Einsatz in der Luft- und Raumfahrt

Additive Fertigung kann für Anwendungsfelder interessant sein, in denen hochwertige Produkte zeitkritisch hergestellt werden müssen, welche nach Möglichkeit funktionsoptimiert ausgelegt werden und in denen zukünftig individualisierte Serienprodukte gefordert werden. Bereits seit etwa zwölf Jahren wird die additive Fertigung erfolgreich in der Luftfahrt im Bereich der Instandsetzung und -haltung eingesetzt. Die Weiterentwicklung der Technologie von einem Reparaturverfahren hin zu einem additiven Fertigungsverfahren begann im Turbomaschinenmarkt in den Branchen Luft- und Raumfahrt und Energieerzeugung. Dort werden vorwiegend kosten- und zeitintensiv zu fertigende Produkte hergestellt. Inzwischen steigen Anwender aus der Luftfahrtindustrie wie Boeing, EADS, General Electric, MTU, Rolls-Royce in die Fertigung von Serien-Bauteilen mit generativen Verfahren ein.

BAE Systems setzt seit Kurzem Ersatzteile für den Regionaljet BAE146 ein. Für den Tornado wurden bereits zuvor Bauteile mit dem additiven Verfahren hergestellt. Bei Airbus wird an speziellen Scharnieren gearbeitet. Mit der Technologie sind diese Teile stabiler und leichter herzustellen. Außerdem wird auch deutlich weniger Material benötigt. Nach Angaben von Airbus können bis zu 90 Prozent der Rohmaterialien eingespart werden – bei einer Gewichteinsparung von bis zu 50 Prozent. In den USA befassen sich Boeing sowie die Triebwerkshersteller Rolls-Royce und General Electric (GE) intensiv mit der neuen Technologie.

Schaufeln komplett drucken

In Europa arbeiten mehrere Triebwerkshersteller zusammen mit Forschungseinrichtungen im Projekt ‚Merlin‘ an der Herstellung ganzer Triebwerksschaufeln im additiven Verfahren. MTU fertigt Teile für eines der modernsten Triebwerke, den Getriebefan, im selektiven Laserschmelzverfahren in Serie. Die Niederdruckturbine des Getriebefans PW1100G-JM ist die erste MTU-Komponente, die serienmäßig mit additiv gefertigten Boroskopaugen ausgerüstet werden soll. Diese Bauteile sind Teil des Turbinengehäuses und werden benötigt, um die Beschaufelung von Zeit zu Zeit mit einem Boroskop auf mögliche Abnutzungen hin zu überprüfen.

Bisher wurden diese Bauteile gegossen oder aus dem Vollen durch zum Beispiel 5-Achs-Fräsen hergestellt. Bei den bisherigen Fertigungsverfahren wird mit sehr hohen Materialverlusten bis zu 80 Prozent gearbeitet. Darüber hinaus werden lange Fertigungszeiten in Kauf genommen, beispielsweise mehr als 100 Stunden reiner Fräszeit beim 5-Achs-Fräsen. Im Vergleich dazu können mit dem SLM-Verfahren etwa 60 Prozent an Materialersparnis sowie etwa 30 Prozent Ersparnis in der gesamten Fertigungszeit erzielt werden. So kann die gesamte Fertigung effizienter und ressourcenschonender werden.

Designer nicht ausgebildet

Die Additive Fertigung kann ihre Stärken dort zeigen, wo konventionelle Fertigungstechnologien an Grenzen stoßen. Zentrale Vorteile liegen in Produktentwicklung, Wiederbeschaffung, den Produkteigenschaften und möglicher Kostenersparnis. Die Schlüssel hierzu sind einerseits die richtige Anwendung und andererseits ein Umdenken in der Produktentwicklung. Viele Designer und Konstrukteure sind noch nicht in den Spezifika dieser neuen Technologie ausgebildet. Hier gilt es, für alle in der Industrie einen Beitrag zu leisten, um Schlagworte wie topologische Orientierung und bionische Designstrukturen so schnell wie möglich tägliche Realität werden zu lassen. Die langfristigen Potentiale sind in Richtung komplexe Bauteile, Leichtbauteile, integrierte Funktionalitäten recht groß. Auf den Prüfständen der Luftfahrtindustrie haben die im SLM-Verfahren erzeugten Bauteile vielversprechende Ergebnisse erzeugt. Aber bevor aus Pulver gewachsene Metallteile in Flugzeugen im größeren Stil zum Einsatz kommen dürfen, müssen sie erst noch aufwendige Zulassungsprüfungen absolvieren. Dann können Gehäuseteile, die heute aus mehreren Komponenten bestehen, künftig in einem Stück gefertigt werden.