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Sivas.ERP-Rollout bei Vitrocell Systems

Spurt zum ERP-System

Vitrocell Systems aus Waldkirch entwickelt, produziert und vertreibt schlüsselfertige Anlagen und Komponenten für In-vitro-Expositionssysteme. Der Zweig der Medizin- und Umwelttechnik beruht auf enger Zusammenarbeit mit Anwendern und schneller Umsetzung toxikologischer Anforderungen. Wie das neue ERP-System die Prozesse dazu verbindet und warum dessen Integration nur wenige Monate dauerte, verrät Projektleiterin Patricia Hebestreit.

 (Bild: Schrempp edv GmbH)

(Bild: Schrempp edv GmbH)

Frau Hebestreit, die ERP-Integration bei Vitrocell dauerte sechs Monate von der ersten Schulung bis zum Echtstart. Wie war die zusätzliche Arbeitslast zu bewerkstelligen und wie stark wurde das Tagesgeschäft belastet?

Patricia Hebestreit: Vorweg muss ich sagen, dass wir es zu Beginn für sehr optimistisch gehalten haben, in dieser kurzen Zeit, bei parallel guter Auftragslage und voller Mitarbeiterauslastung, ein neues ERP-System einzuführen. Wir haben jedoch schnell gemerkt, dass unser IT-Dienstleister Schrempp ein gutes Implementierungsmanagement ­bereitstellt und wir stets einen roten Faden durch den Prozess hatten. Unsere Teilprojektleiter waren sehr motiviert und haben sich auf die Workshops gezielt vorbereitet und mit den konkreten Aufgaben sehr verantwortungsvoll auseinandersetzt. Die Mehrarbeit an den Workshop-Tagen war nicht unerheblich, aber durch das gute Management planbar und so mit der täglichen Arbeit abstimmbar. Während der Einführungsphase haben sich über einige Wochen die betrieblichen Prozesse verlangsamt, da unsere Mitarbeiter mit oberster Priorität und großem Engagement an der Einführung gearbeitet haben. Trotzdem haben alle zu dieser Zeit eingelasteten Kundenaufträge fristgerecht unser Haus verlassen. Auch nach dem Echtstart konnten wir, dank der guten Vorbereitung während der 6-monatigen Einführungsphase, fast fließend mit dem neuen System weiterarbeiten und alle Kundenaufträge nahtlos bedienen. Rückblickend können wir sagen, dass es für alle sehr anstrengende und arbeitsreiche Monate mit langen Workshop-Tagen waren. Aber es hat sich in vielerlei Hinsicht gelohnt. Nicht zuletzt, da unser Unternehmen durch die Projektarbeit und enge Verzahnung im ERP-System noch mehr zusammengewachsen ist.

Inwieweit haben Vitrocell die vordefinierten Prozessen in Sivas.ERP, also die Standardprozesse, vorangebracht?

Als Variantenfertiger in einem Nischenbereich mit komplexen Anlagen für ebenso komplexe Anforderungen von internationalen Kunden haben wir es nicht für möglich gehalten, dass vordefinierte Prozesse zu uns passen könnten. Die bis dahin ­gelebten Prozesse waren gewachsene Abläufe, teilweise entstanden in der Startup-Phase vor fast 20 Jahren. Viele sind trotz des Wachstums nicht genug angepasst worden. Die Standardprozesse haben uns zum Nach- und Umdenken angeregt. Die Änderung unserer Prozesse an die Standardprozesse war für uns eine der schwierigsten Aufgaben, die auch nach dem Echtstart noch einen erhöhten Bearbeitungsaufwand nach sich zogen, nicht zuletzt die Umsetzung in der gesamten Belegschaft. Die ersten Auftragsdurchläufe waren noch mit Mehraufwand verbunden, bis sich die neuen Abläufe im Unternehmen eingespielt hatten. Wenige Monate nach dem Echtstart können wir bereits die ersten Früchte ernten und wir sind uns sicher, dass wir die zunehmende Komplexität unseres Produktprogramms und das weitere Wachstum ohne die Einführung von des ERP-Systems nicht in diesem Umfang meistern könnten.

Ihre Stücklisten werden über eine Schnittstelle aus dem PLM- ins ERP-System importiert. Mit welchen Effekten?

Eines der größten Arbeitspakete war für uns die Materialwirtschaft mit der Disposition. Über die Schnittstelle werden nun reguläre sowie individuelle Bauteile bis hin zu ganzen Stücklisten aus hunderten von Teilen mit wenigen Mausklicks in den ­Teilestamm übertragen und angelegt. Durch die Teilautomatisierung über die PLM-Schnittstelle wird der Übergang von der Konstruktion zur Beschaffung eindeutiger, denn klare und dokumentierte Information verringert Doubletten, Fehlproduktionen oder fehlende Teile. Gleichzeitig werden alle produktionsrelevanten Dokumente bereitgestellt. Unserem Einkauf liegen mit der PLM-Schnittstelle gleich alle notwendigen Informationen vor und er kann mit viel weniger Aufwand Bestellungen auslösen. Je nach Auftrag verzeichnen wir Zeiteinsparungen von bis zu 80 Prozent. Mit der gewonnen freien Kapazität konnte sich das Aufgabenfeld des Einkaufs erweitern und die tägliche Arbeitszeit intensiver für administrative Aufgaben, wie Stammdatenpflege, Lieferterminüberwachung, Preispflege und Recherche genutzt werden. Durch die gelenkte Beschaffung steuern wir zudem unser Lagervolumen bei gleichzeitiger Inanspruchnahme von Staffelpreisen und Vermeidung von Mindermengenzuschlägen.

Welche weiteren Aufgaben in der Materialwirtschaft und im Auftragsdurchlauf insgesamt haben Sie nun digitalisiert?

Bei den Workshops haben wir gemerkt, dass in der Materialwirtschaft unnötig viele Ressourcen verbraucht werden. Daher haben wir im Zuge der Einführung die Materialwirtschaft komplett neu aufgebaut. Die Neugestaltung des Lagers war hier eine wesentliche Komponente. Hierbei hatten wir das Ziel, die Vorgänge so weit möglich zu digitalisieren. Auf diese digitalen Informationen aus der Materialwirtschaft greift aber nicht nur die Lagerlogistik, der Einkauf und die Rechnungsprüfung zurück, sondern auch die Projektleiter und Monteure, die dahingehend ihre Tätigkeiten im ERP-System planen und überwachen.

Ein ERP-System muss laufend optimiert, erweitert und angepasst werden. Wie geht es mit ihrer ERP-Installation weiter?

Mit dieser Frage treffen sie gerade ins Schwarze. Die Umsetzung ist ein Prozess ohne definiertes Ende. Unser Ziel war es, zunächst die alltäglichen Geschäftsprozesse ausführen zu können: Auftrag, Beschaffung, Produktion, Auslieferung und Fakturierung. Danach ­wollen wir nach und nach mehr der vorhandenen Module implementieren. Ein weiteres Beispiel ist der Servicebereich, welcher zukünftig einen immer größeren Stellenwert einnehmen wird. Dabei wollen wir Tools der Digitalisierung wie Handy und Tablet in der Akquise und im Aftersales nutzen. Dazu bringt REST-Schnittstelle der ERP-Software eine ­solide Basis mit.


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