Kompetenzen für den digitalisierten Produktlebenszyklus

Was macht einen PLM-Experten aus?

Der effiziente Umgang mit Produktdaten und Entwicklungswissen ist seit langem eine zentrale Herausforderung der arbeitsteiligen Entwicklung komplexer mechatronischer Systeme und Ausgangspunkt des Produktdatenmanagements. Heute befassen sich Unternehmen verstärkt mit Vorgehensweisen und Werkzeugen für die Steuerung und Verwaltung aller produktbezogenen Informationen für den gesamten Lebenszyklus. Product Lifecycle Management ist die Überschrift dazu.




Phasen des digitalisierten Produktlebenszyklus. Bild: Fraunhofer-Institut IPK

PLM ist eine umfassende digitale Disziplin im Unternehmen, deren Potential bisher nur bedingt abgerufen wird. In Zeiten steigender Produktkomplexität und -varianz sowie einer stetig zunehmenden Menge an zu vernetzenden und zu verwaltenden Informationen bedarf es neuer Ansätze, die über klassisches Produktdatenmanagement hinausgehen. Das Zusammenspiel zwischen digitaler Technologie und Modellierung, Informationsvernetzung, Softwarefunktionalität und den Prozessen und Methoden für die bedarfsgerechte Entscheidungsfindung entlang des gesamten Produkt- und Fabriklebens muss als Kernkompetenz noch etabliert werden. Insbesondere vor dem Hintergrund einer zunehmenden Digitalisierung und Vernetzung der Produktentwicklung und Produktion gewinnt diese Disziplin daher zunehmend an Bedeutung. Bewährte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie Führungskräfte müssen sich in das Themenfeld einarbeiten. Die erfolgreiche ‘digitale Transformation’ kann nur mit Unterstützung kompetenter PLM-Experten gelingen.

Entstehung einer neuen Disziplin

Was aber macht einen PLM-Experten – einen PLM Professional – aus? Ein entsprechendes Berufsbild und die daraufhin ausgerichtete Ausbildung in Studium und Weiterbildung sind bisher sehr lückenhaft. Resultat dieser Situation ist, dass PLM-Praktiker sich in den Unternehmen aus sehr unterschiedlichen Disziplinen rekrutieren. Ingenieurwesen, Informatik, und Betriebswirtschaft dominieren im Hinblick auf die ursprünglichen Disziplinen der Young Professionals und erfahrenen Quereinsteiger. Eine gemeinsame Weiterbildung muss daher die Sichtweisen dieser Disziplinen vereinen und ihnen einen gemeinsamen Einstieg in das interdisziplinäre Feld des PLM bieten.

Rollen und Aufgaben

Ebenso vielfältig wie die ursprüngliche Ausbildung sind die Einsatzgebiete und auszufüllenden Rollen von PLM-Praktikern:

  • Prozessverantwortlicher, der PLM-Lösungen für das Unternehmen plant, entwickelt, betreibt und dauerhaft etabliert
  • Vermittler zwischen den ausführenden Fachabteilungen, internen (IT-Abteilungen) und externen IT-Spezialisten (IT-Vendoren, IT-Dienstleister)
  • strategischer Entscheider im Management, der richtungsweisende Festlegungen über die unternehmensweite PLM-Strategie und auch die Einführung neuer PLM-Lösungen trifft
  • Projektleiter in PLM-Entwicklungs- oder Beschaffungsprojekten
  • Berater im Vertrieb und der Einführung von PDM/PLM-Lösungen
  • Entwickler von PLM-Lösungen bei einem Systemanbieter

Eine Aufschlüsselung dieser Rollen in einzelne Aufgaben lässt erahnen, wie vielfältig und damit anspruchsvoll das Kompetenzprofil eines PLM Professionals ist:

  • Untersuchung der Unternehmenssituation in Bezug auf das Zusammenspiel von Informationsflüssen zwischen beteiligten Personen, Modellen und IT-Werkzeugen entlang von Fachprozessen im Produktlebenszyklus
  • Konzeption, Argumentation und Planung von Verbesserungsmaßnahmen in Bezug auf das oben genannte Zusammenspiel mit dem Ziel, Zeit, Kosten und Qualität zu optimieren
  • Spezifikation neuer oder angepasster IT-Lösungen, ihrer Einsatzbestimmung und ihrer Einbettung in eine existierende Unternehmensbebauung (IT-Systeme, Hardware, operativer Betrieb, Organisationsstruktur)
  • Konzeption von Lösungsansätzen in einem PLM-System anhand von Produktstrukturen, Stücklisten, Varianten- und Konfigurationsmanagement, Workflows, Gültigkeiten und Zugriffsberechtigungen
  • Anbahnung und Begleitung von Projekten zur Einführung solcher IT-Lösungen
  • die Moderation der Kommunikation zwischen beteiligten Interessengruppen und die Planung und Steuerung von Änderungsprozessen.


Bild: Fraunhofer-Institut IPK

Kenntnisse und Fähigkeiten

Trotz dieser großen Bandbreite an unterschiedlichen Rollen und Aufgaben lassen sich gemeinsame Kompetenzfelder definieren, die einen vielseitig einsetzbaren PLM Professional ausmachen. Ein PLM-Verantwortlicher muss unter Berücksichtigung der individuellen Ausgangssituation mit den notwendigen theoretischen Kenntnisse und praktischen Fertigkeiten befähigt werden in Bezug auf:

  • ein grundlegendes Verständnis für alle durch das PLM zu unterstützenden Fachprozesse entlang des Lebenszyklus (von der Produktentstehung über Produktionsplanung, Ramp up, Fertigung, Montage, Logistik, After Sales, Service und MRO bis zum End of Life), die in ihnen involvierten Fachdisziplinen und Rollen und ihre konkreten Tätigkeiten und Verantwortlichkeiten, sowie die relevanten Informationen, Modelle und IT-Werkzeuge, die dabei zum Einsatz kommen,
  • Prozesse, Methoden und Technologien aus der Informationstechnik, wie zum Beispiel Softwareentwicklung, Datenmodellierung, IT-Bebauungsplanung und Schnittstellenintegration,
  • Gestaltung des Zusammenspiels zwischen den Wertschöpfungsprozessen und der Informationstechnik, sowie die Einführung neuer Lösungen im Rahmen eines PLM-Projekts
  • praktische Fähigkeiten im Umgang mit den Kernaspekten des PLM: Konfigurations- und Variantenmanagement, Produktstrukturen und Stücklisten, Freigabe- und Änderungsmanagement, Objektlebenszyklen, Workflowmanagement, Zugriffsrechtesteuerung et cetera
  • Einfühlungsvermögen und Handlungskompetenz für die menschlichen Aspekte, die es bei der Umsetzung von PLM-Projekten zu berücksichtigen gilt (Motivation, Coaching, Kommunikation et cetera)

 

Den Produktlebenszyklus verstehen und gestalten



Die Autoren Sebastian Adolphy (links) und Robert Woll (rechts) leiten die Geschäftsstelle des Zertifikatslehrgangs ‘PLM Professional’ am Fraunhofer IPK in Berlin.

Mit den hier dargestellten Kompetenzfeldern entwickelt sich der PLM Professional klar über das angestammte Tätigkeitsfeld des PDM hinaus. PLM muss im Kontext der Fachprozesse verstanden werden und endet nicht schon mit dem ‘Start of Production’. Technische Lösungsansätze gehen über den Gebrauch oftmals funktional limitierter PDM/PLM-Systeme hinaus. Und der Faktor Mensch spielt eine zentrale Rolle.

  • Vereinen Sie in Ihrem PLM-Team bereits alle notwendigen strategischen und technischen Fähigkeiten, um eine aktive Planung und Steuerung aller Phasen des Produktlebenszyklus zu ermöglichen?
  • Verfolgen Sie das Ziel, Informationen aus dem gesamten Produktlebenszyklus geeignet abbilden, verknüpfen und verwalten zu können?
  • Sind Sie im Stande, auch nachgelagerte Prozesse in der Nutzungsphase oder die Wieder- und Weiterverwendung effizient zu gestalten und zu steuern?
  • Möchten Sie digitale PLM-Lösungen konzipieren, entwickeln und betreiben, die über den aktuellen Stand der Technik hinausgehen?






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