Kundenbindung im Internet-Zeitalter

„Ein simpler Karteikasten funktioniert nicht mehr“

In Zeiten des Internets und der allumfassenden Vernetzung ändert sich auch das Verhältnis von Herstellern und Kunden. Dementsprechend kommen auf das Customer Relationship Management – gerade auch im Automotive-Sektor – ganz neue Herausforderungen zu. Simone Zahn, Account Director Automotive and Manufacturing bei Pegasystems, spricht im Interview über die Trends und Möglichkeiten der Kundenkommunikation.

Bild: Pegasystems Inc.

Frau Zahn, wie stellt sich aus Ihrer Sicht der ideale Verkaufsprozess für die Internet-Generation dar?

Simone Zahn: Es geht nicht nur um das Internet. Im Fokus steht die Multi-Kanal-Nutzung. Innerhalb eines Vorgangs wechselt der moderne Kunde ständig zwischen den Kanälen und nutzt auch unterschiedliche Geräte. Er erwartet aber trotzdem, dass alle seine Aktivitäten konsistent erkannt und umgesetzt werden. Der ideale Verkaufsprozess muss all diese Aktivitäten, sei es vor Ort, im Call-Center, im Internet oder in sozialen Medien, in Echtzeit erfassen und den Kunden zielgerichtet ansprechen. Zu vermeiden ist eine Wiederholung von Aktivitäten, etwa beim Händler. Darauf hat die ‚Generation Internet‘ schlicht und einfach keine Lust und sie sucht sich Anbieter, die diese Anforderung erfüllen können. Im Übrigen ist die Generation Internet eigentlich fast schon Vergangenheit, denn wir sprechen hier über eine hochgradige Vernetzung von Verhalten über viele Kanäle und Endgeräte hinweg.

Es besteht eine Inkonsistenz der Daten zwischen Herstellern, Importeuren und Händlern, die den Customer Relationship Management-Prozess behindern kann. Allerdings ist es den Herstellern in Deutschland – so deren Aussage – gar nicht erlaubt, alle Kundendaten ihrer Händler einzusehen. Wo sehen Sie Möglichkeiten aus diesem Dilemma herauszukommen?

Zahn: Hinsichtlich der Käufer der Internet-Generation stellt sich dieses Problem nicht, denn sie hinterlassen im Vorfeld des Verkaufsprozesses bereits viele Spuren im Netz – und das sind bei solchen Aktivitäten immer viele Daten, das ist keine Besonderheit der Automobilbranche. Diese Daten sind also schon im Zugriffsbereich der Hersteller. Der Hersteller muss es aber schaffen, diese Informationen zu nutzen und zusammenzuführen. Wir sehen hier aber eher ein anderes Problem: Auch bei einem Hersteller werden die Daten nicht konsistent in einem integrierten Customer Relationship Management gesammelt. Vielmehr liegen wertvolle Kundeninformation in vielen Systemen; sie müssten vorgangsbezogen und sekundengenau herangezogen werden, wenn es die Situation erfordert. Die Lösung ist, dass die Zusammenführung aller relevanten Daten über den Interessenten, egal über welchen Kanal, automatisch erfolgt.

Sind Customer Relationship Management-Tools im Autohandel wirklich nicht verzichtbar? Ist die große Stärke dieser Werkzeuge nicht viel eher im ‚After Sales‘-Umfeld anzusiedeln?

Zahn: Sie sprechen hier das Kernproblem an. Customer Relationship Management hört ja nicht im Sales auf. In der Automobilindustrie ist dies aber leider der Fall, denn das Customer Relationship Management ist meist nicht mit den After Sales-Systemen verbunden. Ein Interessent hinterlässt im Web und sozialen Netzwerken viele Spuren, er wird eventuell zum Kunden und bleibt über den After Sales in Kontakt mit der Marke. Idealerweise sollte später, je nach Fahrzeugalter, der Kreislauf automatisch wieder von vorne beginnen. Früher hat dies der Händler selbst erledigt, weil er seinen Kundenstamm persönlich kannte, dabei hat ihn vielleicht ein simpler Karteikasten unterstützt. Das funktioniert nicht mehr in der Generation Internet, denn diese hat nur noch eine geringe Händlertreue. Aber die Anforderung an Customer Experience-Managementsysteme sind eigentlich die gleichen, nur eben in einer viel komplexeren Informationsstruktur. Wir müssen aber auch in den neuen Strukturen dahin kommen, dass wir – wieder – die vorhandenen Informationen zu einem integrierten, kundenzentrierten Ansatz zusammenführen – also auch Sales und After Sales.







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