Obsoleszenzmanagement für ein längeres Produktleben
Der Lebenszyklus von Erzeugnissen wird mehr oder weniger aktiv durch Produktverfügbarkeit und Wartungsmöglichkeiten bestimmt – das gilt für Billigwaschmaschinen genauso wie für Offshore-Windenergieanlagen. Die bewusste Steuerung dieser ‚Verfallszeit‘ wird als Obsoleszenz- oder Abkündigungsmanagement bezeichnet und regelt, wann ein Produkt, eine Baugruppe oder eine Komponente obsolet wird.
Bild: Datasquare GmbH
Betrachtet man ein Standard-Lebenszyklusmodell, befindet sich der Zustand ‚obsolet‘ in der Regel an dessen Ende. Obsolet ist ein Teil oder Produkt, wenn es hinfällig, nicht mehr zu gebrauchen oder abgekündigt ist. Obsolete Teile sind in der Regel noch funktionsfähig, werden jedoch aus verschiedenen Gründen nicht mehr eingesetzt. Das kann an einer funktionalen Obsoleszenz liegen, wenn etwa die LPT-Schnittstelle eines Druckers nicht mehr unterstützt wird. Bei Modeprodukten wie Kleidung greift hingegen oftmals psychologische Obsoleszenz, wenn ein Teil nicht mehr nachgefragt wird. Ein weiteres Beispiel liefert die Stilllegung, wenn Wartungsteile nicht mehr sicher zu beschaffen sind.
Die Zustandsbeschreibung ‚obsolet‘ findet besonders häufig im Umfeld elektronischer Baugruppen Anwendung, da diese Komponenten aufgrund der Entwicklungsgeschwindigkeit der Branche meist eine sehr kurze Lebensdauer aufweisen: Prozessoren sind oft schon obsolet, wenn der Nutzer das Produkt in den Händen hält. Problematisch ist das insbesondere, wenn das Produkt, in dem sich die Elektronik befindet, für eine lange Lebensdauer ausgelegt ist. Das trifft etwa auf Investitionsgüter wie Windenergieanlagen zu: Um einen hohen ‚Return on Investment‘ zu erwirtschaften, muss die Betriebsfähigkeit über Jahrzehnte aufrechterhalten werden – die originären elektronischen Komponenten sind dann häufig nicht mehr lieferbar und müssen ersetzt werden. Dies ist in der Regel mit hohem Anpassungsaufwand verbunden.
Durch Obsoleszenzmangement den Verfall gezielt steuern
Vorteile für Hersteller verspricht der Ansatz, das Thema Obsoleszenz bewusst anzugehen. In diesem Kontext geht es um die aktive Überwachung oder Gestaltung der Vitalität – also der langfristigen Einsatzfähigkeit eines Produkts oder einer Baugruppe bezüglich der Komponenten. Um die Frage zu beantworten, wie lange Komponenten und Baugruppen eingesetzt werden können, müssen umfassende technische Vitalitätsdaten wie ‚End of Production‘, ‚End of Service‘, Lagerbestand und Verfügbarkeit bereitgestellt und zusammengeführt werden. Auf dieser Basis können dann Entscheidungen etwa zum zeitnahen Austausch einer Komponente oder dem Ändern der Servicestrategie getroffen werden. Obsoleszenzmanagement lässt sich sinnvoll an zwei Stellen des Produktlebenszyklus zum Einsatz bringen. So erscheint es zunächst wichtig, sich während der Entwicklung einen Überblick über die Produktvitalität zu machen. Dadurch sollten Fragen wie ‚Werden alle meine Komponenten in den nächsten Jahren weiter produziert?‘ auch für komplexe Produktstrukturen beantwortbar sein.
Bei einer negativen Aussage können sofort andere Komponenten eingeplant werden. Ein neuerer Ansatz ist es, auch im Einsatz befindliche Produkte zu überwachen. Die Produktstruktur wird dazu bei der Montage über einen ‚As-built Bill of Materials‘ systemisch festgehalten und kann so auch Jahre später anhand neuer Vitalitätsdaten bewertet werden. So kann vorausschauend auf anstehende Abkündigungen reagiert werden. Dazu bieten sich etwa der vorausschauende Austausch von Teilen beim nächsten Wartungstermin, die rechtzeitige Neukonstruktion eines betroffenen Moduls oder die Aufstockung von Lagerbeständen an. Die Zielsetzungen können dabei sehr unterschiedlich sein: Für Lieferanten kostspieliger Offshore-Windenergieanlagen könnte die Vermeidung von Ausfällen oder die Verlängerung des Lebenszyklus durch Darstellung der Produktvitalität eine Zielsetzung sein. Der Hersteller einer günstigen Waschmaschine hingegen könnte das Produkt in eine geplante Obsoleszenz überführen, wenn eine Reparatur nach dem Ende der Garantiezeit mangels Ersatzteilen unmöglich ist.
Autor Sören Wittke
Vitalitätsdaten im Blick
Die Firma Cameron etwa entwickelt und baut unter anderem Anlagen zur Offshore-Förderung von Öl. Dazu gehören neben Bohrplattformen auch Elemente, die auf dem Meeresgrund montiert werden. Diese schwer erreichbaren Anlagen weisen eine durchschnittliche Lebensdauer von rund 30 Jahren auf. Die Anlagen bestehen neben mechanischen Baugruppen aber auch aus diversen elektronischen Steuereinheiten. Diese haben eine durchschnittliche Verfügbarkeit im Handel von maximal fünf Jahren. Folglich kann sich nach zehn Jahren das Problem ergeben, dass eine Anlage aufgrund eines Elektronikfehlers ausfällt und die benötigte Komponente nicht mehr beschafft werden kann. Das Produkt müsste also umkonstruiert werden. Um dem entgegenzuwirken, betreibt das Unternehmen schon seit Langem Obsoleszenzmanagement – bis vor Kurzem primär auf Excel-Basis. Den komplexer werdenden Produktstrukturen und der steigenden Informationsflut ist es geschuldet, dass ein neues Obsoleszenzmanagement-Tool entwickelt wurde.
Dazu wurde eine PLM-Lösung durch verschiedene Erweiterungen im Hinblick auf Obsoleszenzmanagement mit vier Kernaufgaben umgestaltet: Dazu zählt die Konsolidierung verschiedener Produktstrukturdaten aus Enterprise Resource Planning (ERP) und E-CAD genauso wie die anschließende Bewertung aller Teile anhand von Vitalitätsdaten. Darauf folgt dann die datenbankbasierte Aktualisierung von Informationen wie Vitalität oder Compliancedaten in Zusammenarbeit mit einem Dienstleister sowie die Konsolidierung dieser Daten mit den Bewertungen der Cameron-Ingenieure. So kann das Unternehmen Kunden eine Bewertung der Vitalität eines gesamten, im Einsatz befindlichen Projekts bieten und Vitalitätsprobleme sowie mögliche Lösungen frühzeitig aufzeigen. Das Obsoleszenzmanagement-Tool präsentiert dem Kunden dann ergänzend zu der angebotenen Lösung eine entsprechende Vitalitätsbewertung. Er wird so in die Lage versetzt, abzuschätzen, ob sich die Kosten für die Vitalitätssteigerung lohnen.
Vorteile für den Anwender durch Obsoleszenzmangement
Obsoleszenzmanagement ist kein Hexenwerk. In erster Linie geht es darum, eine Produktstruktur mit Vitalitätsinformationen aller Baugruppen und Komponenten zu erweitern, diese Informationen zu kombinieren und schließlich auf dieser Basis Entscheidungen zu treffen. Die Informationen, die also am Ende aus dem Obsoleszenzmanagement herausfallen, dienen primär dem Nutzer des Produkts – entweder durch eine längere Lebensdauer oder durch Transparenz.
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