Die manuellen Produktionsprozesse sind oft eng mit ERP-Prozessen und Automatisierungslösungen verbunden. Doch nahtlos sind die Verbindungen zwischen den Welten nicht. Augmented Realitytechnik könnte das schon bald ändern. Diese Visualisierungen können reale Produktionsszenarien in bislang unmöglicher Art und Weise mit der Welt der Bits und Bytes verknüpfen – und dabei ganz neue industrielle Anwendungen ermöglichen. So zu sehen bei der Firma Bergolin, einem Hersteller von Farben und Lacken.
Bild: Yaveon AG
Der Frankfurter Softwareentwickler Daenet hat zusammen mit dem Microsoft Dynamics-Partner Yaveon AG eine der ersten industriellen Anwendungen für die Datenbrille HoloLens von Microsoft erarbeitet. In Showcases arbeiten die beiden Firmen mit dem Unternehmen Bergolin zusammen, einem Bremer Hersteller von Farben und Lacken. Bergolin suchte ein neues Hilfsmittel für Arbeitsbereiche der Fertigung, in denen sich Rückmelde-Terminals – etwa aufgrund zu tragender Schutzhandschuhe – nicht bedienen ließen. Vorher erfolgte die Rückmeldung der zu verarbeitenden Chemikalien und Rohstoffe an das ERP-System en-block am Ende des Mischprozesses und es musste darauf vertraut werden, dass der Mitarbeiter die richtige Reihenfolge und Mengen beachtet hat. Hier wollte das Unternehmen mit einem digitalen Helfer die Transparenz und Prozesssicherheit verbessern.
Erfassung in Echtzeit gefordert
„Um produktionslogistische Prozesse im Unternehmen zu optimieren, müssen alle Vorgänge in Echtzeit erfasst werden“, sagt Christoph Heinen, Leiter IT und Controlling bei Bergolin. Dazu hat Daenet eine 3D-App entwickelt, mit der die HoloLens als Prozess-Navigator dient. Dabei bediente sich der Softwareentwickler einer Besonderheit der Datenbrille, die sie von anderen Augmented Reality-Lösungen unterscheidet. Die eingebaute Sensorik der HoloLens erfasst die Struktur eines Raumes, sodass sich die Datenbrille jederzeit im Raum orientieren kann. Diese sogenannte Mixed Reality kann als Erweiterung von Augmented Reality verstanden werden. So ist es möglich, an unterschiedlichen Orten des Prozesses ‚Touchpoints‘ einzurichten, die den Mitarbeiter dort mit Interaktionsmöglichkeiten unterstützen. Diese Eingabefelder sind interaktive grafische Elemente, die dem Nutzer als real im Raum platzierte Objekte erscheinen. Im Anwendungsfall hat Daenet virtuelle Bedienelemente dort positioniert, wo der Mitarbeiter auch die physischen Prozessschritte ausführt. So wählt der Mitarbeiter bei Bergolin im Lager seinen nächsten Fertigungsauftrag aus dem ERP-System an einem Touchpoint aus, der ihm an einer virtuellen Kontrolltafel angezeigt wird. Hier kann er sofort die auf einer Palette konfektionierten Rohstoffe für seinen Auftrag kontrollieren. Durch Finger-Gestik oder Sprachsteuerung bestätigt er die Auswahl des Fertigungsauftrages und bekommt eine Mischstation zugewiesen. Nun wird der Auftrag als ‚in Bearbeitung‘ angezeigt und ist im Lager für weitere Bearbeitung gesperrt.
An der Mischstation angekommen sieht der Mitarbeiter seinen Auftrag und die Reihenfolge sowie Mengen der einzelnen Rohstoffe. Dabei darf der Mitarbeiter nie die Verbindung zur echten Umgebung verlieren und muss Hindernisse, Maschinen und andere Personen stets sehen können. An einem weiteren Touchpoint bei der Arbeitsstation wird jeder einzelne Prozess-Schritt aktiviert und durch Gesten an das Backend beziehungsweise Microsoft Dynamics NAV als abgeschlossen zurückgemeldet. Dies sorgt für eine sehr zeitnahe Rückmeldung, die auch einer höheren Qualitätssicherung und Transparenz dienlich ist. Nachdem alle zu verarbeitenden Rohstoffe verwendet und über die Hololens zurückgemeldet wurden, wird der Fertigungsauftrag an den Touchpoints als ‚abgeschlossen‘ dargestellt. „Mit dieser Technologie sind wir auch in der Lage, komplexere Vorgänge zielsicher zu unterstützen“, sagt Andreas Erben, Spezialist für den Bereich HoloLens (Microsoft MVP) bei Daenet. Es sei nun möglich, auch genaue Zeitpunkte der Verarbeitung vorzugeben, eine dynamische Navigation zum Lagerplatz bereitzustellen und anderes, was bisher nur unwirtschaftlich zu lösen war.
Bergolin Mitarbeiter mit einer Ansicht der Yaveon Branchenlösung ‘Probatch’ für Microsoft NAV (Bild: Yaveon AG)
Sicheres Arbeiten ganz vorne
Ein wichtiger Aspekt bei solchen Lösungen ist die Arbeitssicherheit. Bestimmte Einsatzgebiete erfordern Zertifizierungen und besondere Arbeitsschutzmaßnahmen und Richtlinien. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis diese oder ähnliche Technologien den industriellen Alltag weitreichend beeinflussen und neue Geräte und Formfaktoren für spezifische Anwendungen erhältlich sind. Für Produzent Bergolin keine Frage: „Schon allein hinsichtlich einer durchgängigen Industrie-4.0-Strategie in der Produktion und Logistik prüfen wir, wo uns diese innovative Technologie weiterhelfen wird“, sagt Christoph Heinen von Bergolin. Für Daenet sind die Themen Industrie 4.0 und Internet of Things eine Triebfeder für diese Techniken. Dabei sieht der Softwareentwicklung schon kurzfristig großes Potential in der Datenbrillen-gestützten Mensch-Maschine-Interaktion für Produktion und Logistik.
Mixed Reality vs. Augmented Reality
Während bei Augmented Reality die physische Realität erweitert oder ergänzt wird, also Zusatzinformationen bereitstellt werden, integriert sie sich nicht in die Realität. Sie erkennt eventuell als Bilder oder Muster angelernte Objekte und reagiert darauf, jedoch bleibt es in der Regel bei einer zweidimensionalen Bild-Erkennung. Die Technik, die physische Realität mit einer virtuellen zu verbinden, wird als Mixed Reality bezeichnet. Microsofts Interpretation von Mixed Reality erkennt den Raum, kann sich im Raum verorten und ihn nutzen. Objekte oder Anzeigen können dort genau positioniert werden und aus verschiedenen Dimensionen oder Blickrichtungen unterschiedlich wahrgenommen werden. Virtuelle Objekte verhalten sich mitunter wie physische Objekte. So können virtuelle Objekte zum Beispiel durch reale Objekte im Raum verdeckt werden, wenn sie sich im Raum hinter den realen Objekten befinden.
Mixed Reality erfordert Bedienkonzepte als reguläre Anwendungen. Es ist wichtig, diese als sinnvoll im dreidimensionalen Raum eingebettete Anwendung zu verstehen und zu realisieren, was auch im Interaktionsdesign anderes Denken erfordert – dafür aber komplett neue Ansätze ermöglicht. Hier haben Firmen wie Daenet bereits Erfahrungen gesammelt. Interaktive Elemente können an einer Stelle im Raum schweben, an einer Maschine, auf dem Boden oder auf einem Tisch fixiert sein, sie können einem Mitarbeiter wie einer virtuelle Drohne hinterher fliegen und so immer in der Nähe verfügbar sein, oder sich einfach an einer bestimmten Stelle im Gesichtsfeld befinden. Mitarbeiter könnten in Abhängigkeit von der eigenen Position in der Fertigung einen Alarm für den nächsten Prozessschritt einer beliebigen Arbeitsstation erhalten. An jeder Station kann der Fortschritt verfolgt werden. Zudem können bisher nur am Kontrollstand verfügbare Informationen aus der Sensorik oder über interne Zustände von Maschinen direkt vor Ort dargestellt werden.
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