Smarte Produktion

Zukunftskonzepte ‚greifbar‘ machen

Je länger Industrie 4.0 im Gespräch ist, desto vielseitiger – aber auch zersplitterter – wird das Thema diskutiert. Anwender und Anbieter stehen angesichts der vielen Facetten möglicher ‚Smart Factories‘ vor der Herausforderung, die Anforderungen an zukünftige Architekturen und Konzepte für den Einsatz von Manufacturing IT zu konkretisieren.

Bild: MPDV

Auch wenn immer mehr Lösungsanbieter anführen, dass ihre Komponenten umfassend Industrie 4.0-tauglich sind, ist der Weg bis zur praxisgerechten Nutzbarkeit dieser Ansätze vielfach noch weit – es fehlt derzeit ein Gesamtkonzept. Fertigungsunternehmen sollten daher nicht übereilt in ‚Industrie 4.0-Lösungen‘ investieren, sondern sich nach wie vor auf das ‚hier und jetzt‘ konzentrieren – dabei aber die Zukunft nicht aus den Augen verlieren. Denn aller Voraussicht nach werden integrierte Manufacturing Execution-Systeme (MES) gemäß VDI-Richtlinie 5600 auch in Zukunft eine zentrale Rolle in der Produktion spielen – ungeachtet dessen, wie diese organisiert ist. Im Kontext von Industrie 4.0 ergeben sich folgende Handlungsfelder für die fertigungsnahe IT:

  • Flexibilität: Konfiguration statt Programmierung
  • Standardisierte Anbindung des Maschinenparks
  • Mobile Anwendungen für das Prozesscontrolling
  • Flexibler Umgang mit autonomen Systemen
  • Interoperabilität und standardisierte Synchronisation mit anderen Systemen
  • Interaktion in Echtzeit und Überbrückung von Netzwerkausfällen
  • Zentrale und themenübergreifende Datenhaltung
  • Horizontale Integration einschließlich Vermeidung von Schnittstellen und Insellösungen
  • Unterstützung von Managemententscheidungen auf Basis belastbarer Kennzahlen

Diese Themen sollten sukzessive konkretisiert werden, um den Weg in die praktische Anwendung zu ebnen. Als Beispiel bietet sich der Blick auf Systemarchitekturen sowie die Automatisierungsanbindung an.

Eine Frage der Architektur

Gerade in Zeiten hoher Marktanforderungen gleicht kaum mehr eine Produktion der anderen. Zwar sind in den meisten Produktionsbetrieben ähnliche Prozessmerkmale vorhanden, was den Einsatz von Standardsoftware auf den ersten Blick sinnvoll erscheinen lässt. Jedoch kommt kaum ein Unternehmen um Systemadaptionen herum. Ausschlaggebend ist hierbei, wie flexibel die Softwarearchitektur einer MES-Lösung ist. Von Vorteil ist – neben einem modularen Aufbau – ein serviceorientierter Ansatz (SOA), auf dessen Basis Funktionalitäten sehr einfach hinzugefügt, verändert oder entfernt werden können, ohne die Integrität des gesamten Systems zu beeinträchtigen. Mögliche Mittel zu Anpassung oder ‚Customizing‘ umfassen dabei Konfiguration, Benutzerdatenfelder und erweiterte Nutzereinstellungen, Scripting sowie durch den Anwender nutzbare Entwicklungstools. Solche Lösungen können damit eine Vielzahl an Möglichkeiten bieten, das System ohne Programmierung oder sogar ohne Eingriff des Herstellers an neuen Anforderungen auszurichten. Für Anwenderbetriebe bietet es sich dabei an, erfahrene Key-User in die Lage zu versetzen, grundlegende Abläufe im System durch erweiterte Konfigurationsmöglichkeiten zu beeinflussen. Darüber sollten die anbieterseitig angebotenen Entwicklungstools eine individuelle Gestaltung von Auswertungen, Reports und Diagrammen unterstützen. Sogenannte User-Exits ermöglichen dabei mittels vergleichsweise schnell zu erlernender Skriptsprachen das Hinzufügen individueller Funktionen. Idealerweise können erfahrene Administratoren diese Adaptionen selbst vornehmen oder eine Fachkraft des Systemanbieters hinzuziehen. Ganz egal welche Variante ein Anwender wählt, der Grundcharakter einer zukunftssicheren Standardsoftware bleibt damit erhalten.