Product Lifecycle Management ist in Branchen mit komplexen Produkten längst gängiges Werkzeug. Und die Mode- und Bekleidungsbranche zieht nach. Mit einer PLM-Lösung können Modeunternehmen den Anforderungen der modernen Märkte gerecht werden.
Die privaten Konsumausgaben lagen in Deutschland für Bekleidung und Schuhe im Jahr 1970 bei 18,58 Milliarden Euro. Laut Statistischen Bundesamt sind diese 2013 auf 73,5 Milliarden Euro gestiegen. Der Grund dafür sind brandneue Trends rund um die Uhr, direkt von der Straße in die Fabriken und Stores. Das Konzept nennt sich ‚Fast Fashion‘, das High End-Entwürfe kopiert und weltweit zu Niedrigpreisen verkauft. In lediglich zwei bis drei Wochen schaffen es H&M, Zara und Co. eine Kollektion vom Zeichenbrett an die Stange zu bringen. Während Fast-Fashion- Unternehmen bis zu 18 Kollektionen pro Jahr anbieten, präsentieren traditionelle Modehäuser zwei Kollektionen pro Jahr. Sie verlassen sich noch immer auf veraltete Methoden in der Produktentwicklung. Designer arbeiten beispielsweise mit handgezeichneten Skizzen, die Merchandising-Teams verwalten ihre Produktdaten auf seitenlangen Excel-Listen.
Solche Arbeitsweisen sind für das heute notwendige Tempo in der Modeindustrie wohl zu langsam. Eine ineffiziente Organisation oder Struktur blockiert häufig die verborgenen Qualitäten des Unternehmens. Das erschwert die abteilungsübergreifende Kommunikation, schränkt die Transparenz ein und beeinflusst negativ die Entscheidungsfindung. Das Unternehmen wird ausgebremst. Modehäuser können beispielsweise mit den hohen Anforderungen von Online-Konsumenten kaum noch Schritt halten und hinken der Nachfrage nach immer kürzeren Kollektionszyklen hinterher. Um Schritt halten zu können, sollten Modeunternehmen daher anfangen, sich ein Konzept zurechtzulegen, mit dem sie ihre aktuelle Arbeitsweise nachhaltig verändern können.
Durch Globalisierung und Fast Fashion entstehen in der Modeindustrie neue Geschäftsmodelle. Markenhersteller, die ihre Produkte traditionell über den Einzelhandel verkauft haben, bilden aus zwei Gründen einen eigenen Vertrieb: damit mehr vom Verkaufspreis an das eigene Unternehmen fließt und um die vollständige Kontrolle über die Präsentation, den Vertrieb und den Endpreis ihrer Produkte beizubehalten. Zudem kann die Marke so ihren Ruf und ihre Exklusivität steuern, was besonders im Luxussegment von großer Bedeutung ist. Aufgrund des verschärften Wettbewerbs im Marken- und Einzelhandel haben viele Modeunternehmen ihre Aktivitäten verlagert, zum Beispiel nach China. Mittlerweile aber ist ein Teil der Produktionsaufträge zurück nach Ost-Europa gekommen.
Die Auslagerung der Modellentwicklung, Mustererstellung oder der Produktion birgt jedoch eine Reihe spezifischer Herausforderungen. Denn das Geschäftsmodell ist das Rückgrat des Unternehmens. Es nachhaltig zu verändern, bedeutet, die Grundlagen des Unternehmens neu zu bewerten. Wenn Unternehmen Geschäftszweige auslagern, können sie bei der Planung einer Kollektion nicht auf Technologie verzichten. Denn Struktur ist das A und O einer erfolgreichen Kollektionsplanung. Mit einer Product Lifecycle Management-Lösung (PLM) können Unternehmen das Produkt während des gesamten Lebenszyklus begleiten. Doch PLM-Lösungen, die für die Automobilbranche entwickelt wurden oder in anderen Märkten ihren Ursprung haben, sind für die Modebranche ungeeignet. Die textilen Arbeitsabläufe weisen eigene Besonderheiten auf. Beispielsweise die zeitlichen Engpässe, die durch Fast Fashion entstehen und die Notwendigkeit, eine große Anzahl von unterschiedlichen Artikeln gleichzeitig zu verwalten. Elementar sind dabei die besonderen Anforderungen in Zusammenhang mit der Verwaltung von Größen und Farben.
Erfolg ist planbar
Entscheidet sich ein Modeunternehmen für PLM, durchläuft es für die erfolgreiche Einführung ähnlich wie in anderen Branchen vier Projektphasen: Scoping (Projektziele und -Inhalte festlegen), Analyse und Konzeption, Implementierung sowie Wartung und Support. Die Fashion-Integration-Plattform (FIP) von Lectra basiert beispielsweise auf einer serviceorientierten Architektur und bietet eine generische Plattform zur nahtlosen Integration beliebig weiterer Unternehmensanwendungen. Designer, die beispielsweise mit 3D-Software arbeiten, visualisieren ein Kleidungsstück in Echtzeit, drapieren Stoffe an der virtuellen Puppe und erstellen den ersten Prototypen.
Eine weitere Besonderheit ist Adobe Illustrator, der in der Fashion Plattform integriert ist. Kreativ- und Technikdesigner können direkt Produktspezifikationsdaten hinzufügen, neue Stile kreieren und diese mit anderen Teams teilen und weiter entwickeln. Einmal verbunden, werden die Design-Änderungen automatisch aktualisiert. Die dabei erfassten Daten des Drittsystems müssen nicht konvertiert, komprimiert oder neu eingelesen werden. Jedes Team greift sofort auf die Daten des visualisierten Kleidungsstücks zu und kann dies gestalten. Jeder Mitarbeiter – ob der Designer in Deutschland oder der Zuschnittleiter in Rumänien – arbeitet mit dem gleichen Datenstamm. Es gibt nur eine sogenannte ‚one version of the truth‘. Darüber hinaus kann der Designer Datensätze aller Musteraufträge im System speichern und Bibliotheken anlegen. Die sortierten Informationen zu Schnittbild oder CAD-Konstruktionsdaten lassen sich schneller und einfacher abrufen oder wiederverwenden. Designer übernehmen beispielsweise mit einem Klick die Farbe und das Muster einer Hose für die kommende Saison. Da jeder Mitarbeiter Einsicht in den Prozess hat, verkürzt dies wiederum die Vorlaufzeit. Das ist auch entscheidend für die anschließende Produktentwicklung.
Genaue Informationen
Die Entwickler benötigen bereits in der Anfangsphase der Kollektion genaue Informationen. Durch den Datenaustausch mit ERP können sie früh Zahlen und Stückpreise der Modelle festlegen, diese mit dem Produktions- und Ziel-Verkaufpreis vergleichen und vorab entscheiden, ob Änderungen am Modell vorgenommen werden müssen. Die Design- und Entwicklungsteams sparen Zeit durch die automatisierten Workflows, die sie je nach Produkt angleichen können. Die Ergebnisse können in Echtzeit mit den Lieferanten geteilt werden. Der steigende Termin- und Kostendruck hat Modeunternehmen auch veranlasst, ihre Beschaffungsmethoden und Lieferquellen zu überdenken. Beispielsweise sind Modeunternehmen weltweit abhängig von den Angeboten der Stoffhersteller. Bei der Beschaffung von Stoff gilt, dass der niedrigste Preis nicht unbedingt das beste Angebot ausmacht. Viele Unternehmen reduzieren die Anzahl der Lieferanten, die aber dafür konstant die richtige Qualität zum richtigen Zeitpunkt erbringen. Immer mehr Unternehmen aus Europa verwenden für Kleidung, die schnell lieferbar sein muss und eine höhere Qualitätskontrolle erfordert, Lieferanten aus nahe gelegenen Ländern. Wenn Unternehmen in Europa beispielsweise mit einem tunesischen oder portugiesischen Stofflieferanten zusammen arbeiten, haben sie kürzere Umschlagzeiten. Wenn sie anschließend die Entwicklungs- und Produktionsprozesse mit PLM steuern, können Modeunternehmen Trends noch schneller liefern.
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