Produktabkündigungen

Produktleben verlängern mit Obsolescence-Management

Weltweit wird täglich die Produktion von hunderten Bauelementen eingestellt. Diese Obsoleszenzen genannten Abkündigungen verursachen bei produzierenden Unternehmen immense Kosten, weil sie ihre Produkte entsprechend anpassen müssen. Mit Obsolescence-Management organisieren Fertigungsbetriebe die frühzeitige Suche nach kostengünstigen Lösungen für abgekündigte Teile.

Bild: ©koya979 /shutterstock.com

Während zum Beispiel im Maschinen- und Anlagenbau mechanische Bauteile eine Lebensdauer von bis zu 30 Jahren haben, werden Elektronik-Bauteile – beispielsweise Steuerungen, Schaltgeräte, Antriebsregler oder Sensoren – in wesentlich kürzeren Intervallen neu entwickelt. Als Konsequenz wird das alte Bauteil vom Lieferanten abgekündigt und steht dem Kunden damit zum Beispiel für Reparaturen nur noch einen begrenzten Zeitraum zur Verfügung. Dem stehen die Anforderungen zum Beispiel des Maschinenbauers nach möglichst langen Lebenszyklen entgegen: Maschinen sollen auch über einen langen Zeitraum hinweg, zehn Jahre und mehr, in Serie neu produziert werden. Zudem muss ein Bauteil auch dann ersetzt werden können, wenn es bereits abgekündigt und nicht mehr lieferbar ist. Das ist in der Regel mit einem hohen Anpassungsaufwand verbunden. Anbieter von Electronic Manufacturing Services (EMS) stehen vor den gleichen Problemen. Bei der Fertigungsdienstleistung EMS übernimmt der Anbieter die komplette Auftragsfertigung, beispielsweise von elektronischen Baugruppen, und muss stets die Liefervereinbarungen seines EMS-Kunde in vollem Umfang erfüllen.

Die Abkündigung wird oft weitergegeben

Als Reaktion auf Abkündigungen ist es in der Industrie üblich, diese einfach weiterzugeben und das Produkt, in das die Bauteile eingesetzt werden, ebenfalls abzukündigen. Das Problem wird somit lediglich auf die eigenen Abnehmer verlagert und nicht adäquat gelöst. Eine weitere einfache Methode auf Abkündigungen zu reagieren, ist der Einsatz eines Ersatzbauteils mit nahezu identischen technischen Eigenschaften. Dieser Schritt wird oftmals direkt vom Lieferanten zusammen mit der Abkündigung angeboten. Alternativ sind eigene Produktanpassungen, sogenannte Redesigns, möglich. Diese erfordern allerdings zum Teil erhebliche Investitionen. Um solche kostspieligen Redesigns oder das Einstellen der eigenen Produktion möglichst lange zu umgehen, nutzen viele Unternehmen den sogenannten ‚Last-Order‘: Die Möglichkeit für eine einmalige letzte Bestellung des bisherigen Bauteils. Um hier effizient agieren zu können, bedarf es einer genauen Analyse der zukünftig benötigten Bauteile: Sowohl der Forecast der Kunden und des Vertriebs als auch eigene Planungen und Statistiken, beispielsweise technische Vitalitätsdaten, fließen in die Mengen-Schätzung mit ein.

Diese Vorgehensweise hat sich etabliert, kann aber enorme Nachteile mit sich bringen. Denn das Vorhalten von Bauteilen erfordert klimatisierte Flächen, bindet Kapital und verursacht damit hohe Kosten. Außerdem gestalten sich solche Vorhersagen trotz der Einberechnung aller vorliegenden Daten oft als ungenau. Sinkt die Nachfrage unter den geschätzten Wert, bleiben Unternehmen auf ihrem Bauteile-Vorrat sitzen; liegt die Bestellkraft über der Schätzmenge, beispielsweise wenn Kunden unerwartet eine größere Menge oder aber über einen längeren Zeitraum als angenommen bestellen, fehlen wichtige Bauteile. Um nicht in Lieferschwierigkeiten zu kommen, müssen dann als letzte Chance auf dem Spotmarkt verbliebene Bauteile eingekauft werden. Die Suche nach passenden Bauteilen auf dem Weltmarkt ist nicht nur aufwendig, sondern auch sehr teuer. Aufgrund der geringen verfügbaren Mengen, die auf dem Spotmarkt gehandelt werden, liegen die Preise deutlich über dem Ursprungswert. Zudem gibt es wenig Garantie auf Qualität, denn die Prüfmöglichkeiten auf Lagerbedingungen, Elektrostatik und Echtheit der Ware sind in vielen Fällen beschränkt. Von Vorteil ist es hierbei, auf ein zuverlässiges Lieferantennetzwerk zurückgreifen zu können.