Geringe Stückzahlen und hohe Produktvielfalt: Herbert Maschinenbau fertigt unter anderem Reifenformen und Reifenbaumaschinen. Für eine transparente Wertschöpfungskette und reibungslose Produktion hat das Unternehmen ein Manufacturing Execution System eingeführt.
Bild: Proxia Software AG
Die Herbert Maschinenbau GmbH & Co. zählt zwar im weiteren Sinn zu den Automobilzulieferern – das Unternehmen produziert Reifenformen, Reifenformcontainer, Reifenbaumaschinen, Werkzeuge und Anlagen. Und doch unterscheidet es sich zum einen wegen seiner hohen Produktvielfalt von anderen Unternehmen der Automobilindustrie, zum anderen wegen seiner geringen Stückzahlen und langen Fertigungszeiten auch von Betrieben des klassischen Maschinenbaus. „Wir sind anders als die Automobilzulieferer, wir haben ganz andere Rahmenbedingungen. Bei uns geht es zwar auch um Liefertreue und um Kosten wie bei der Automobilindustrie, zusätzlich kommen bei uns viele weitere Parameter dazu, die querschießen“, sagt Produktionsleiter Wolfgang Stumpf. Gerade die sehr individuelle Auftragsfertigung hochkomplexer Formenbauteile mit langen Laufzeiten macht es für die Produktionsleitung zur Herausforderung, eine transparente Wertschöpfungskette und den reibungslosen Produktionsablauf zu gewährleisten.
Zu den Kunden des Unternehmens zählen nahezu alle Reifenhersteller aus der ganzen Welt. Kunden aus den USA schicken oft Zeichnungen, die in Zoll bemaßt sind. Konstrukteure haben dann die Aufgabe, die entsprechenden metrischen Maße zu ermitteln und entsprechend zu korrigieren. Und es passiert auch oft, dass Herbert die Freigabe eines 3D-Modells durch Zeitverschiebungen verspätet erhält. All das kostet Zeit und vor allem Geld. Für Wolfgang Stumpf war es der Grund, die Wertschöpfungskette genauer in Augenschein zu nehmen. Zwar hatten die Produktionsanlagen bereits eine rudimentäre Maschinendatenerfassung, die in die Maschinensteuerung durch eine AS/400 eingebettet war, die aber bei weitem nicht alle erforderlichen Daten lieferte, um die Prozesse im Einzelnen zu analysieren. Um in einem ersten Schritt genauere Aufschlüsse über ungenutzte Potenziale in der Produktion zu erhalten, wies Stumpf zunächst alle Meister an, die Zeiten für Arbeitsvorbereitung und Nebentätigkeiten manuell zu notieren, und verglich das mit den Stunden, die für die Produktion zur Verfügung standen. Die Anzahl produzierter Formen rechnete er dagegen. Das Soll-Ist-Ergebnis Schwarz auf Weiß überraschte den Produktionsleiter: Sein Unternehmen hätte in dem betrachteten Zeitraum theoretisch rund 30 Formen mehr produzieren können. „Alle Maschinen sind gelaufen, es sah super aus. Jeder war zufrieden. Auch unsere Vorgabezeiten haben immer gestimmt. Wir spürten zwar, dass irgendwas nicht stimmt, wir wussten aber nicht genau, wo es hängt“, sagt Stumpf. Spätestens jetzt war für den Produktionsleiter der Zeitpunkt gekommen, sich intensiver mit dem Thema Manufacturing Execution System (MES) zu beschäftigen. Zunächst sollte eine neue, leistungsfähige Lösung zur Maschinen- und Betriebsdatenerfassung (MDE/BDE) die Signale direkt von den Maschinen abgreifen, sie auswerten und die Ergebnisse übersichtlich darstellen. Besonders aber sollte sie aufdecken, wo und warum es zu Störungen oder Verzögerungen kommt und wo versteckte Potentiale schlummern. So führte das Unternehmen schließlich die MES-Module BDE/MDE, Leitstand/Feinplanung, sowie ein DNC-System mit Soft- und Hardware von Proxia ein. Aktuell sind rund 50 Anlagen in der Produktion an das System angebunden, unter anderem Maschinen von Hermle, Alzmetall, SHW, Axa, Boehringer, Dörries Scharmann und Pittler. Die MDE informiert nun in Echtzeit über den aktuellen Status der einzelnen Maschinen. Außerdem lassen sich die Leistungen von unterschiedlichen Anlagen gegenüberstellen. Das Ergebnis können die Verantwortlichen dann auch bei zukünftigen Investitionsentscheidungen berücksichtigen. Ergänzt wird die MDE durch das BDE-Modul, damit Werker zusätzliche Eingaben und Statusmeldungen auf Industrie-PC Terminals tätigen können. Zusammen spiegeln alle Daten den aktuellen Ist-Zustand der Fertigung wieder. Mithilfe des Moduls Feinplanung/Leitstand kann der Produktionsleiter die Maschinen belegen und behält den Überblick über die Liefertermine aller Fertigungsaufträge. Sollte ein Termin gefährdet sein, warnt das System rechtzeitig, so dass die Mitarbeiter entsprechende Maßnahmen ergreifen können. Aktuell plant das Unternehmen rund 200 Fertigungsaufträge mit rund 1.000 Arbeitsfolgen pro Woche.
Auch das ERP war neu
Darüber hinaus ergänzt der MES-Leitstand mit seinem Funktionsumfang die neu eingeführte Enterprise Resource Planning-Lösung (ERP) Foss von Ordat. Jürgen Döring, Vertriebsleiter West bei Proxia, sagt: „Unser MES bietet die Erfassung und Visualisierung der Transportlogistik sowie auch Betriebsmittel- und Lagerverwaltungs-Funktionalitäten. Das ermöglicht auch in der Materialbeschaffung mehr Flexibilität.“ Bevor die MES-Software eingeführt wurde, konnte ein Mitarbeiter nur die Arbeitsgänge an einer Maschine mithilfe eines Stempelsystems festhalten. Produktionsanfang und -ende erfasste eine AS 400, die gleichzeitig auch die Maschine steuerte. Damit war es nicht möglich, mehrere Maschinen gleichzeitig zu beobachten. Im Gegensatz dazu bietet die Software heute die Möglichkeit der Mehrmaschinenerfassung. Doch der Hersteller fängt mit dem MES nicht erst in den Fertigungshallen an, die Prozesse genau unter die Lupe zu nehmen, sondern bereits in den Abteilungen Konstruktion und NC-Programmierung. Wolfgang Stumpf sagt:“Unser Ziel war es, neben den Querschlägern in der Produktion besonders auch die versteckten Kosten drum herum aufzudecken. Erst wenn ich die Zeiten für Konstruktion und Programmierung mit ins Boot nehme, sehe ich, ob mit dem Auftrag überhaupt etwas verdient ist.“
Nachdem der Produktionsleiter mithilfe der Software einen detaillierten Einblick in die Fertigungsprozesse hatte, stellte er fest, dass mehr Formen hätten hergestellt werden können, wenn mehr Personal zur Verfügung gestanden hätte. „Moderne High-End-Maschinen haben sehr hohe Stundensätze. Auch wenn eine Anlage still steht, generiert sie Kosten. Mit mehr Mitarbeitern lässt sie sich besser auslasten, also einfach wirtschaftlicher betreiben, denn wir können mehr Formen produzieren. Unterm Strich muss ich sagen, dass uns das MES mehr Arbeitsplätze gebracht hat.“ Mit der Belegschaft wuchs auch die Produktivität. Die durchgängige Transparenz in der Fertigung führte dazu, dass Herbert Maschinenbau Effizienzreserven aufdeckte und Schritt für Schritt seine Vorgabezeiten anpasste. Das führte zu einer Steigerung von 15 Prozent. Auch die Mitarbeiter arbeiten effizienter, weil ihnen das MES in Echtzeit eine Rückmeldung über ihre Leistung gibt. Wenn es zu unvorhergesehenen Störungen kommt, können sie meist rechtzeitig reagieren, um den Auftrag dennoch in der vorgegebenen Zeit durchzuführen. Diese Faktoren führten insgesamt zu einer deutlichen Verbesserung der gesamten innerbetrieblichen Prozesse in der Produktion. „Wir sind messbar effektiver geworden, schon allein aufgrund der Formen, die wir nun zusätzlich herstellen können. Ein weiterer Effekt: durch die genauen KPI-Kennzahlen aus der Produktion konnten wir zudem unsere Lieferzeiten optimieren“, sagt Stumpf. Die Investition in das neue MES war für Herbert Maschinenbau ein großer Schritt mit weitreichenden Veränderungen und Auswirkungen in der gesamten Fertigung. „Im nächsten Schritt bauen wir die Kommunikation zwischen dem neuen ERP und MES weiter aus. Und auch die Performance des Leitstandes möchten wir uns zukünftig noch besser zu Nutze machen.“
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