Um bei der großen Produktvielfalt die Produktionsprozesse in seiner 3-Schicht-Serienfertigung effektiver zu steuern, suchte der Allrad Spezialist Oberaigner ein System zur besseren Erfassung von Betriebsdaten, zum Vergleichen von Ist- und Soll-Zustand sowie eine Lösung zur Verwaltung und Bereitstellung von Fertigungsdaten inklusive der Vernetzung aller Maschinen und Anlagen.
Bild: Proxia Software AG
Für manche Männer ist es der Traum schlechthin: Mit sechs grobstolligen Geländerädern und 544 PS eine Sanddüne hinaufbrausen oder sich kraftvoll durch eine aufgeweichte Piste im Dschungel arbeiten, während Sand und Schlamm an den Seiten wegspritzen. Genau für solche Träume ist der Mercedes G-Klasse 6 x 6 gemacht. Im Gegensatz zur dem herkömmlichen, zweiachsigen Geländefahrzeug der G-Klasse, das bereits in den siebziger Jahren auf den Markt kam, sind bei dem 6 x 6 alle drei Achsen und damit sechs Räder angetrieben. Fünf Sperrdifferenziale sorgen dafür, dass sich das Fahrzeug auf fast jedem Untergrund fortbewegt sowie alle Kurven und Steigungen mühelos nimmt. Ein Teil dieser Technik kommt aus dem oberösterreichischen Nebelberg. Dort entwirft, konstruiert und produziert die Oberaigner Powertrain GmbH Spezialgetriebe, Achs-Baugruppen und Chassis-Einheiten für Geländewägen, Kleintransporter, Niederflurbusse und andere Spezial-Fahrzeuge, die sich in schwierigem Gelände bewähren müssen.
Hohe Fertigungstiefe
Bereits Anfang der 80er Jahre hatte das mittelständische Unternehmen beispielsweise Allradfahrzeuge und Differenzialsperren entwickelt. Sowohl sein Know-how als auch die Partnerschaft mit der Daimler AG und anderen Automobilherstellern baute Oberaigner im Lauf der letzten 30 Jahre kontinuierlich aus und konnte wegen seiner Kompetenz das 6 x 6-Allradgetriebe mit seinen fünf Differenzialsperren für den Geländewagen von Mercedes Benz entwickeln und herstellen. Die gesamte Oberaigner-Gruppe beschäftigt derzeit insgesamt rund 250 Mitarbeiter, davon rund 100 am Standort Nebelberg. Auf eine hohe Fertigungstiefe legt das Unternehmen sehr großen Wert, wie Georg Oberaigner, einer der beiden Junior-Geschäftsführer, betont: „Wir kaufen zum Beispiel Guss- und Schmiedeteile zu, den überwiegenden Rest entwickeln, fertigen und montieren wir am Standort Nebelberg komplett selbst, bis hin zum fertigen Getriebe oder auch der kompletten Chassis-Einheit.“
Um bei der großen Produktvielfalt die Produktionsprozesse in seiner 3-Schicht-Serienfertigung zukünftig effektiver zu steuern, suchte Unternehmensgründer und Senior-Geschäftsführer Wilhelm Oberaigner ein System zur besseren Erfassung von Betriebsdaten, zum Vergleichen von Ist- und Soll-Zustand sowie eine Lösung zur Verwaltung und Bereitstellung von Fertigungsdaten inklusive der Vernetzung aller Maschinen und Anlagen. Dieses System sollte darüber hinaus auch sicherstellen, dass die Mitarbeiter ausschließlich die auftragsbezogenen Daten und NC-Programme erhalten. Eine essentielle, wichtige erste Frage, die er damals in der Evaluation dem MES-Anbieter Proxia stellte, lautete: „Können Sie garantieren, dass der Mitarbeiter immer das richtige NC-Programm an der Maschine hat, denn es nützt nichts, wenn er ein Teil fertigen möchte, aber das passende NC-Programm fehlt?“ Außerdem war er daran interessiert, manuelle Rückmeldungen der Mitarbeiter an den Maschinen zu systematisieren und vor allem zu automatisieren. Neben einem Plus an Produktivität, erhoffte sich der Geschäftsführer mehr Transparenz aufgrund gesicherter und fehlerfreier Daten.
Damit wollte er nicht nur einheitliche Standards und vor allem mehr Verlässlichkeit bei der Erfassung von Betriebs- und Maschinendaten, sondern auch seine Mitarbeiter von fachfremden Aufgaben entlasten. Wilhelm Oberaigner war vor allem daran gelegen, den Aufwand für manuelle Qualitätsmessung und Rückmeldungen zu minimieren. Bis zur Einführung des Systems nutzte sein Unternehmen Qualitätsregelkarten in Form einer Excel-Tabelle. Für jeden einzelnen Auftrag musste diese Liste ausgedruckt, aufwendig mit der Hand ausgefüllt und anschließend wieder in ein elektronisches Erfassungssystem eingetippt werden. Hier wünschte er sich vereinfachte, schnellere Abläufe. Dazu kam, dass die Listen kurz nach ihrer Erstellung häufig im Kellerarchiv landeten. Eine gezielte Auswertung oder ein Vergleich mit früheren Werten fand in der Regel nicht statt. Oberstes Ziel war es, aktuelle Daten aus der Fertigung in automatisierter Form mit möglichst wenig manuellem Schreibaufwand zu erheben und aufzubereiten. Papierlisten sollten, wo sinnvoll, komplett aus der Fertigung verschwinden.
Das MES, wie er es sich vorstellte, sollte außerdem eine komplette Rückverfolgbarkeit für alle gefertigten Teile garantieren, denn in der Automobilindustrie ist das Thema ‚Chargen-Rückverfolgung‘ für sicherheitsrelevante Bauteile von äußerster Bedeutung. Darüber hinaus sollten Geschäftsführung und verantwortliche Mitarbeiter die Betriebs- und Maschinendaten über das Unternehmensnetz jederzeit abrufen können. Und schließlich stand die bereits erwähnte Übertragung von NC-Programmen an die CNC-Maschinen mit DNC-Vernetzung ebenfalls auf der Anforderungsliste für die neue Lösung. Ober-aigner vergab den Auftrag für die Implementierung eines Systems zur Erfassung von Betriebsdaten schließlich an die Proxia Software AG, die die komplette Lösung aus einer Hand bieten konnte.
Nahtlose Kommunikation
Dass die Software über eine Schnittstelle zum ERP-System verfügte, spielte für die Entscheidung auch eine große Rolle, denn zum einen werden bei dem Automobilzulieferer alle Kundenaufträge darüber gehandelt, zum anderen werden dort die aktuellen Daten wie beispielsweise Arbeitspläne erstellt und gepflegt. Außerdem stellt die NC-Programmverwaltung des Lösungsanbieters sicher, dass die Maschine stets auf das aktuelle NC-Programm zurückgreift, weil die Programmhistorie laufend aktualisiert wird. Bis Ende 2010 wurden alle 20 CNC-Maschinen mit dem MDE-System ausgerüstet. Zugleich nahm das Projektteam verschiedene Anpassungen vor und ermittelte mithilfe von verschiedenen Testläufen die optimale Konfiguration. Wo es nötig war, wurde das aufgesetzte System um Details ergänzt, welche die individuellen Anforderungen des Automobilzulieferers berücksichtigen. Mit der Vernetzung aller Maschinen im DNC-Netzwerk, konnte die Komplett-Lösung dann in den Produktivbetrieb gehen.
Heterogener Maschinenpark
Oberaigner unterhält einen heterogenen Maschinenpark. Zu den CNC-Maschinen gehören unter anderem Dreh- und Drehfräszentren von Okuma und WFL sowie Verzahnungsmaschinen. Alle Maschinen sind an die automatisierte MDE-Maschinendatenerfassung angebunden. Trotz der gemischten Dateninformationen, greift die Software automatisch die Signale direkt an den Maschinen ab und verarbeitet sie im MDE-System. Daneben hat das Unternehmen auch diverse konventionelle Maschinen wie beispielsweise Sägen, Bohrmaschinen, Entgrater oder Prüfgeräte im Einsatz. Bei diesen Montage- und Handarbeitsplätzen geben die Bediener die Daten manuell in die BDE-Software mit Hilfe von Industrie PCs ein. Darüber hinaus nutzt der Getriebehersteller die Werkzeugverwaltung und Daten-Management-Lösung Factorydirector des MES-Anbieters.
Diese zentrale Informationsdatenbank sichert das gesamte Fertigungs-Know-how digital und stellt den Werkern alle relevanten Fertigungsinformationen wie zum Beispiel Stücklisten, Artikelstammdaten, 2D- und 3D-Zeichnungen, Aufspannskizzen oder NC-Programme dar. Als letztes implementierte der Automotive-Zuliferer das Modul zur Qualitätssicherung. Seit nunmehr drei Jahren ist das System nun im produktiven Betrieb, so dass das Unternehmen bereits über handfeste Resultate verfügt. Welche im Vergleich zu vorher durchweg positiv aussehen.
Licht ins Dunkle
Mithilfe der Software sind nun sowohl die Personalzeiten als auch die Maschinenlaufzeiten auf die Sekunde genau in Echtzeit erfasst. „Früher wurden nur längere Stillstände mit hohem, manuellem Aufwand festgehalten“, sagt der zweite Junior-Geschäftsführer Paul Oberaigner, „nun haben wir eine wesentlich bessere Datenquantität als auch -qualität.“ Auf übersichtlichen Reports zeigt die Software nicht nur den Bearbeitungsfortschritt der einzelnen Aufträge, sondern auch, welche Anlagen zur Verfügung stehen und welche mit Aufträgen belegt sind. „Jetzt haben wir Zahlen“, ergänzt Arbeitsvorbereitung-Mitarbeiter Franz Raab, „wir sehen online, ob eine Anlage ausgelastet und wann sie wieder frei ist. Unsere Planung und die Arbeitsvorbereitung können wir dadurch viel präziser durchführen und die vorhandenen Kapazitäten besser nutzen.“ Da das System die Mitarbeiter von der manuellen Datenerfassung entlastet, sind Fehlerquellen ausgeschaltet, was die Genauigkeit ebenfalls erhöht.
Der zweite Vorteil des Systems: Maschinenzeiten und Rüstzeiten lassen sich nun genau ermitteln. Die Geschäftsführung kann so ihre Kalkulation mit exakten Zahlen unterfüttern und ist nicht auf Schätzungen angewiesen. „Die Nachkalkulation der Zeiten und der Stückkosten ist jetzt sehr genau. Als Automobilzulieferer stellen unsere Kunden hinsichtlich Liefertermintreue und Qualität höchste Ansprüche an uns. Und auch hier hat das ME-System unser Unternehmen einen großen Schritt nach vorne gebracht“, sagt Georg Oberaigner.
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