Prozessdaten für die Rückverfolgung nutzen

Traceability spielt auch für die diskrete Fertigung zunehmend eine wichtige Rolle. Für die softwaregestütze, zuverlässige Rückverfolgbarkeit kann dabei die enge Integration von produktionsnaher IT und Prozessdaten-Leitsystem eine tragende Rolle spielen.

Bild: Industrie Informatik

In letzter Zeit sehen sich Unternehmen immer häufiger mit dem Thema Traceability konfrontiert. Abhängig von Technologien und Wertigkeit der erzeugten Produkte müssen Prozessdaten von fünf bis zu mehreren 100 Datenpunkten pro erzeugtem Teil über Zeiträume von bis zu zehn Jahren und mehr im Unternehmen verfügbar sein. Das erforderliche Auftragsmengengerüst lässt sich dazu über den Einsatz von Manufacturing Execution-Systemen (MES) durch die Fertigung schleusen. Für das Sammeln großer Mengen von Prozessdaten wiederum bietet sich der Einsatz verfügbarer Scada-Tools an. Doch vielfach befinden sich die beiden Systemenebenen entkoppelt im Einsatz. Soll der Zugriff auf Prozess- beziehungsweise Fertigungsdaten im Kontext zu Auftragsdaten und Chargen mittels IT im gesamten Unternehmen ermöglicht werden, stellt sich die Frage, in welchem System welche Aufgaben gelöst werden.

Automation und IT zielgerichtet einsetzen

Das MES verfügt durch die meist enge Anbindung an das Enterprise-Resource-Planning-System (ERP) über Auftragsdaten sowie Komponentenstücklisten. Die Scada-Ebene wiederum erfasst granulare Fertigungsdaten, da sie die zeitnahe Datenverarbeitung und Visualisierung von Anlagen leistet. Liegt nun die Projekthoheit in der Automatisierung, verfolgt die Abteilung vielfach den vertrauten Ansatz einer projektorientierten, meist auf Individualprogrammierung basierenden Umsetzung. Doch wenn die Aufgaben der einzelnen Systeme nicht in der dafür vorgesehenen Ebene standardisiert angesiedelt werden, kann dies ein Auswachsen der Schnittstellen sowie redundanten Stammdaten und Funktionen mit sich bringen. Automatisierungsaufgaben werden zudem oft durch den Anlagenlieferanten bestimmt: Die Projektierung ist anlagenspezifisch und meist durch Programmierung auf Basis von Anlagen- und Produktions- Know-how geprägt. Die Erfassung der meist großen Datenmengen erfolgt in Echtzeit. Die Zustände und Qualität der Prozesse bilden im Kurzfristbereich eine wesentliche Arbeits- und Entscheidungsgrundlage für Verfahrenstechnik und Qualitätssicherung.

Systemkopplung für die umfassende Rückverfolgung

Der Schwerpunkt der IT liegt im Gegenzug auf der Unterstützung betriebswirtschaftlicher und logistischer Abläufe. So können Funktionen wie die parallele Planung von Maschine, Personal und Werkzeug oder komplexe Meldelogiken mit Chargen-, Team- oder Stapelmeldungen bereitgestellt werden. Das MES soll dabei weitgehend unabhängig von Produktion und Technologie arbeiten, damit Anpassungen an Betriebs- und Produktionsabläufe durch Parametrierung abgebildet werden können. Eine Vermischung von IT- und Automatisierungsaufgaben kann zum Entstehen anlagenbezogener Insellösungen, redundanter Verwaltung von Stammdaten − etwa zu Arbeitsplätzen oder Mitarbeitern − führen. Eine auf einzelne Anlagen beschränkte Integration erschwert zudem die anlagenübergreifende Chargenverfolgung und Kennzahlenauswertung.

Abhilfe verspricht die anlagenweite, standardisierte Kopplung der Systemwelten. Dabei werden im Wesentlichen IT-Technologien wie RPC-Aufrufe oder SQL-Operationen verwendet. Als Ausnahme ist die für die Fertigung entwickelte Technologie OPC hervorzuheben. Dieser Standard ermöglicht den Datenaustausch zwischen den Systemen im Produktionsumfeld und unterstützt sowohl die Kommunikation mit einer mittels OPC-Server bestückten Steuerung als auch Datentransfers zwischen MES-Meldeterminal und Scada-System. So können Prozessdaten laufend übertragen, nach Verdichtung mit Auftragsdaten oder Chargen verknüpft und im MES analysiert werden.

Durch diese enge Integration lassen sich sowohl anlagenübergreifende zu Auswertungen zu Chargen, Kennzahlen und Prozessdatem durchführen, als auch die Verdichtung von granularen Prozessdaten für die Langzeitarchivierung. Über die Bildung von auswertbaren Aggregaten sowie Klassifizierungen wie Häufigkeitsverteilung auf der Verdichtungsebene lässt sich dann eine umfassende Traceability über die Prozessdaten der Automatisierungs- und die rückgemeldeten Betriebsdaten der IT-Welt etablieren und auch angrenze Prozesse wie beispielweise Belegdruck oder Datenanalyse unterstützen. Dann lässt sich auch rückblickend feststellen, welcher Mitarbeiter vor fünf Jahren das Teil 4711 an der Maschine BAZ001 mit welchen Prozessdaten produziert hat.