IT&Production: Ihr Demonstrator arbeitet nach dem Plug&Produce-Prinzip. Wie bekommen Sie das geforderte Maß an Sicherheit in die Produktionsanlage?

Zühlke: Das ist sicher ein ganz wichtiger Punkt. Was bei uns im Moment läuft, ist eigentlich illegal, denn die heutigen Safety-Regeln gehen eigentlich immer von einer statischen Konfiguration aus. Sobald sie die statische Konfiguration verändern, schlägt der Notauskreis zu. Da wir ja genau das machen, nämlich permanent Module im laufenden Betrieb tauschen, mussten wir quasi eine nicht-zertifizierbare Lösung für den Notauskreis umsetzen. Das Thema müssen wir jetzt in die entsprechenden Gremien tragen. Dort müssen Notausregeln erstellt werden, die mit Anlagen dieses neuen Typs konform bleiben.

IT&Production:Auf der Hannover Messe haben die OPC Foundation und die Ethercat-Group ein ‚Memorandum of Understanding‘ vorgestellt. Darin bekräftigen beide Organisationen, in der Ausprägung ihrer Standards nicht in die Kernbereiche der jeweils anderen eindringen zu wollen. Wie schätzen Sie diese Entwicklung ein?

Zühlke: Also ich glaube, das muss man in einem größeren Zusammenhang betrachten. Sowohl OPC UA als auch Ethercat wird im Moment in der ODVA-Gruppe integriert, wo an einer Art Industrial Internet gearbeitet wird. Das ist ein wenig wie eine Parallelveranstaltung zum Industrial Internet Consortium zu verstehen, wobei es dort wirklich in eine Normungsgruppe mündet. Dann könnten wir den aus meiner Sicht größten Vorteil erlangen, wenn dort quasi in einen Basisstandard für Industrial Internet auch gleich die entsprechenden Anschlüsse zu den Fabrikmodulen einfließen, indem das etwa über OPC UA oder Ethercat gemacht werden kann. Also insofern sehe ich darin eine sehr positive Entwicklung.

IT&Production: Deckt OPC UA Ihre Anforderungen an die Datenübertragung umfassend ab?

Zühlke: Also wir müssen da unterscheiden, das klassiche OPC UA deckt erst mal ab was wir brauchen. Es ist ja eigentlich ein hochgesicherter Transportmechanismus, ich vergleiche das immer gerne mit einer Rohrpost-Bombe. Wir müssen jetzt spezifizieren was in der Rohrpost-Bombe drin ist. Das kann man in OPC zum Beispiel mit den Informationmodels machen und die fangen jetzt eigentlich erst an, in die Standardisierung zu gehen. Wir sind sehr daran interessiert, da weiter zu kommen. Diese Informationmodels bieten uns dann so etwas wie Stacks, die bestimmten Arten von Geräten zugeordnet werden können: Es wird einen Antriebsstack geben, einen Sensorstack und es wird einen SPS-Stack oder etwas in dieser Art geben. Da muss sich OPC weiterentwickeln, damit auch dort entsprechend belastbare, weltweite Standards existieren und man sozusagen nicht alles selbst entwickeln muss.

IT&Production: Sie stehen im Zentrum eines Industriekonsortiums, in dem Unternehmen zusammenarbeiten, die ansonsten Konkurrenten sind. Ist diese Aufgabe mit der steigenden Zahl der Partner schwieriger geworden und wie sehen Sie die zukünftige Entwicklung?

Zühlke: Ja, natürlich wird die Aufgabe schwieriger, alleine deswegen, weil wir plötzlich aus dem vorwettbewerblichen in das wettbewerbliche Miteinander kommen. In dem Moment, wo mehrere Mitgliedsfirmen Produkte entwickeln, die im Prinzip kompatibel und austauschbar sind, wird natürlich ein ganz anderer Druck enstehen, einmal was Geheimhaltung angeht, zum anderen aber auch was den Austausch angeht und somit die Fortschritte in der Gruppe betrifft. Insofern erwarte ich eher noch mehr Schwierigkeiten in der nächsten Zeit. Auf der anderen Seite muss man ganz klar sehen, dass alle Firmen erkannt haben, dass sie ohne Netzwerk nicht weiterkommen und insofern nehmen sie die Nachteile in Kauf. Wir müssen jetzt mit diesen Dingen leben und sie aktiv gestalten.

IT&Production: Die Hannover Messe hat Industrie 4.0 erneut in den Fokus gerückt. Ist es Ihrer Arbeit zuträglich, dass dem Thema so viel Aufmerksamkeit geschenkt wird, oder wird das vielleicht sogar skeptisch gesehen?

Zühlke: Nein, überhaupt nicht, das ist sehr zuträglich. Also im Moment ist es so, dass die gesamten Aktivitäten, die sich hier entwickelt haben, sehr positiv nach vorne drängen und damit auch uns nach vorne bringen. Ich habe eigentlich erwartet, dass jetzt so langsam ein Punkt kommt, wo es entweder positiv oder negativ weitergeht. Im Moment sehe ich nur eine positive Entwicklung. Kritische Stimmungen mehren sich vielleicht zu manchen politischen Ansätzen, die zu beobachten sind. Zu den praktischen Ansätzen, so wie bei uns, gibt es wirklich nur positive Aussagen. Jeder ist überzeugt, das es der richtige Schritt in die Zukunft ist, den wir alle gehen müssen.