Leadscore-Analyse

Den Markt durchleuchten

Der Name Zeiss dürfte wohl allen bekannt sein, die jemals mit Mikroskopen gearbeitet haben. Der Hersteller hat auch industrielle Anwendungen in den Blick genommen. Um das eigene Netzwerk möglicher Abnehmer zu erweitern, griff das Unternehmen auf die Hilfe einer Lübecker Firma zurück, die mittels Leadscore-Analytik den Markt für den Optik-Hersteller durchleuchtete.



Industrielle Mikroskopie in der Elektronikfertigung – Untersuchung eines Lötkontaktes auf einer Halbleiterplatine.
Bild: Carl Zeiss Microscopy GmbH

Mediziner, Forscher und Laboranten arbeiten täglich mit Mikroskopen. Dabei schauen sie häufig durch Präzisionsgeräte von Zeiss. Seine Marktpräsenz in der biomedizinischen Forschung baut der Zeiss-Unternehmensbereich Microscopy kontinuierlich weiter aus. Zudem rückt das Wachstumsfeld Industrie in den Blickpunkt. Um eine breite Marktpräsenz in industriellen Anwendungsfeldern zu erlangen, gilt es, das Kundennetzwerk zu vergrößern. Die Frage, wie der Zeiss-Unternehmensbereich an neue Kontakte kommt, konnte die Firma Databyte beantworten. Das Fachgebiet der Lübecker Experten für Wirtschaftsinformationen ist das Aufspüren von potenziellen Kunden. Dank ihrer Leadscore-Analyse eröffneten sich für den Mikroskop-Hersteller neue Möglichkeiten.

Den Fokus schärfen

Zeiss Microscopy setzt im Vertrieb auf kompetente, zum jeweiligen Geschäftsfeld des Kunden passende Mitarbeiter, um Leads zu generieren. So treten im biomedizinischen Umfeld Biologen in den Kontakt, denn sie wissen, welche Mikroskope beim Kunden Verwendung finden. „In dem Bereich sind wir gut aufgestellt“, sagt Dr. Thomas Albrecht, Leiter Telemarketing – Vertrieb Deutschland des Zeiss-Unternehmensbereichs Microscopy. Er räumt jedoch ein: „Wir haben das Industriegeschäft bisher nicht mit demselben Nachdruck vorangetrieben.“ So kam bei dem Hersteller die Frage auf: Kennen wir eigentlich alle für uns interessanten Abnehmer? Die Antwort lautete: Nein. Die Abteilung reagierte und war auf der Suche nach Unterstützung bei der Adressgenerierung, als sich Databyte meldete, um ihre Leistungen vorzustellen. „Sie hatten eine Lösung für eine optimale Zielgruppenidentifikation“, sagt Albrecht. „Mithilfe einer multivariaten Leadscore-Analyse wurden uns bislang unbekannte Neukundenpotenziale für industrielle Anwendungen bei Zeiss Microscopy identifiziert und klassifiziert.“

Muster erkannt

„Zwar war die Vorstellung der Leadscore-Analyse bereits sehr überzeugend, aber wir wollten einen eigenen, individuellen Eindruck der realen Performance bekommen“, so Albrecht. Databyte ging also in Vorleistung und durchleuchtete den Kundenstamm von mehreren Tausend Datensätzen, um Muster zu erkennen und potenzielle Neukunden zu ermitteln. Nach der Normierung der gelieferten Daten erfolgte die Analyse nach Variablen wie Mitarbeiteranzahl, Umsatz, Branchen, Geschäftsgegenständen et cetera. Aus den daraus automatisiert berechneten Mustern wurden die Datensätze von fünf Millionen deutschen Firmen analysiert und mit Scorewerten versehen. Databyte stehen hierfür über 100 Millionen Detailinformationen zur Verfügung. Als Ergebnis dieser Analyse konnten sie die Bedarfswahrscheinlichkeit für Mikroskopie-Lösungen bei jedem einzelnen Unternehmen vorhersagen. Die Vertriebsleitung und Databyte vereinbarten die Bildung von fünf Scoreklassen mit einer Punktvergabe von 0 bis 100. Ein Parameter ist zum Beispiel die Betrachtung der Unternehmensgröße entweder nach Mitarbeiteranzahl oder Unternehmensumsatz: Es zeigte sich, dass größere Unternehmen eher leistungsfähigere Mikroskop-Systeme verwenden als kleinere Unternehmen. Dies kann zur genaueren Zielgruppenanalyse für bestimmte Produktsegmente genutzt werden. Mit dem Ergebnis hatte Thomas Albrecht nicht gerechnet: „Die Leadscore-Analyse identifizierte in zwei Wochen 40.000 Unternehmen mit priorisierter Kaufwahrscheinlichkeit.“ Das Verfahren zeigte zudem bisher nicht beachtete Zielgruppen. „Die industrielle Qualitätssicherung und Materialentwicklung bildet seitdem einen Schwerpunkt unserer Telemarketing-Arbeit. Ob im Automobilbau, in der Metall- und Kunststoffverarbeitung, in der Elektronikbauteilfertigung oder in den Branchen Chemie und Pharma – überall braucht man Industrie-Mikroskope“, sagt Albrecht. So fiel ihm die Entscheidung leicht, die Zusammenarbeit mit dem Lübecker Anbieter zu besiegeln. Die Lübecker stellten die Top 20.000 Adressen mit den besten Scorewerten zur Verfügung.

Mit den Daten umgehen



Dr. Thomas Albrecht, Leiter Telemarketing – Vertrieb Deutschland bei Zeiss Microscopy.
Bild: Carl Zeiss Microscopy GmbH

Diesen neuen Gegebenheiten müsse sich das Telemarketing anpassen, sagt Albrecht. „Entscheider industrieller Fertiger benötigen eine andere Fachkompetenz in der Ansprache als Laboranten im Forschungsumfeld.“ Um die Kaltakquise im industriellen Umfeld zu forcieren, setzt er auf externe Telemarketing-Agenturen. Auf B2B-Kommunikation spezialisiert, arbeiten sie priorisierte Listen ab und geben generierte Leads an den internen Vertrieb weiter. Dabei werden regionale Schwerpunkte gesetzt, je nach Bedarf der Vertriebsregion. Zeiss geht es dabei nicht nur um den Verkauf einzelner Mikroskope, sondern um das Angebot einer ganzen Prozesskette mit zusätzlichen Beratungs- und Betreuungsleistungen. „Die neuen Daten sind topaktuell und von bester Qualität – das macht die Arbeit sehr effektiv“, sagt Albrecht. Schnell gab es erste Erfolge: „Bei den ersten tausend Adressen mit hohem Scorewert bekundeten 15 Prozent der Angerufenen generelles Interesse und 3 Prozent ganz konkretes Kaufinteresse.“ Weiterhin stellt Albrecht fest, dass die Erfolgsquote mit den folgenden Adresssätzen abnimmt, was für eine funktionierende Priorisierung anhand der Scorewerte spricht.

Visionäre Revision

Um die Effizienz des Telefonkontakts zu gewährleisten, traf man sich schon im Februar 2015 zur Schärfung der Zielgruppendefinition. Es zeigte sich, dass Augenoptiker keinen Bedarf an Industrie-Mikroskopen äußerten und die Abschlusschancen eher niedrig eingeschätzt wurden. Im Revisionsprozess optimierte Databyte den Adresspool und ließ die Erfahrungen aus dem Telemarketing in puncto Zielgruppe mit einfließen.

Aufträge in der Pipeline

Der Unternehmensbereich Microscopy schätzt die vertrauensvolle Zusammenarbeit. „Sie motiviert die Vertriebsmannschaft, da jeder nun das zusätzliche Marktpotenzial erkennt. Das Top-Management sieht sich durch die konkreten Ergebnisse in seiner Einschätzung des Markts für industrielle Mikroskopie bestätigt“, sagt Albrecht. In Anbetracht der in den nächsten Monaten anstehenden Aufträge kann sich der Mikroskop-Hersteller einen Rollout der Methode auch auf andere Bereiche gut vorstellen, um national sowie international weiter zu expandieren.





  • Innovationstreiber Thin[gk]athon: Kollaborative Intelligenz trifft auf Industrie-Expertise

    Der Thin[gk]athon, veranstaltet vom Smart Systems Hub, vereint kollaborative Intelligenz und Industrie-Expertise, um in einem dreitägigen Hackathon innovative Lösungsansätze für komplexe Fragestellungen…


  • MES und Lean-Management im Zusammenspiel

    Fertigungsunternehmen suchen stets nach Möglichkeiten, ihre Workflows zu optimieren, Verschwendung zu reduzieren und Ressourcen optimal einzusetzen. Der Lean-Ansatz ist hier ein bewährtes…


  • Mit KI und Plattform-Ansatz Potenziale heben

    Flexibilität wird im Qualitätsmanagement immer wichtiger. Der Zertifizierungsdruck steigt weiter an und Lieferkettenprobleme erfordern häufiger die Qualifizierung alternativer Zulieferer. Digitale QM-Plattformen können…


  • Die Digitalisierung in Deutschlands Industrie

    Eine aktuelle Studie von Reichelt Elektronik betrachtet den aktuellen Stand der Digitalisierung und stellt die Frage, wie Deutschland im Vergleich zu anderen…


  • Wie MES-Software bei der Lieferkettenplanung unterstützt

    Materialengpässe sind ein großer Störfaktor in der Fertigung. Und zahlreiche wirtschaftliche sowie geopolitische Ereignisse machen es Unternehmen schwer, ihren Bestand sowie ihre…