der zu unterstützenden Zerspanungstechnologie und Werkzeugvielfalt können zudem bestimmte Werkzeugdatenbanken Vorteile für einen Betrieb bieten. Die Bewertung dieser Unterschiede erfordert Sachverstand und Weitblick. Auch die Möglichkeiten aus der Sicht des Shopfloor-System gilt es gründlich zu prüfen: Neben Funktionsumfang sowie Bedienkomfort gilt es dabei zu bedenken, dass im Laufe der Einführung eines MES die Wünsche der Anwender in der Regel massiv ansteigen werden. Nach einem Benchmark der marktgängigen Werkzeugdatenbanken sollte sich so die bestmögliche Lösung für die Rahmenbedingungen vor Ort finden lassen.

Werkzeugbestand-Überführung: Herausforderung Datenqualität

Der schwierigere Teil der Aufgabe kommt allerdings erst danach: Die strukturierte, durchdachte und fehlerfreie Überführung des Werkzeugbestandes in diese Werkzeug-Datenbank. Dabei sollten Unternehmen auf keinen Fall Daten aus Vorgänger-Systemen importieren. Denn in den ‚Altbeständen‘ schlummern Dubletten, Informationen zu veralteten Werkzeugen, die gefunden und verschrottet werden müssen, sowie zahlreiche fehlerhafte Daten.

Diese Altlasten verhindern – zusammen mit fehlenden Daten, die manuell nachgetragen werden müssen – eine Strukturierung des Datenbestandes nach den Sachmerkmalen der DIN 4000. Die Erfahrung aus zahlreichen MES-Einführungsprojekten zeigt: Das Nachpflegen einer vorhandenen Werkzeug-Datenbank ist immer zeit- und kostenintensiver als die Neuanlage. Außerdem kann die Integration einer fehlerhaften Datenbank den MES-Betrieb für lange Zeit stören.

Aufgrund der Komplexität dieser Aufgabe scheuen nach wie vor viele Betriebe mit zerspanender Fertigung die Einführung einer Werkzeug-Datenbank. Doch ohne eine leistungsfähige Werkzeug-Datenbank lassen sich die Vorteile eines MES in der zerspanenden Fertigung, etwa in Hinblick auf Kapazitätserweiterung, Kostenreduktion, Produkt- und Prozessqualität sowie Termintreue und Flexibilität, nur lückenhaft ausschöpfen. Für eine zielführende Neuanlage sollten sich Anwender daher von erfahrenen Spezialisten begleiten lassen.