Real-Time Computing gewinnt gerade in Branchen an Bedeutung, die anspruchsvolle zeitkritische Workloads ausführen müssen. Der optimierte Echtzeit-Ubuntu-Kernel ist für Anwendungen in der Qualitätssicherung und der Produktsicherheit bis hin zur Prozessindustrie geeignet. Also dann, wenn besonders strenge Anforderungen an die softwaredefinierte Fertigungs-, Überwachungs- und Betriebstechnik bestehen.
Typische Applikationen von Real-Time Computing finden sich in den Branchen Industrie und Telekommunikation, der Automobilindustrie, Luft- und Raumfahrt sowie Verteidigung, im öffentlicher Sektor und dem Einzelhandel. Anwendungsbereiche sind oft Industrie-PCs, die Steuergeräte orchestrieren, industrielle Edge-Server, SPS-Lösungen sowie Roboter und Drohnen mit Echtzeitfunktionen. Canonical, selbst Herausgeber des Linux-Betriebssystems Ubuntu, bietet daher mit Real-Time Ubuntu ein Echtzeit-Betriebssystem in zwei Varianten an. Ubuntu Server 22.04 LTS mit dem Echtzeit-Kernel ist über Ubuntu Pro in einem Abonnement für Unternehmenssicherheit und Compliance erhältlich, und deckt alle Aspekte der offenen Infrastruktur ab. Ubuntu Core 22 mit Echtzeit-Kernel ist für Unternehmenskunden über den IoT App Store von Canonical verfügbar. Ubuntu Core ist die vollständig containerisierte und für Edge-Geräte optimierte Ubuntu-Variante. Canonical pflegt Ubuntu Core mit dem Echtzeit-Kernel langfristig, um für den industriellen Einsatz infrage zu kommen.
Kernel auf Determinismus getrimmt
Ein Echtzeit-Linux-Kernel zielt darauf ab, eine begrenzte Reaktionszeit auf ein externes Ereignis zu bieten. Ein Echtzeitsystem hat definierte Zeitbeschränkungen und verfügt somit über eine zeitliche Obergrenze, um eine kritische Operation auszuführen. Realtime Ubuntu zielt darauf ab, auf externe Ereignisse innerhalb der oberen Zeitgrenze, der maximal zulässigen Latenzzeit im System und der festgelegten Frist zu reagieren, um die zuverlässige Reaktionszeit innerhalb eines bestimmten Zeitraums zu reduzieren. Ubuntu 22.04 LTS basiert auf der Version 5.15 des Linux-Kernels und integriert die Out-of-Tree-Patches PREEMPT_RT für x86- und Arm-Architekturen. Das PREEMPT_RT-Patchset reduziert die Kernel-Latenzen, die bei sehr anspruchsvollen Workloads erforderlich sind, und soll eine zeitlich vorhersehbare Task-Ausführung sicherstellen. Ubuntu mit PREEMPT_RT zielt darauf ab, Determinismus zu bieten und strenge Timing-Anforderungen zu erfüllen. Unter den verschiedenen Ansätzen, dem Kernel Echtzeit-Fähigkeiten hinzuzufügen, zielt der PREEMPT_RT-Patch darauf ab, die Vorhersagbarkeit zu erhöhen und die Latenzzeit durch Änderungen am bestehenden Kernel-Code zu reduzieren.
(Bild: Canonical Group Limited)
Wann lohnt der Griff zum Echtzeit-Linux?
Nach einer bekannten Definition hängt in einem Echtzeitsystem die Korrektheit einer Berechnung nicht nur von der logischen Korrektheit des Ergebnisses ab, sondern auch von dem Zeitpunkt, zu dem es erzeugt wird. Wenn die zeitlichen Anforderungen des Systems nicht eingehalten werden, spricht man von einem Systemfehler. Der Posix (Portable Operating System Interface for UniX)-Standard 1003.1 hat eine ähnliche Definition. Dieser Standard besagt, dass echte Aktualität die Fähigkeit eines Betriebssystems ist, ein gefordertes Leistungsniveau in einer begrenzten Antwortzeit zu erbringen. Kurz: Ein Echtzeitsystem eignet sich am besten für extrem latenzabhängige Anwendungsfälle, bei denen eine verpasste Frist zu einem Ausfall und nicht nur zu einer Verschlechterung des Systems führt. Die typischen vertikalen Zielmärkte und -anwendungen für Echtzeit-Linux sind:
Gesundheitswesen – Ein Anwendungsbeispiel sind lebenserhaltende medizinische Geräte. Hier erwarten die Betreiber, dass die Computersysteme ihre Aufgaben innerhalb einer bestimmten Frist erfüllen. Eine Fristüberschreitung könnte katastrophale Folgen haben.
Verarbeitende Industrie – Neben Medizinrobotern im Gesundheitswesen spielen Echtzeitfunktionen in einer Vielzahl von Anwendungsfällen und Branchen eine Rolle. Zu den wichtigsten Teilmärkten gehören die Prozessindustrie und die industrielle Fertigung. Determinismus und Echtzeitfähigkeiten sind in der Fabrikhalle von entscheidender Bedeutung. Beispielsweise müssen SPS-basierende Geräte in einer Fertigungsstraße Daten in Echtzeit liefern und verarbeiten. So wird die Systemintegrität und die kontinuierliche Produktion aufrechterhalten. Ein verpasster Termin könnte das Fließband zum Stillstand bringen.
Telekommunikation – Mit einer virtualisierten, offenen RAN-Architektur können Mobilfunkbetreiber spezifische Netzwerkfunktionen bereitstellen, was die Flexibilität und den Nutzungsgrad der Netzwerkressourcen erhöht. Mit Echtzeit-Linux in einer Open-RAN-Architektur bauen Betreiber z.B. 5G-Netzwerke auf, die bereits für die 6G-Architektur vorbereitet sind.
Automobilindustrie – Echtzeitsysteme sind auch in der Automobilindustrie zu finden, wo die Latenzzeiten sehr gering sind. Eine verpasste Frist kann auch hier katastrophale Folgen zeitigen. In der Automobilindustrie wurden im Allgemeinen RTOS eingesetzt, um die geforderten Latenzzeiten einzuhalten. Heutzutage verlassen sich die OEMs und ihre Tier-1-Zulieferer jedoch zunehmend auf den Linux-Kernel für Anwendungen wie Infotainment-Systeme und Mensch-Maschine-Schnittstellen.
Luft- und Raumfahrt – Ein weiterer Anwendungsfall für Echtzeit-Linux-Systeme ist die Servoschleife in einem Flugzeug, das mit Autopilot läuft. Die Sensoren des Flugzeugs versorgen den Steuercomputer kontinuierlich mit korrekten Messwerten. Geschieht dies nicht, kann sich dies negativ auf den Betrieb des Flugzeugs auswirken. Der Realtime-Kernel muss die dafür notwendige Leistung und Ausfallsicherheit mitbringen. n
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