Für die effiziente Gestaltung etwa von Erfassungsdialogen bietet sich der Einsatz von Prototypen in der Fertigungsumgebung an. Bild: Fotolia – Anthony Leopold

Feinkonzept entwicklen und erste Prototypen einsetzen

Nach der Entscheidung für ein MES ist es in der Regel sinnvoll, die im Pflichtenheft definierten Anforderungen in einem Feinkonzept zu konkretisieren. Denn während das Pflichtenheft etwa Auswertungsbedarfe mit Stichworten und Kopien bestehender Auswertungen umschreibt, kommt es im Feinkonzept darauf an, Details wie die genaue Datenherkunft zu klären und zu definieren, welche Selektionskriterien, Ausgabefelder, Formate und Berechnungen erforderlich sind. Der Einsatz von Standardpubli- kationen – wie dem VDMA-Einheitsblatt 66412 zur Definition von MES-Kennzahlen – und ausführlichen Funktionsbeschreib- ungen des MES-Lieferanten können diese Prozesse merklich beschleunigen. Darüber hinaus hat sich der Einsatz von Prototypen für Funktionen wie BDE-Erfassungsdialoge bewährt, bei denen viele Anwender mit der Lösung in Berührung kommen. Steht das Feinkonzept, sollten die Projekt- verantwortlichen des Betriebs und des Software-Anbieters die Dokumentation schriftlich freigeben. Nicht vergessen werden darf hier der Betriebsrat. So wird erreicht, dass das Feinkonzept mit dem erforderlichen Augenmerk geprüft wurde und als Basis für die Realisierungsphase dienen kann.

Der Kostenfalle ‚Change Request‘ einen Riegel vorschieben

Sind alle Anforderungen definiert und im MES-Projektvolumen berücksichtigt, ist eine wesentliche Weichenstellung für die Einhaltung des Budgets gelegt. Denn die Einhaltung des Budgets hängt maßgeblich von der Qualität der ursprünglichen Anforderungsdefinitionen ab. In der Vorbereitung gilt es, neben technischen Gegebenheiten genau zu prüfen, wer an welcher Stelle zu beteiligen ist und welche Schulungsmaßnahmen durch internes oder externes Personal erforderlich sein werden. Bei der Erstellung des Terminplans ist zu berücksichtigen, wie viel Zeit die Projektbeteiligten erübrigen können. Denn vielfach müssen Mitarbeiter, die in der Theorie in Vollzeit an der MES-Einführung arbeiten, gleichzeitig das Tagesgeschäft weiterführen. Hier ist ein sinnvoller Kompromiss für eine realistische Terminplanung unabdingbar, der auch Raum für ungeplante Ereignisse im Tagesgeschäft lässt, denn bereits leichte Terminverschiebungen bei einem Projektverantwortlichen können an anderer Stelle zu weitreichenden Verzögerungen führen. Falls ungeachtet sorgfältiger Vorbereitung im Laufe der Systemeinführung Änderungsanforderungen – auf Englisch ‚change requests‘ – aufkommen, sollten die Verantwortlichen sorgfältig prüfen, ob und zu welchen Kosten etwa zusätzliche Wünsche für eine Datenauswertung unmittelbar berücksichtigt werden sollen. Änderungen auf ‚Zuruf‘ gilt es grundsätzlich zu vermeiden, da einzelne Mitarbeiter den gesamten Zeit- und Kostenplan des Projektes nur selten überblicken können.

Projektmanagement als Eckpfeiler für die Systemeinführung

Bei einer MES-Einführung handelt es sich um ein Unternehmensprojekt. Der konsequenten Anwendung von Projektmanagement-Methoden kommt daher wesentliche Bedeutung für die erfolgreiche Systemeinführung zu. Zu den typischen Zielsetzungen zählen dabei die standardisierte Projektabwicklung, die Verbesserung von Projektabläufen sowie der ständige Überblick über Projektstatus und anstehende Aufgaben für alle Beteiligten. Gleichzeitig kommt die konsequente Dokumentation der Arbeitsqualität und der Rechtssicherheit bei der Projektdurchführung zugute. Nicht zuletzt soll der regelmäßige Blick auf Termine und Aufgaben dafür sorgen, dass der geplante Zeitrahmen eingehalten wird.

Klare Anforderungen und Zuständigkeiten

In der Projektvorbereitung geht es um die Festlegung des ‚Fahrplans‘ für den späteren Projektablauf. Dazu muss geklärt werden, welche administrativen Tätigkeiten zum Projektstart erforderlich sind. Ebenso gilt es, Zielsetzung und Gründe für das Projekt festzuhalten sowie die Rahmenbedingungen für die Durchführung zu bestimmen. Die Frage nach den Leistungen, die zu den expliziten Bestandteilen der IT-Lösung zählen, müssen auch im Detail geklärt werden. Hinzu kommt die Betrachtung der nötigen Arbeitsschritte und ihren Abhängigkeiten. Auch die Risiken auf dem Weg zur Zielerreichung sollten dokumentiert werden. Nicht zuletzt sind Zuständigkeiten und Kommunikationsstruktur festzulegen. Bereits in dieser sehr frühen Projektphase werden also wesentliche Weichen und Spielregeln für den Erfolg gestellt.

Im Rahmen der Projektdurchführung kommt der kontinuierlichen Überwachung des Projektes insbesondere in Bezug auf die Projektfortschritte, Termine und Budget eine wichtige Rolle zu. So kann frühzeitig auf Planabweichungen reagiert und gegengesteuert werden. Der Einsatz einfacher Mittel – beispielsweise regelmäßigen, wöchentlichen Statusberichten an alle Projektverantwortlichen – macht den Projektstatus transparent und nachvollziehbar. Das Einführen von schriftlichen Bestätigungen stellt sicher, dass alle Beteiligten den Status kennen und akzeptieren. Sollte es trotz eines guten Projektmanagements zu Abweichungen gekommen sein, sind die Gründe hierfür spätestens in der Nachbereitung zu hinterfragen und zu dokumentieren, um aus möglichen Abweichungen und Fehlern für Folgeprojekte zu lernen.

Den Erfolgsfaktor Mensch im Blick

In Zeiten, in denen die Alleinstellungsmerkmale einer Software immer geringer werden, darf nicht vergessen werden, dass in einem MES-Projekt der Faktor Mensch entscheidend zum Erfolg beiträgt. So hängt nicht nur die zielgerichtete Einführung von IT-Systemen stark von der Motivation der Projektbeteiligten und ihrer Identifikation mit dem Projekt ab. Kommunikation und mögliche Spannungen innerhalb des Projektteams beeinflussen ganz entscheidend den Ausgang eines Projektes. Schließlich arbeiten zahlreiche Abteilungen mit vielfach sehr verschiedenen Interessen und Herangehensweisen mit dem Softwarehersteller zusammen. Hier ist ein Projektleiter gefordert, der neben den fachlichen Voraussetzungen auch passende Führungsqualitäten mitbringt. Mit seinen Fähigkeiten sowie seiner Leitungskompetenz steht und fällt das Projekt.