Qualifikation, Geschwindigkeit und Infrastruktur für eine Industrie 4.0

Die drei Erfolgsfaktoren für Industrie 4.0 heißen Qualifikation, Geschwindigkeit und Infrastruktur. Das ergab eine Umfrage der Gesellschaft für Mess- und Automatisierungstechnik, die während des 15. VDI-Kongresses Automation vorgestellt wurde.

Smart Energy, Smart Home, Smart Money und nun auch Smart Production – Smarte Geräte und Lösungen sind ein Schlüssel für die Zukunft der Industrie. Unter dem Motto „Smart X – Powered by Automation“ haben Fachleute auf dem 15. Automation-Kongress des Vereins Deutscher Ingenieure (VDI) in Baden-Baden diskutiert, in welchem Ausmaß die Automation Grundlage und Antrieb für smarte Technik und smarte Lösungen in Wirtschaft und Gesellschaft ist. Rund 500 Teilnehmer besuchten die Veranstaltung. Das Ergebnis einer auf dem Kongress vorgestellten Umfrage der Gesellschaft für Mess- und Automatisierungstechnik (GMA) von VDI und Verband der Elektrotechnik, Elektronik und Informationstechnik (VDE) zeigt, welche drei Faktoren entscheidend sind, damit Deutschland die erwartete Produktivitätssteigerung und den volkswirtschaftlichen Nutzen aus smarten Technologien und Industrie 4.0 ziehen kann: Qualifikation, Geschwindigkeit und Infrastruktur.

„Die hohe Ausbildungsqualität in Deutschland gepaart mit dem hohen Automatisierungsgrad ist die Basis für die aktuelle Stärke der deutschen Wirtschaft“, sagt Dr. Kurt D. Bettenhausen, Vorsitzender der GMA. „Die vorhandene, flächendeckend gute Infrastruktur mit funktionierenden Logistikketten komplettiert diese wirtschaftliche Stärke.“ Damit verfüge Deutschland über eines der weltweit besten Startguthaben für Industrie 4.0.

 

Steigende Zahl von Arbeitsplätzen erwartet

Durch die erhöhte Flexibilität von Anlagen und Wertschöpfungsstrukturen steigt auch ihre Komplexität. Laut VDI-Umfrage erwarten 75 Prozent der Experten eine steigende oder gleichbleibende Anzahl von Arbeitskräften. 88 Prozent erwarten, dass Industrie 4.0 die Qualität der Arbeitsplätze steigern oder auf gleichem Niveau halten wird. Dr. Bettenhausen sagt: „Mit der Verlagerung von Entscheidungen aus der Managementebene in die produktionsnahen Bereiche müssen sich Ausbildungs- und Studieninhalte ändern.“ Die Anzahl qualitativ hochwertiger Aus- beziehungsweise Weitergebildeter werde steigen müssen.

Knapp 80 Prozent der Umfrageteilnehmer sehen Deutschland derzeit als führend oder zumindest als ‚fast follower‘ bei der Einführung und Entwicklung von Industrie 4.0. „Jetzt geht es darum, den konkreten Nutzen von Industrie 4.0 in realen Industrieumgebungen nachzuweisen“, so Bettenhausen. „Hier müssen realitätsnahe Pilotanwendungen schnell zeigen, dass eingeführte Industrie 4.0-Komponenten einen wirtschaftlich messbaren Nutzen bringen.“ Die VDI/VDE GMA hat bereits konkrete Use-Cases zum Thema Wertschöpfungsketten, Komponenten von Industrie 4.0 sowie Referenzmodelle erarbeitet, um Unternehmen konkrete Anwendungsbeispiele an die Hand zu geben. Weitere Veröffentlichungen zu IT-Security, Geschäftsmodelle und Arbeitsumfeld Industrie 4.0 sind geplant. Darüber hinaus ist die Information, was Industrie 4.0 ist und welcher konkrete betriebswirtschaftliche und volkswirtschaftliche Nutzen zu erwarten ist, eine wesentliche Hausaufgabe aller Beteiligten.

 

Drei Herausforderungen meistern

Auf dem Weg zu Industrie 4.0 müssen drei Herausforderungen gemeistert werden: Der Nutzen muss veranschaulicht werden, potenzielle Anwender müssen überzeugt werden und vor allem die IT-Security muss sichergestellt sein. Gerade bei letzterem besteht konkreter Handlungsbedarf. Wenn die IT-Infrastrukturen wie die Cloud für Industrie 4.0 in die produzierende Industrie Einzug halten soll, ist IT-Security die notwendige Voraussetzung.

Gerade in der Fertigung finden sich kaum kommunikationsfähige, intuitiv und leicht zu bedienende Komponenten oder Geräte. Knapp 60 Prozent der Befragten sehen in den Anlagen ihres Unternehmens derzeit keine beziehungsweise eine sehr geringe Nutzung smarter Geräte. „Die Technologien sind bereits vorhanden, jetzt geht es darum, geeignete Wege zu finden, diese Technologien sinnvoll auch in die produzierenden Unternehmen zu integrieren“, sagt Dr. Bettenhausen. Ebenso seien Cloud-Lösungen im privaten Umfeld kaum wegzudenken, doch sehen die Befragten die selbstverständliche Nutzung der Cloud im Unternehmensumfeld erst in etwa sechs Jahren.

 

Zukunftsmarkt Automatisierungstechnik

Dr. Dagmar Dirzus, Geschäftsführerin der GMA, ist sich sicher: „Automatisierungstechnik ist ein wachsender Zukunftsmarkt mit großem Potenzial für die herstellende Industrie in Deutschland.“ Laut der Umfrage sieht die Branche, dass Automatisierungstechnik der deutschen Anwenderindustrie große Wachstumschancen bietet. Die Chancen für dieses Wachstum werden dabei vor allem in China gesehen, erst mit großem Abstand gefolgt von Indien. Danach folgen etwa gleichauf erst die Heimatmärkte. Bemerkenswert ist dabei die Einschätzung der Anwendungsfelder der Regelungs- und Automatisierungstechnik: Die konventionellen Technologien, Maschinen- und Anlagenbau, Produktions- und Fahrzeugtechnik werden als bedeutendste Wachstumstreiber gesehen. Dies spiegelt sich auch in den erwarteten Potenzialen für Sensorik, Mess- und Prüftechnik wider. Die größten Wachstumschancen sahen die Befragten bei den genannten drei Feldern in der Fahrzeugtechnik.

(Quelle:VDI)