Produktionscontrolling und Industrie 4.0

Produktionscontrolling soll Verschwendung in der Fertigung identifizieren und Maßnahmen zur Steigerung der Wertschöpfung und damit der Fabrikleistung vorbereiten. Dazu werden Kennzahlen benötigt, die möglichst aktuell und ‚auf Knopfdruck‘ zur Verfügung stehen sollten. Das wiederum führt zum nächsten Aspekt eines wirkungsvollen Produktionscontrollings: Dem Aufwand für die Kennzahlenermittlung und -bereitstellung. Viele Unternehmen betreiben für Ihr Produktionscontrolling einen hohen Aufwand und erzielen dabei ein verbesserungsfähiges Ergebnis. Die Gründe hierfür können unterschiedlich sein:

  • Die eingesetzten Systeme stellen die Daten nicht in der benötigten
    Granularität zur Verfügung.

  • Die Daten müssen mit viel Aufwand plausibilisiert und aufbereitet werden.

  • Der Produktionscontroller sitzt im Controlling und nicht am Ort
   ­ seiner Aufgabe, so dass durch fehlendes Prozessverständnis und lange
    Wege­ ­Reibungs­verluste entstehen.

  • Die Informationen werden umfassend über den ‚Umweg Excel‘
    in Powerpoint-Bildern aufbereitet und stehen mitunter erst am fünften
    Werktag des Folge­monats in einem Reporting zur Verfügung.

Im anrückenden Zeitalter einer Industrie 4.0, das auf kommunizierende Maschinen setzt und eine flexiblere Produktion fordert, mögen diese Formen der Informationsbereitstellung veraltet wirken. Viele aktuelle Ansätze für Produktionscontrolling gehen einen Schritt weiter:

  • Sie basieren auf eindeutigen und verlässlichen Daten,

  • die zu Kennzahlen, verdichtet werden, die am
    individuellen Produktionssystem­ ausgerichtet sind,

  • zeigen Wirkzusammenhänge einzelner Kennzahlen untereinander auf,

  • stellen die benötigten Informationen auf Knopfdruck zur Verfügung und

  • führen nicht zu Kennzahlenberichten, sondern zu Entscheidungen.

Zu berücksichtigen ist, dass die hierfür benötigten Daten in der Regel aus einer Vielzahl von Quellen und IT-Systemen resultieren. Während produktionsbezogene Daten wie Ist-Bearbeitungszeiten, Maschinennutzung et cetera häufig aus MDE- oder MES-Lösungen stammen, liefert das ERP-System die kostenbezogenen Informationen. Weitere Daten können aus dem CAQ-System oder der Personalzeiterfassung stammen, etwa für Mitarbeiterproduktivität. Kennzahlen wie die Overall Equipment Effectiveness benötigen somit in der Regel Daten aus unterschiedlichen Systemen, um überhaupt errechnet werden zu können. Will man diese Daten kurzfristig zur Verfügung haben und aufwändige Routinen im Monatsrhythmus vermeiden, kommt man um eine IT-basierte Lösung kaum herum, welche die Daten auf einer Plattform konsolidierten kann.



Software-Cockpits vermitteln Informationen oft nach dem Ampel-Schema.
Bild: CIM Aachen GmbH

Daten aus vielen Quellen zusammenbringen

Unternehmen nutzen Business Intelligence-Systeme dazu, große Datenmengen aus ihren Systemen zu konsolidieren und zu Informationen zu veredeln. Während Business Intelligence in Vertrieb und Controlling schon lange genutzt wird, sind diese Lösungen in der Produktion noch relativ selten anzutreffen. Dabei ist ein Produktionscockpit eine gute Ergänzung, um dem Produktionsleiter ein Bild über seine Produktion zu vermitteln. Der Geschäftsführung dient es dazu, das Bild über den Zustand der Fabrik abzurunden und gezielt nach Ursachen für verfehlte Ziele suchen zu können. Oft unterschätzt werden die Möglichkeiten in den Systemen, den Problemen auf den Grund zu gehen: Ein Produktionscockpit zeigt nicht nur den Grad der Zielerreichung, etwa durch Ampelfarben, sondern kann durch entsprechende Analysen eine Aussage ermöglichen, warum Ziele nicht erreicht wurden. Bei einer schlechten Termintreue können über Drill down-Funktionalität nachgesehen werden, welche Aufträge terminuntreu waren, über welche Arbeitsplätze diese Aufträge gelaufen sind und an welchen Arbeitsplätzen die Liegezeit länger als geplant war. Ein anderes Beispiel ist die Möglichkeit der Simulation. So lässt sich in manchen Anwendungen simulieren, welche Auswirkungen eine Verkürzung der Durchlaufzeit auf die Bestände hat oder wie sich ein verbesserter OEE auf die Herstellkosten auswirkt. Entscheidungen werden so systematisch vorbereitet und unterschiedliche Szenarien können ‚im laufenden Gespräch‘ durchgespielt werden.

Wieviel Controlling braucht die Produktion?

Um ein leistungsfähiges Produktionscontrolling einzurichten, muss zuerst ein Bild über die installierte Leistung der Fabrik und der benötigten Kapazität erstellt werden, da sich hieraus die erforderlichen Freiheitsgrade in Bezug auf Flexibilität und Effizienz der Produktion ableiten. Die Bereitstellung dieser Informationen ist Aufgabe des Produktionscontrollings und wird im harten Wettbewerb immer wichtiger. Aktuelle MES-Anwendungen besitzen auf Shop Floor-Ebene bereits häufig die Funktionalität, um Entscheidungen vorzubereiten. Fällt eine Maschine aus, während eine andere noch Kapazität hat, wird in Echtzeit die entsprechende Alternative vorgeschlagen. Neuere Ansätze für Produktionscontrolling bieten eine holistischere Sicht auf die Fertigung, bei der Kostenfragen ebenso eine Rolle spielen wie längerfristige Entscheidungen. Wie viel Produktionscontrolling ein Unternehmen braucht, hängt letztendlich individuell von seinen Zielen und seinem Produktionssystem ab.