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KraussMaffei vereinfacht Inbetriebnahme

Schreibtischlose Mitarbeiter digital vernetzt

Zusammen mit der Connected Worker Plattform von Operations1 hat KraussMaffei seine operativen Mitarbeiter weltweit vernetzt und allein im Werk Hannover 67 Prozent des Dokumentationsaufwands bei der Inbetriebnahme eingespart.

 (Bild: KraussMaffei Automation GmbH)

(Bild: KraussMaffei Technologies GmbH)

KraussMaffei ist ein weltweit agierender Hersteller von Maschinen und Anlagen für die Produktion und Verarbeitung von Kunststoff und Kautschuk. Die Kunden kommen etwa aus der Automobil-, Verpackungs-, Medizin- und Bauindustrie sowie oder stellen Elektrik-, Elektronikprodukte und Haushaltsgeräte her. In die Konfiguration der Maschinen gehen häufig individuelle Kundenwünsche ein, was eine hohe Variantenvielfalt und einen komplexen Inbetriebnahmeprozess mit sich bringt. Dieser beruhte noch bis 2021 auf papierbasierten Änderungen in Protokollen und war dadurch sehr aufwendig. Deswegen suchte ein standortübergreifendes Team um Claudio Sutter, Wolfgang Marquart, Phillip Duwe und Holger Labusga nach einer Software, mit der zunächst der Inbetriebnahmeprozess am Standort München sowie die Qualitätsprüfung am Standort Hannover digitalisiert wurden. Perspektivisch soll die Dokumentation entlang der gesamten Wertschöpfungskette digital abgebildet sein.

Aufwendige Inbetriebnahme

KraussMaffei setzt auf einen umfassenden Inbetriebnahmeprozess. Für die Werksabnahme, den sogenannten Factory Acceptance Test (FAT), erfolgte früher zunächst die Erstellung zweisprachiger Prüfprotokolle in Word oder Excel, so genannte Maximallisten, die dann ausgedruckt in einem Auftragsordner zusammengestellt und physisch von der Qualitätssicherung bereitgestellt wurden. Diese Maximalchecklisten nutzten die Mitarbeiter, um die Funktionsfähigkeit der Maschinen zu überprüfen und zu dokumentieren. Nach Abschluss der Inbetriebnahmedokumentation ging es ans Einscannen und ablegen der Dokumente in der SAP-Software – bei umfangreichen Protokollen bis zu 350 Seiten. Aufgrund der Variantenvielfalt war oft zusätzlicher Interpretations- und Dokumentationsaufwand nötig. Rückfragen mussten wiederum durch händische Recherche beantwortet werden. Die Zyklen für die Checklisten-Anpassung waren sehr ausgedehnt und die Fertigungsfortschritte nicht transparent darstellbar.

Abschied vom Papier

Um die papierbasierte Inbetriebnahme abzulösen, suchte KraussMaffei nach einer Software. Ziel war die Digitalisierung mitarbeitergeführter Prozesse als Bottom up-Projekt, ausgehend von der Inbetriebnahme. Montage, Qualitätsprüfung und Service sowie produktionsnahe Prozesse wie 5S-Prüfungen sollten standortübergreifend über alle Produktionsprozesse hinweg digital abgebildet werden. Das Unternehmen entschied sich für die Zusammenarbeit mit der Firma Operations1. Deren SaaS-basierte Connected Worker-Plattform deckt mehrere dafür relevante Funktionen ab. Das System ist mehrsprachig, skalierbar und wird stetig vom Hersteller erweitert. „Wir haben lange recherchiert, um den passenden Partner ins Boot zu holen. Mit Operations1 gelingt uns die End-to-End-Prozessabbildung entlang der gesamten Wertschöpfungskette“, sagt Claudio Sutter, Projektingenieur Process Excellence bei KraussMaffei.

Operative Mitarbeiter einbinden

Während die Digitalisierungsbestrebungen vieler Produzenten auf die Vernetzung von Maschinen fokussieren, werden Werksmitarbeiter als operative Kräfte oft nicht berücksichtigt. ‚Connected Work‘ bezeichnet die organisatorische, prozessuale und technologische Vernetzung dieser operativen, schreibtischlosen Mitarbeiter. Diese arbeiten typischerweise in Produktion, Logistik oder anderen produktionsnahen Supportprozessen. Connected-Worker-Plattformen vernetzen diese Mitarbeiter. Informationen werden in diesen Systemem kontextbasiert bereitgestellt, Mitarbeiter interagieren mit IoT-Equipment und sind in Echtzeit miteinander sowie mit Führungs- und Arbeitsplanungsebenen vernetzt.

Rückfragen per Chatsystem

Die Operations1-Plattform wurde zunächst an das ERP-System angebunden. Die Plattform kann so auf die Inbetriebnahmeprotokolle vom ERP-System zugreifen, die anschließend im Dokumenten-Management-System abgelegt werden. Durch die Aggregation aller Dokumente in jeweils einem Auftrag wird einem Werker nun der für ihn relevante Prüfauftrag angezeigt. Die Darstellung auf Laptop, Tablet oder Smartphone mittels Bildern, PDFs und Videos unterstützt bei der Inbetriebnahme. Per Chatfunktion können die Mitarbeiter Rückfragen stellen oder auch Tasks vergeben. Nach Abschluss generiert die Plattform einen Report, der als PDF- oder Excel-File exportiert werden kann. Der Aufwand reduziert sich sowohl für den Mitarbeiter an der Maschine, als auch für die Qualitätssicherung, welche die Checklisten erstellt, verwaltet und archiviert. „Dank Operations1 sparen wir 67 Prozent unseres Dokumentationsaufwands. Dadurch reduziert sich die Bearbeitungszeit an unserem Standort in Hannover von 3 Tagen auf 1 Tag“, sagt Phillip Duwe, Qualitätsingenieur bei KraussMaffei.

Weiteres Potenzial heben

Da die Inbetriebnahme bei KraussMaffei als größter Hebel galt, war sie der Startpunkt für den Roll-out der Software, die nun als Plattform für vernetztes Arbeiten über die gesamte Wertschöpfungskette und neben Hannover über die internationalen Standorte Jiaxing und Sucany hinweg eingesetzt werden soll. Als Nächstes steht die Digitalisierung der Service-Prozesse an, dann sollen die Vor- und Endmontage folgen. Die Digitalisierungsreise des Herstellers von Kunststoff-Produktionsanlagen hat also gerade erst begonnen.


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