Abat+ Geschäftsführer Peter Grendel. Bild: abat+ GmbH

IT&Production: Wie sehen die Anforderungen an die IT im Automotive-Sektor aus, um voraussagende Analysen zu treffen?

Grendel: Die IT steht vor zwei zentralen Aufgaben. Zum einen muss sie die notwendigen Daten bereitstellen, die von den Analysten benötigt werden. Zum anderen muss sie vergleichbare Datensätze bereitstellen, die sich miteinander für die Auswertungen verknüpfen lassen. Gefragt sind deshalb vernetzte Systeme. Sie müssen vergleichbare Datensätze von der einzelnen Maschine über die Produktionsstation bis hin zur kompletten Fertigungslinie und das für alle Werke liefern. Alle Bereiche – von der Konstruktion über die Logistik und Produktion bis zum Fahrzeug selbst – sind also beteiligt. Gleichzeitig müssen Systeme weiter harmonisiert und standardisiert werden, um Informationen aus verschiedenen Quellen in Bezug setzen zu können. Erschwert werden analytische Vorhersagen etwa, wenn die entsprechenden IT-Landschaften fehlen.

IT&Production: Welche Rolle spielt der Fingerabdruck – die DNA – des Fahrzeugs für die Umsetzung?

Grendel: Der Fingerabdruck beziehungsweise die DNA ist das zentrale Element. Er entwickelt sich erst mit der konkreten Entstehung des Fahrzeugs. In der Fertigung ergeben sich die individuellen Merkmale des Autos. Sie werden in der Produktionsstückliste erfasst. Welche Teile wurden konkret verwendet? Wie wurden diese verbaut? Lösungen wie das Produktionsleit- und Steuerungssystem ‚Plus‘ dokumentieren jeden Produktionsschritt. Dadurch lässt sich die komplette Fertigung nachvollziehen bis hin zu den Drehmomenten von Verschraubungen. Auf Basis dieser Daten lassen sich im Abgleich beispielsweise mit Informationen zur Fahrzeugnutzung Vorhersagen über den Verschleiß von einzelnen Teilen treffen.

IT&Production: Wie lassen sich analytische Vorhersagesysteme implementieren?

Grendel: Entscheidend für die Umsetzung ist es, die entsprechenden Strukturen und IT-Lösungen zu schaffen. In vielen Fällen werden die erforderlichen Informationen erfasst. Oft geschieht das jedoch getrennt voneinander in wenig kompatiblen Systemen, Daten- und Prozessmodellen. Dadurch sind etwa Formate und Qualitäten sehr unterschiedlich und eine Verknüpfung äußerst schwierig. An dieser Stelle heißt es anzusetzen. Die IT-Landschaft muss weiter harmonisiert werden. Lösungen von SAP bieten sich dafür an, da diese alle Geschäftsprozesse abbilden. Für die Erfassung von Produktionsdaten bieten wir zudem unsere hochverfügbare und flexible Fertigungssteuerung ‚Plus‘ an. Sie verfügt über ein umfassendes integriertes Qualitätsmanagement, mit dem sich der Fingerabdruck von Fahrzeugen erzeugen lässt. Über Lösungen wie SAP Hana lassen sich diese Daten mit denen aus der Supply Chain und der Nutzung verknüpfen und auswerten.

IT&Production: Haben ‚Predictive Analytics‘ Einfluss auf die Geschäftsmodelle von Autoherstellern? Welche Bedeutung könnte ihnen künftig zukommen?

Grendel: Analytische Vorhersagen werden die Arbeitsweise und auch die Services von OEMs verändern. Es wird nicht mehr nur um das technisch Machbare, sondern auch um präzise vorhersagbare Bedürfnisse und Entwicklungen gehen. Im Endeffekt geht es um Business-Transformation anstatt von IT-Transformation. Unternehmen müssen die richtige Aufmerksamkeit für das Thema schaffen. Dazu gehören auch eine Verankerung im Top-Management durch einen IT-Vorstand sowie der Aufbau entsprechender Analyse-Kapazitäten. Das gilt gerade auch für Automobilhersteller, da schon bald Daten-getriebene Unternehmen wie Google im Markt aktiv werden. Diese neuen Wettbewerber werden mit ihrem Know-how versuchen, neben einem konkurrenzfähigen Fahrzeug auch den besten Service zu bieten. Sie werden dabei wie in anderen Bereichen auch auf ‚Predictive Analytics‘ zurückgreifen.