Komplexe Verpackungslinien für Medizinprodukte müssen oftmals ohne den Rückgriff auf bestehende Industriestandards realisiert werden. Bild: Harro Höfliger

Spezielle Anforderungen des Sondermaschinenbaus

Bis zu 15.000 Teile enthält eine Höfliger-Anlage. Untypischerweise lastet das Controlling die zugehörigen Aufträge erst ein, sobald der Vertrieb sie freigegeben hat. Es werden ausschließlich Produktionsstücklisten generiert, keine Stammstücklisten. Die Listen werden nach Eigen- und Fremdfertigung sowie nach Zukaufteilen aufgelöst.

Die Disposition findet auf Ebene der Baugruppen statt. Zubuchungen, auch über die Betriebsdatenerfassung (BDE), werden über die Materialwirtschaft erzeugt. Disposition und Materialwirtschaft sind dabei ‚feinfühlig‘ angelegt. So kann jederzeit der Status der Einzelteile abgefragt werden. Stücklisten lassen sich ganz oder teilweise freigeben oder sperren. Baugruppen sind bereits produzierbar wenn noch Teile fehlen.

Beim kundenindividuellen Sondermaschinenbau, mit einem Prototypenanteil von etwa 40 Prozent, bringt dieses Vorgehen dem Hersteller erhebliche Flexibilität, ohne an Struktur einzubüßen. Verbunden war das Anlegen dieser Konstruktions- und Produktionssystematik mit tiefen Eingriffen in die Werteflusssysteme der Systemlösung. „Hier waren sie aber immerhin mit überschaubarem Aufwand möglich, wir mussten uns nicht verbiegen“, erläutert Höfliger.

Systemfunktionen bedarfsgerecht nutzen

Ein weiteres Kriterium der Auswahl der ERP-Lösung war die Systemarchitektur. Diese sollte einerseits auch komplexe Unternehmen mit allen Funktionen ohne Schnittstellen abbilden und andererseits die Anbindung von Fremdsystemen gestatten. Weiterhin sollten sich nicht benötigte Funktionen abschalten lassen, ohne die Funktionsfähigkeit insgesamt einzuschränken. Das Maschinenbauunternehmen betreibt beispielweise keinen Vertrieb über Preislisten: Jedes Projekt wird von den Abteilungen Vertrieb und Konstruktion ausgearbeitet und auf den Bedarf des Kunden maßgeschneidert.

Dementsprechend arbeitet das Unternehmen auch in dem neuen Unternehmenssystem nicht mit diesem Modul, was die Gesamtfunktionalität jedoch nicht beeinträchtigt. Gleiches gilt für die Intercompany-Funktionen. Während bei der Projekteinführung deren Nutzung zurückgestellt wurde, wird sie inzwischen im internationalen Verkehr mit den Unternehmenstöchtern eingesetzt. Auch die Verwaltung unterschiedlichen Währungen und steuerlichen Gegebenheiten der Staaten wurde durch automatisch ablaufende Vorgänge vereinfacht.

Effizienzgewinn unterschiedlich erfassen

Um den Nutzen des ERP-Einsatzes zu beziffern, wird häufig auf Aspekte wie Durchlaufzeiten oder Termintreue verwiesen. Höfliger sieht den Effizienzgewinn durch andere Entwicklungen bestätigt: „Aufgrund unseres enormen Wachstums haben wir innerhalb von zwei Jahren rund 100 Mitatbeiter eingestellt – davon aber nur 1,5 im Bereich Materialwirtschaft. Das ist nur möglich, weil viele komplexe Prozesse vollständig automatisiert und zuverlässig ablaufen. Dabei sind wir extrem transparent geworden.“ Die 160 ERP-Arbeitsplätze werden von rund 200 Mitarbeitern genutzt. Wenn beispielsweise bei der Montage ein Bauteil fehlt, gibt die Lösung den aktuellen Standort des Teils an den Mitarbeiter aus. Für die Zukunft ist die Einbindung der mechanischen Konstruktion mit der Umstellung auf die nächste Version des Unternehmenssystems geplant, damit die Konstrukteure etwa auf dessen integriertes Dokumentenmanagement-System (DMS) zugreifen können.

Flexibilität als Erfolgskriterium

Als wichtigsten Erfolgsfaktor für den deutschen Mittelstand schildert der Hersteller neben hoher Flexibilität in der Bedienung spezieller Kundenanforderungen das vorhandene technische Know-how. Diese Flexibilität unter wirtschaftlichen Zwängen aufrecht zu erhalten und sogar noch auszubauen, verlange ein Organisationssystem, das die komplexen Abläufe des Sondermaschinenbaus optimal unterstützt. Vor der Investitionsentscheidung wurden mehrere Systeme geprüft. „Die Versprechungen der verschiedenen ERP-Anbieter zur Einfachheit der Einführung beziehungsweise zum Umstieg hörte ich wohl, allein mir fehlte zumeist der Glaube“, sagt der Unternehmer. Dass der Umstieg und auch anspruchsvolle Projektphasen und Stresssituationen planmäßig abliefen, sprächen ebenso für die Richtigkeit der damaligen Entscheidung, wie die Ergebnisse des laufenden Betriebs.







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