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Ressourceneffizienz und IoT

Kreislaufwirtschaft im Internet of Things abbilden

Die Kreislaufwirtschaft ist ein wichtiges Prinzip für mehr Nachhaltigkeit. Auch in der Fertigung lässt sie sich umsetzen, unterstützt von Internet of Things-Technologien. Denn das IoT bietet viele Möglichkeiten, Ressourcen effizienter zu nutzen und dabei wirtschaftlich zu profitieren, meint AWS-Manager Michael MacKenzie.

(Bild: ©panuwat/stock.adobe.com)

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Das Internet der Dinge kann zu mehr Nachhaltigkeit beitragen. Und die dazugehörigen Technologien werden kontinuierlich weiterentwickelt. Mit neuen Hybrid-Edge-Cloud-Architekturen können IoT-Systeme mehr als nur Daten erfassen und austauschen. Unternehmen erhalten Möglichkeiten zur Überwachung, Analyse und Echtzeitsteuerung der Fertigung. Schon bald wird es digitale Modelle geben, die jede Komponente in der Fertigung monitoren und analysieren. Durch die Integration von maschinellem Lernen (ML) in die Hardware sind solche Systeme in der Lage, komplexe Bildanalysen zu erstellen und auf Veränderungen zu reagieren, anstatt sie nur aufzuzeichnen. Über den Lebenszyklus von Produkten hinweg eingesetzt, kann das die Nutzungsdauer von Produkten verlängern – etwa durch Recycling und Wiederaufbereitung. Die Architekturen unterstützen somit das Konzept der Kreislaufwirtschaft. Fünf Beispiele veranschaulichen, mit welchen Maßnahmen sich diese fördern lässt:

Heilige Kühe in Frage stellen

Ein Grundsatz der Fertigung besagt, dass sich ein Anlagenstillstand in der Regel nicht lohnt. Die Maschinen seien effizienter, wenn man sie laufen lässt – und zwar mit voller Geschwindigkeit. Wenn alles zur Aufrechterhaltung der Prozesse optimiert wird, verbraucht das jedoch viel Energie. Datengestützte Erkenntnisse ließen sich nutzen, um zu erkennen, wann eine Anlage ausfallen wird und warum. Diese vorausschauende Wartung erhöht die Reaktionsfähigkeit der Hersteller. Und mit Edge-Technologie kann die Fertigung direkt auf Daten reagieren, anstatt sie vorher in die Cloud hochzuladen. Die Datengranularität der Cloud ermöglicht es zudem, Daten in ML-Modelle einzuspeisen. Unternehmen können so für jedes Gerät Geschwindigkeit und Laufzeit ermitteln. Mit den Daten lassen sich zudem digitale Zwillinge von Fabriken erstellen, mit denen die Produktion überwacht und gesteuert werden kann. Hersteller können mit Prozessen experimentieren und die Ergebnisse analysieren – ohne reale Auswirkungen auf Produktion, Gewinn oder Qualität. Und schließlich können Unternehmen zirkuläre Fertigungsprozesse erproben und skalieren, bei denen sich wiederverwertete und recycelte Komponenten nutzen lassen.

Chemische Bedingungen mit Sensoren ermitteln

In der Herstellung kommen viele Formeln zum Einsatz, um die Qualität und Haltbarkeit von Produkten sicherzustellen. Sie beruhen oft auf bestimmten Materialien mit hohem Reinheitsgrad und der Anwendung von Hitze, um die Feuchtigkeit aus den Werkstoffen zu entfernen. Die Formeln werden verwendet, weil sie sie sich bewährt haben. Sie könnten den Spielraum für den Einsatz recycelter Materialien unnötig einschränken und damit auch für mehr Energieeffizienz. Und nur weil Formeln zu einem Ergebnis führen, heißt das nicht, dass sie der einzige Weg sind. Daten aus Sensoren und der Cloud helfen dagegen zu verstehen, was unter der Oberfläche passiert – und was in den jeweiligen Phasen wirklich erforderlich ist. In der Zementherstellung beispielsweise lässt sich anhand von Daten die optimale Zeit für das Aufheizen ermitteln. Dadurch wird vermieden, dass der Klinker – ein wichtiger Bestandteil von Zement – zu kurz oder zu lang gekocht wird. Anhand digitaler Zwillinge lässt sich beurteilen, wie viel Feuchtigkeit entfernt werden muss, damit die nachgelagerten Prozesse ordnungsgemäß ablaufen. Das reduziert den Energieverbrauch und den ökologischen Fußabdruck deutlich. Ein weiteres Beispiel für die Bedeutung chemischer Zusammenhänge ist die Analyse der Auswirkungen von Materialien, die sich von in der Vergangenheit verwendeten Werkstoffen unterscheiden und aus anderen Quellen stammen. Mit Sensoren lässt sich ihr Verhalten von Anfang an überwachen und mithilfe von Edge-Rechnern anpassen. Fertigungsunternehmen können somit leichter mit recycelten Materialien experimentieren.

Vielfältige Lieferketten überwachen

Auch für Lieferketten werden digitale Zwillinge wichtiger. Unternehmen der Automobilindustrie verfolgen hier oft einen zirkulären Ansatz für das Recycling von Batterien für Elektrofahrzeuge – etwa in Gigafactories wie Northvolt Ett in Schweden. Die Verantwortlichen erfahren von den digitalen Zwillingen, woher Materialien kommen, wie lange die Lieferzeiten in bestimmten Phasen sind, wo das Risiko von Engpässen besteht, und welche Notfallpläne erforderlich sind. Auch Sensoren in Lastwagen und Tanks, die etwa die Füllstände überwachen, zählen dazu. Zudem helfen digitale Zwillinge, alternative Lieferquellen zu visualisieren und verschiedene Szenarien zu testen.

Lebenszyklus nachverfolgen

Ein weiterer Ansatz in der Automobilindustrie besteht darin, die Leistung von Produkten laufend zu überwachen und mit den Herstellungsbedingungen zu korrelieren. So kann festgestellt werden, ob eine Verschlechterung der Leistung einer Batterie sich auf bestimmte Produktionsfaktoren zurückführen lässt. Der Hersteller kann dann überprüfen, ob er die Charge zurückrufen muss oder aktualisieren lässt. Dies erhöht die Kundenzufriedenheit, ist aber auch für die Kreislaufwirtschaft von großer Bedeutung. Denn der Lebenszyklus einer Batterie endet nicht mit ihrem Rückruf. Durch das Recycling wird sie wieder in die Lieferkette zurückgeführt. Und dieser Vorgang lässt sich beschleunigen, wenn der Grund für den Rückruf aufgrund von Sensordaten und Rückverfolgbarkeit bereits bekannt ist. Kreislaufwirtschaft bedeutet nicht, dass Materialien von der Organisation wiederverwendet werden, die sie beim ersten Mal genutzt hat. Die Unterhaltungselektronikbranche beispielsweise entwickelt datenbasiert neue Geschäftsmodelle, die sich mit der Lebensdauer von Chips und anderen Komponenten befassen – und mit der Frage, wie sie selbst oder andere Firmen einen Wert daraus ziehen können.

Skalierungspotenzial ausschöpfen

Eine vollständige Kreislaufwirtschaft bezieht Fertigung und Lieferkette ein. Das IoT bietet die dafür notwendige Skalierbarkeit. Mit Dashboards und digitalen Zwillingen können Unternehmen ihre Assets auf Basis von Erkenntnissen aus verschiedenen Umgebungen optimieren. Sie können Prozesse miteinander vergleichen, Probleme lösen und einmal ermittelte Ergebnisse weitergeben. Edge-Geräte reagieren auf Alarme und Statusänderungen sofort, im Zusammenspiel mit Automatisierung und Robotik. Cloud-basierte Architekturen lassen sich beinahe beliebig skalieren. So ließe sich eine einzelne produktive Gigafabrik, die nach den Grundsätzen der Kreislaufwirtschaft konzipiert ist, gleich mehrere Gigafabriken nach diesem Prinzip aufbauen.


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