Shuttle-Technik

Ein Lager wie ein Schiebe-Puzzle

Räume besser nutzen, Paletten schneller organisieren und LKW effizienter beladen – das waren die Kernziele des Eiscremeherstellers Ben & Jerry’s. Mit einem neuen System hat das Unternehmen seine Logistik vollautomatisiert und zudem Platz für tausende zusätzliche Paletten geschaffen. Dabei sollte die Lösung auch Energie einsparen und langfristig die Kosten senken.



Bild: Ortec GmbH

Erfolgreiche Unternehmen, die eine stetig wachsende Nachfrage verzeichnen, stehen irgendwann vor der Herausforderung, Produktion und Lager entsprechend anzupassen. Doch nicht immer ist es möglich zu expandieren. In dieser Situation befand sich die britische Firma Ben & Jerry’s an ihrem niederländischen Standort Hellendoorn. Die Lagerhalle des Eiscremeherstellers grenzt direkt an die Produktion. Die Platzverhältnisse waren ungünstig. Bei der Ein- und Auslagerung von Paletten kam es zunehmend zu Engpässen. Für eine Expansion fehlte der Raum. Der Eiscremehersteller suchte einen Weg, um unter diesen Bedingungen das Fassungsvermögen seiner Lagerräume zu vergrößern und sein Umschlagvolumen zu erhöhen. Verschiedene Dienstleister entwickelten geeignete Lösungsvorschläge. Den Zuschlag erhielt die Bremer Firma Ortec, Anbieter für intelligente Planungs- und Optimierungssoftware. „Ortec war in der Lage, Platz für 13.500 Paletten zu schaffen“, sagt John Bestman, Logistikmanager bei Ben & Jerry’s. Auch die anderen definierten Ziele – darunter reduzierte Personalkosten, höhere Verfügbarkeit der Ware und eine verbesserte LKW-Abwicklung – hatten im Angebot überzeugt.

Einsatz in Eiseskälte

35 Millionen Liter Eis produziert das Unternehmen an seinem niederländischen Standort im Jahr. Diese gehen an mehrere Tausend Kunden in ganz Europa. Fertig befüllte Paletten werden zunächst bei Minus 26 Grad Celsius gelagert, bevor sie in die Auslieferung gehen. Für diese Umgebungstemperatur ist viel Energie notwendig. Überlegungen zu Umwelt und Nachhaltigkeit waren für das Unternehmen ein wichtiger Auslöser, um die Lagerhallentechnik zu modernisieren. Da sich Probleme beim Betrieb im Lagerhaus direkt auf die Produktionseinheit auswirken würden, mussten beide Bereiche während der Umstellung voll betriebsfähig bleiben. „Unsere Produktion läuft 24 Stunden am Tag, sechs Tage die Woche“, sagt Bestman.

Moderne Shuttle-Lösung

Mit dem installierten System hat das Unternehmen seine Vertriebslogistik voll auf Automation umgestellt. Dieses ermöglichte es, die Lager- und Verarbeitungskapazität zu erhöhen, ohne zu expandieren. Ortec OptilogX automatisiert Palettenströme und gestaltet so deren Handhabung und Lagerung effizienter. Alle Prozesse zwischen Palettierung und Verladen laufen selbstständig ab. Die ideale Lagerposition wird automatisch identifiziert. Die Technologie funktioniert wie ein Schiebe-Puzzle. Dafür stehen dem Unternehmen acht Shuttle zur Verfügung. Diese können bis zu 800 Paletten in der Stunde verarbeiten.

Das System führt unterschiedliche Ströme von Paletten automatisch zusammen und bringt sie in eine Reihenfolge. Dann werden sie über Förderbänder transportiert, zwischengelagert und kontinuierlich sortiert, um im richtigen Moment verladebereit zu sein. 24 Stunden am Tag erreichen bei dem Eiscremehersteller Paletten aus der Produktion das Lager. Ankommende Ware kann ohne Zwischenlagerung direkt zum Versand oder zu einem weiteren Standort geschleust werden (Cross-Docking). Das System sortiert die Paletten entsprechend der Kundenaufträge und in Hinblick auf eine optimale LKW-Beladung. Dabei greift das System auf tourenoptimierende Algorithmen zurück. Es berechnet, wie viele Paletten der LKW fassen kann und wie schwer dieser werden darf. „Das ist ein wesentlicher Vorteil“, berichtet Bestman. LKW könnten innerhalb von 15 Minuten beladen werden. Ein weiterer Pluspunkt sei, dass man auf Gabelstapler – und Transportwege für solche – komplett verzichten könne.



„Dank der automatisierten Prozesse können Paletten ganz leicht per Knopfdruck abgerufen werden“, sagt Ortec-Geschäftsführer Stefan Huntemann. Bild: Ortec GmbH

Schonend für die Umwelt

Das patentierte Shuttle-System punktet auch hinsichtlich seiner Nachhaltigkeit: „OptilogX schont die Ressourcen und senkt damit langfristig die laufenden Kosten“, sagt Stefan Huntemann, Geschäftsführer der Ortec GmbH. Der Eiscremehersteller Ben & Jerry’s gibt an, 80 Prozent der Kosten an Energie zu sparen und gleichzeitig seine Kohlendioxid-Emissionen um 60 Prozent zu reduzieren. „Wir konnten unsere Produktivität, Lager- und Umschlagskapazität innerhalb des bestehenden Platzes im Gefrierlager deutlich erhöhen“, sagt Logistikmanager John Bestman. „Das wirkt sich beträchtlich auf unseren Gewinn aus.“ Zudem seien die Abläufe einfacher geworden: „Dank der automatisierten Prozesse können Paletten ganz leicht per Knopfdruck abgerufen werden.“ Auch das Beladen erfolge effizienter. Das System unterstützt seine Anwender zudem bei der Kommissionierung und füllt Warenbestände automatisch wieder auf.

Insgesamt 1.000 Palettenplätze hat der Anbieter der Logistiklösung auf vier Ebenen geschaffen. Dafür stand der Firma bei dem Eisfabrikanten eine Fläche von weniger als 500 Quadratmetern zur Verfügung. Da die Paletten abholbereit positioniert werden, sei eine größere Lagerfläche nicht notwendig: „Seit wir unsere Prozesse und unsere Lagerhalle voll automatisiert haben, nutzen wir nur noch 60 Prozent des Lagerraums“, sagt Bestman. Das bedeute mehr Platz, zum Beispiel für die Lagerung von Rohmaterial. Auch die Produktivität habe sich gesteigert. „Unsere Erwartungen wurden mehr als übertroffen“, sagt Bestman.

Leistungen und Services

„Unternehmen können Platz und Energie sparen, ihre Logistik leistungsfähiger machen und Fehler reduzieren“, sagt Stefan Huntemann. Der automatisierte Ablauf minimiere das Risiko der Beschädigung von Ware und könne zudem Unfälle vermeiden. Der Lösungsanbieter steht seinen Kunden sowohl im Vorfeld als auch nach Implementierung des Systems stets als Partner zur Seite. „Nach einer Analyse vor Ort empfehlen wir passende Lösungen“, sagt Huntemann. „Dann machen wir uns Schritt für Schritt an die technische Umsetzung.“ Die Steuerung und Überwachung des Systems erfolgt ebenfalls durch Ortec. Nach dem Einrichten übernimmt das Unternehmen dauerhaft die Wartung und Pflege und bietet seinen Kunden bei technischen Fragen eine telefonische Hotline an. Die Lösung kann sowohl an WMS- als auch an SAP-Systeme angebunden werden.