Rezepturentwicklung

Eine Software hilft bei der Suche nach Gaumenfreuden

Raffinierte Back- und Süßwaren, frische Speisen und hochwertige Delikatessen: Hinter derlei Hochgenüssen stehen in der industriellen Fertigung häufig komplizierte Rezepturen. Zutaten und Endprodukte müssen zudem sorgfältig geprüft werden. Mit einer ensprechenden Software lässt sich die Rezepturentwicklung unterstützen.

Bild: Cormeta

Bei der Herstellung von Lebensmitteln müssen sämtliche Ingredienzen sorgfältig hinsichtlich Herkunft, Risiken und Gefahren geprüft werden. Hinzu kommen ständig wechselnde Rahmenbedingungen und komplexe Prozesse. Die IT-Lösung für Rezepturentwicklung SAP Recipe Development (RD) kann helfen, diesen Anforderungen gerecht zu werden. Die Software wird als Komponente vder Enterprise Resource Planning-Lösung (ERP) SAP ERP ECC 6.0 eingesetzt und unterstützt Rezepturentwickler dabei, neue Nahrungsmittel gemäß den gültigen Dokumentations- und Qualitätsvorschriften zu entwickeln und steigenden Verbraucheransprüchen und neuen gesetzlichen Auflagen zu genügen. Hierfür bietet die Cormeta AG als zertifizierter Integrationspartner des Walldorfer Softwareherstellers eine Kompaktlösung zur Rezepturentwicklung an. Unternehmensvorstand Holger Behrens sagt: „Rezepturentwickler bekommen alle Informationen sofort in einem einzigen System.“ Der Einstieg für den Anwender läuft über das User Interface des Netweaver Business Client. Auf der Nutzeroberfläche kann er zwischen den Fenstern springen, Rezepte und Formeln gegenüberstellen oder im Warenwirtschaftssystem den aktuellen Rohstoffpreis nachschlagen.

Hilfe für die Kreativen

Den kreativen Rezepturentwicklern kann die Lösung ebenfalls helfen: Datenpflege ist auch für die schöpferischen Rezepterfinder notwendig, wird jedoch wegen des großen Aufwands häufig als lästig empfunden. Oft arbeiten Lebensmittelentwickler mit den unterschiedlichsten, aufwändig verknüpften Tabellen. Lebensmittelrechtliche Vorschriften, Zutaten- und Versionslisten sowie viele andere Dokumente sind oft wenig gepflegt und für andere Mitarbeiter unzugänglich. Mit der passenden Software kann sich dies mit vergleichsweise wenig Aufwand verbessern lassen.

Schokoriegel mit Mandel

Wie die Software arbeitet, zeigt folgendes Beispiel: Es geht um die Entwicklung eines neuen Schokoladenriegels mit Mandelkern. Hier könnte der Nahrungsmittelexperte nacheinander die Rezepturbestandteile einpflegen; in der Praxis geht er jedoch selten derart linear vor, sondern ändert bestehende Rezepte. Den Anstoß für neue Köstlichkeiten erhält er meistens von außen. Auffällige Absatzzahlen, Marktforschungsinfos, Gesetzesänderungen, Lieferantenwechsel oder Alarm seitens des Qualitätsmanagements setzt Rezepturentwickler immer wieder unter Zugzwang. Die Mandeln aus Alicante können andere Fettwerte haben als diejenigen aus Chile. Rezeptänderungen sind daher nötig, von der Dosierungsliste über Kostenschätzung bis zu den landesspezifischen Etiketthinweisen. Stößt der Entwickler dabei auf Datenlücken, etwa weil Fett als Inhaltsstoff noch nicht erfasst wurde, erhält er über Kopier- und Massenänderungsfunktion die Rezepturvarianten ‚Alicante‘- oder ‚Chile‘-Mandel. Mit dem Compliance Check können die Entwickler Software-gestützt Aspekte wie Gesetzeskonformität, Allergie- oder Diättauglichkeit prüfen, ohne dass sie ihren aktuellen ‚Job‘ verlassen müssen.

Pflegen und entwickeln

Das Spezifikationsmanagement dient der Verwaltung, Pflege und Weiterentwicklung von Stoffen und Verpackungen. Spezifikationen werden in der Lösung direkt als Stammdaten gespeichert. Über eine Oberfläche kann ein Lebensmitteltechniker diese Stammdaten auch mobil ändern. Dazu dient eine webbasierte Konstruktionsmappe mit Server-Verbindung. Innerhalb der Spezifikation sind die verschiedenen Eigenschaften angelegt, wie Nährstoffzusammensetzung, Diätneigung oder religionsspezifische Konformität.

Etiketten generieren

Etikettierung bedeutet im Rahmen der Lösung die Selektion und Bearbeitung der Labelinformationen unter Berücksichtigung neuer Vorgaben und gesetzlicher Änderungen. Die gewünschte Etikettart wird aus der Primärspezifikation generiert, wobei der ‚Compliance Check‘ länderspezifische Deklarationsvorschriften berücksichtigt. Im Schokoriegel-Beispiel erfährt der Entwickler so, dass er die behauptete Gesundheitswirkung ‚Eisen trägt zur Verringerung von Müdigkeit und Ermüdung bei‘ verwenden darf. Die Software kennt auch die Details der neuen EU-Verbraucher-Lebensmittelinformationsverordnung sowie die des US-amerikanischen Pendants.

Ausbeute wird geprüft

Kern der Software ist die Rezepturentwicklung. Hier werden die Auswirkungen unterschiedlicher Kompositionen und Mengenverhältnisse auf die Produktausbeute geprüft. Dazu übernimmt der Lebensmitteltechniker die nötigen Spezifikationen in seine Rezeptur, kombiniert sie mit Prozessschritten wie ‚Kühlen‘, ‚Schmelzen‘ oder ‚Erhitzen auf 80 Grad‘ und wendet seine hinterlegten Berechnungsformeln an. Ziel ist es, auch in der Entwicklung die Rezepte im Hinblick auf die Firmenstrategie zu optimieren. Dazu übernimmt der Entwickler beispielsweise für Kostenschätzungen die aktuellen Rohstoffpreise aus dem Warenwirtschaftssystem. In seinen Rechenroutinen berücksichtigt er unter anderem Nährwerte und qualitative Parameter der Konsumentenentscheidung, also auch Al-lergene, genmodifizierte Inhaltsstoffe oder Diättauglichkeit. Unternehmen, die zusätzlich die Fertigung integrieren wollen, synchronisieren auf Wunsch auch diese mit dem Neurezept. Über eine Statusänderung lässt sich dann per Mausklick die Produktionsstückliste generieren.

Zusätzliche Informationen

Gemäß der Logik des Lösungspaketes stellen Rezepturvorhaben Investitionsprojekte dar, die es zu organisieren und überwachen gilt. So prüft ein Projektmanager die Aufgaben und Deadlines der Rezepturentwickler. Welche Rezeptvorhaben Priorität genießen, ist eine Frage des Portfoliomanagements. Entwicklungskosten mit geleisteten Arbeitszeiten, Materialaufwand, Nullproduktionen und Maschinenleerlaufzeiten manifestieren sich in Entscheidungspunkten. Der ‚Netweaver Business Client‘ bietet die Dashboards und Charts dazu. Dr. Ralf Jorczyk von Cormeta sagt: „Als Produktmanager oder Vertriebschef schlüpfe ich in die Rolle des Portfoliomanagers. Und rechne nach, ob die Entwicklung des neuen Schokoriegels mit Mandelkern sich derzeit noch lohnt, wenn große Teile der Mandelernte ausfallen. Auch wenn der Zertifikate-Schwindel eines Lieferanten auffliegt, kann das Projekt einstweilen ruhen. Oder meine Software meldet mir Alarm bei Überschreitungen im Budget- oder Besetzungsplan.“ Dabei bleibe aber alles bisher Erreichte als Systemwissen erhalten. So können die Mitarbeiter jederzeit begonnene Rezepte aufgreifen und ihre damaligen Erfahrungen und Erkenntnisse verwerten.