Aufbau aus einer aktuellen Machbarkeitsstudie: Eine beliebig im Messraum platzierte Autotüre wird detektiert und dann kontrolliert abgefahren. Bahngeführt erfolgen dabei mit Roboterunterstützung die Prüfung und Bearbeitung. Dazu wird ein werkzeuggekoppeltes, Bahn begleitendes Koordinatensystem eingesetzt. Gleichzeitig zur Bahnoptimierung werden wichtige Qualitätsdaten des Prüflings erfasst und an ein übergeordnetes CAQ System übertragen. Bild: Technologie Centrum Westbayern

Rüstzeitensenkung beim Werkzeugwechsel

Doch eine flexible Fertigung ist nicht nur eine Frage effizienter Steuerungssoftware. Entscheidendes Rationalisierungspotenzial ergibt sich auch durch vollautomatische Werkzeugwechsel. Mit Hilfe von Schnellwechselsystemen lassen sich Greifer und Werkzeuge im Sekundenbereich tauschen. Damit sinken unproduktive Nebenzeiten im Robotereinsatz. In ersten Machbarkeitsstudien gelang es bereits, zentrale Elemente und Technologien der flexiblen Automation für die Roboterunterstützung an Montage- und Prüfeinrichtungen in einem realen Testfeld zu entwickeln: Methoden der industriellen Bildverarbeitung, Scanner und Kamerasysteme wurden im Steuerungsumfeld moderner Roboterzellen integriert und an ein MES-Umfeld angeschlossen. Kameraunterstützt wurden mittels Bild- und Laserführung Montage-, Handhabungs- und Prüfungsaufgaben im Fertigungsumfeld exakter und reproduzierbarer durchgeführt. In Verbindung mit Standardsystemen der industriellen Robotik steigert dies deren Leistungsfähigkeit enorm.

Im Rahmen einer weiteren Applikationsstudie wurde eine Industrieroboter-Montagezelle um eine Station für automatische Werkzeugwechsel und Programmauswahl erweitert. Für die Auswahl des benötigten Greifers werden RFID-Informationen zusammen mit Daten aus der Prozesslogistik genutzt. Die automatische Anpassung von Bearbeitungsparametern und das selbständige Laden des korrekten Bearbeitungsprogramms erfolgen auf der Basis der in das Werkstück und die Werkstückhalter integrierten RFID-Tags. Bei der Inbetriebnahme der Roboterzelle ermittelt diese zunächst ihre Werkzeugbelegung über das Auslesen der Funkchips. Im Anschluss werden Parametrierung und Bearbeitung auf Basis der Tag-Identifikation am Rohling gesteuert. Über Kameras wird die Grundposition des Rohlings ermittelt und die Bearbeitung sensorgeführt gestartet. Nach Abschluss der Werkstückbearbeitung erfolgen Prüfmessungen.

‚Vertikale Integration‘ durch produktionsnahe IT-Systeme

Erfolgsfaktoren der Produktion 2020 sind konsequentes Shopfloor-Management und effizientes Monitoring von Kennzahlen in den Produktionsanlagen. Die kontinuierliche Erfassung und Auswertung dieser Produktionsdaten am Ort des Geschehens liefert die Basis zur umgehenden Optimierung der Produktionsabläufe, denn das wachsende Zusammenspiel der Einzelanlagen im Zuge der industriellen Automation ist immer schwieriger zu beherrschen. Automatisierungsanbieter und Anwender sind bemüht, diese Komplexität in den Griff zu bekommen. Die Integration moderner Messtechnik wird allerdings nach wie vor durch den Einsatz proprietärer Bedienersprachen und teils verschiedener Bussysteme erschwert.

Gleichzeitig liegt in vielen Betrieben eine gewachsene IT-Landschaft vor, die sich aus Systemen unterschiedlichster Hersteller zusammensetzt. Das Ziel einer vertikalen Integration zur nachhaltigen Optimierung der Wertschöpfungskette lässt sich nur auf dem Weg effizienter Kommunikation von der Shopfloor-Ebene über die MES-Ebene hinweg zur Management- oder Koordinierungsebene erreichen. Dabei spielt die produktionsnahe IT in ihrer ‚Sandwich-Funktion‘ zwischen Maschine und Geschäftssystem eine entscheidende Rolle. Denn der Schlüssel für einen optimierten Ressourceneinsatz liegt in der gezielten Aufbereitung und Analyse der Prozess- und Maschinendaten, was auch ein Qualitätsmonitoring über Produkt-, Prozess- und Lieferqualität eröffnet.

IT als Produktivitätstreiber in der Produktion 2020

Die Produktion 2020 kennt – durchgängig vom Fertigungsprozess bis zum Abnehmer – nur noch automatisierte Regelkreise sowie eine vertikal und horizontal vollständig integrierte IT-Systemlandschaft. Sie setzt auf firmenübergreifend einheitliche und durchgängige Datenbestände sowie leistungsfähige Lese- und Analysetools, wie sie in der Rückverfolgungstechnik oder ‚Traceability‘ bereits zum Einsatz kommen. MES und Traceability-Systeme haben in der Produktion 2020 einen festen Platz.

Aus der Transparenz der Fertigungsabläufe und Prozessparameter ergibt sich ein erheblicher Mehrwert: Durch die geschickte Analyse dieses Datenbestands sowie in der anschaulichen Aufbereitung der Prozess- und Maschinendaten lässt sich eine bis zu 30 Prozent höhere Wertschöpfung erreichen, die sich aus einer maximalen Rüstzeitenreduktion um etwa 35 Prozent, Vorlaufzeitenreduktion von bis zu 22 Prozent sowie einer Senkung des Zeitbedarfs und der Fehler bei manuellen Eingaben und Arbeitsschrittverfolgung ergibt. Die je knapp unter 20 Prozent liegende Kostensenkung durch Just-in-time-Zulieferung und reduzierten Planungsaufwand haben dabei aller Voraussicht nach ihr volles Potenzial noch nicht entfaltet.







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