Eine große Reise in unbekannte Welten, so lässt sich die Situation von Industrie 4.0 in der Fertigungsbranche aktuell beschreiben. Nichtsdestotrotz sind Unternehmen auf dem Weg. Der Arbeitskreis Fertigung der Deutschsprachigen SAP-Anwendergruppe (DSAG) will Navigationshilfen geben. Von SAP werden geeignete Tools und Funktionalitäten erwartet.
Industrie 4.0 ist eine große Chance, aber auch eine große Herausforderung. „Denn dafür müssen die Unternehmen ihre IT fit machen und zwar bis runter in die unterste Ebene der Prozesslandschaft. Ein simples Aufhübschen hilft da nicht viel“, sagt Professor Kai-Oliver Schocke, stellvertretender Arbeitskreissprecher Fertigung bei der DSAG. „Die Stückfertigung und die Automobil-Branche sind mit Just-in-Time(JiT)- und Just-in-Sequence(JiS)-Fertigungen bereits gut aufgestellt. Viele andere Unternehmen sind aber noch lange nicht so weit“, so der Professor für Produktionsmanagement und Logistik an der Frankfurt University for Applied Sciences.
Ist die Branche bereit?
Ist die deutsche Fertigungsbranche überhaupt schon bereit für Industrie 4.0? Professor Schocke ist von zwei Dingen fest überzeugt: Erstens ist Industrie 4.0 ein Muss-Thema, um Schnelligkeit, Flexibilität und Wirtschaftlichkeit wieder zu Top-Themen innerhalb Europas und der hier gefertigten Produkte zu machen. Niemand wird daran vorbeikommen. Zweitens sind, von den wenigen Champions und Early Adopters abgesehen, die meisten Unternehmen gerade einmal bei Industrie 2.0 angekommen. Hier sieht er vor allem den Mittelstand, dessen Management, Mitarbeiter und Prozesse noch nicht bereit dafür sind: weder IT-seitig noch im Kopf.
Diese Baustelle führt Kai-Oliver Schocke auch zurück auf viel zu selten stattfindende Mitarbeiterfortbildungen und -schulungen: „Ein ‚Das haben wir aber schon immer so gemacht‘ wird in Zukunft nicht mehr reichen“, sagt er. „Mitarbeiter müssen intensiv geschult werden, denn vor allem in Produktion und Logistik herrscht oft ein dramatisch geringer Kenntnisstand.“ Ein umfassendes Change Management einzuführen, um alle Mitarbeiter rechtzeitig abzuholen und so auch die Angst vor Arbeitsplatzverlust zu nehmen, ist für ihn ein logischer nächster Schritt. „Mitarbeiter wissen oft nicht, warum jetzt Maschinen miteinander kommunizieren sollen“, sagt Professor Schocke. „Man muss heute ausführlich erklären, warum sich Maschinen im Rahmen von Industrie 4.0 irgendwann selbst organisieren. Damit jeder versteht, dass künftig sofort und automatisch nachproduziert wird, wenn ein Produkt nicht mehr verfügbar ist.“
Wer wartet, wer startet?
Dreh- und Angelpunkt in der Industrie-4.0-Diskussion ist logischerweise das Business-Potenzial. „Ohne Mehrwert wird kein Unternehmen den Industrie-4.0-Aufwand betreiben, egal ob es Kurbelwellen oder Lebensmittel produziert“, sagt Volker Stockrahm, Sprecher des Arbeitskreises Fertigung bei der DSAG. Losgröße 1, Predictive Analysis, Machine-to-Machine-Communication – alles hell leuchtende Sterne am Industrie-4.0-Himmel. „Aber um dort hinzukommen, müssen wir erst einmal das Kerngeschäft fit machen, was viel Fingerspitzengefühl bei den Veränderungsprozessen und auch bei der Einführung zeitgemäßer IT-Lösungen erfordert. Diese sind heute noch nicht zwingend mit der notwendigen Marktreife vorhanden“, sagt Stockrahm. Nur wenn standortübergreifend harmonisierte Stamm- und Bewegungsdaten sowie vereinheitlichte beziehungsweise standardisierte Planungs-, Steuerungs-, Mess- und Qualitätsmanagementdaten verfügbar sind, können diese so ausgewertet und genutzt werden, dass „das SAP-System von Standort A eigenständig mit dem SAP-System am Standort B spricht, und der Mensch die Maschine einzig und allein nur noch mit Daten füttert“, sagt Stockrahm.
Die Macht der Daten
Daten sind das Herzstück in dieser Diskussion. Die Macht der Daten schlägt überall durch, vor allem unter dem Begriff Big Data. „Das ist der große Hebel, der einen neuen Zyklus beginnen lässt und der übergreifende, nachfragegetriebene Produktions- und Logistiknetzwerke zur Folge haben wird“, sagt Volker Stockrahm. Nur so lässt sich in Zukunft der Kundenbedarf über die gesamte Lieferkette kommunizieren und betrachten, mit demselben Kenntnisstand für alle Teilnehmer: Ist noch ausreichend Material am Lager? Wo und warum entstehen Kapazitätsengpässe? Wissen die Zulieferer Bescheid? Welche realistischen Liefertermine können den Kunden zugesagt werden? Sieht man genauer hin, arbeiten schon einige Fertigungsunternehmen mit Industrie-4.0-Komponenten ohne viel Aufhebens darum zu machen. Ein bayerischer Mittelständler, der auf die Produktion von Abflüssen spezialisiert ist, setzt schon länger auf ein Lean Management: Eine Stunde nach Auftragseingang startet die Herstellung – sehr zur Freude der Kunden. „Es hat sich herausgestellt, dass die Mitarbeiter unterm Strich so viel gleichmäßiger arbeiten und der Leerlauf fast gegen null tendiert“, sagt Professor Kai-Oliver Schocke.
Was bietet SAP?
Als stark verbessert bezeichnen die beiden Fertigungs-Experten das aktuelle SAP-Angebot für Industrie 4.0. So das Beispiel Supply Chain Management: Im Moment stehen in dem System die bekannten klassischen und erprobten Planungsfunktionalitäten parat. Inzwischen können auch die neuen Markt- und Kundenanforderungen mit Integrated Business Planning erfüllt werden, basierend auf Hana- und Cloud-Technologien. Dadurch ist jetzt die übergreifende Planung und Steuerung komplexer Lieferketten nahezu in Echtzeit möglich. „Was wir brauchen, ist eine echte und dynamische Supply-Chain-Steuerung, die alle Daten zusammenbringt. Die hierfür notwendigen Technologien und damit auch die Systeme stehen erst seit kurzem zur Verfügung“, sagt Volker Stockrahm. Die Kombination mit Industrie 4.0 lässt ihn hoffen. Diese neuen Funktionen müssen nun in den Unternehmen ankommen. Als „einfach in der Implementierung und echten Mehrwert in der Verknüpfung von SAP mit Maschinen“ bezeichnet Professor Schocke beispielsweise das Plant-Connectivity-Modul von SAP. Somit wäre die notwendige Flexibilität und Schnelligkeit seitens der IT machbar.
Es gibt viel zu tun in der breit aufgestellten Fertigungsbranche, in der nicht jedes Unternehmen automatisch die modernste IT im Einsatz hat. „Manchmal sind es ganz simple Dinge, die fehlen“, sagt Schocke. Beispielsweise ein Qualitätsmanagement – etwa bei einem Textilmaschinenhersteller, der seit Jahrzehnten hochwertige Maschinen herstellt und über 80 Prozent Marktanteil hält – und das global. „Hier wird das Wissen vom Kopf des Mitarbeiters A zum Kopf von Mitarbeiter B weitergegeben – weil das schon immer so gemacht wurde.“ Unternehmen wie diese von Industrie 4.0 zu überzeugen, das wird eventuell mühsam. Ist aber dringend notwendig, denn der Wettbewerb schläft nicht. Und wenn einmal der technologische Anschluss verloren ist, wird es umso schwieriger, wieder Fuß zu fassen.
Eigenregie notwendig
Eine große Reise in derzeit noch zu viele unbekannte Welten, so fasst Volker Stockrahm die Situation zusammen. In puncto Mehrwert sieht er die Unternehmen größtenteils selbst in der Pflicht: „Kunden und Anwender werden viel in Eigenregie entwickeln müssen und das wird zeigen, wie innovativ die einzelnen Firmen im internationalen Wettbewerb tatsächlich noch sind.“ Für Deutschland als sehr industriegetriebene Nation sieht er eine große Chance – eine Chance, die aber auch Mut erfordert. „In drei bis fünf Jahren können wir ein erstes Fazit ziehen: Haben wir uns getraut und machen wir Made in Germany oder Made in Europe wieder zur Top-Marke? Oder lassen wir anderen den Vortritt? Zum Beispiel den USA, die erfahrungsgemäß etwas risikofreudiger agieren, vor allem im IT-Umfeld?“ Potenziale aufzeigen, neue Funktionalitäten bereitstellen, aber nicht zu viele Szenarien vorgeben und damit die Kunden begeistern: So erreichen deutsche und europäische Fertiger rechtzeitig und gut ausgestattet die neue Industrie 4.0-Welt.
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