Ausblick in die Automation 2020: Durch die Ablösung der klassischen Automatisierungspyramide durch dezentrale, virtualisierte Strukturen ergeben sich neue Anforderungen an die Netzwerktechnik. Aufgrund der steigenden Bedeutung unternehmensübergreifender Prozesse sowie zunehmender Echtzeit-Datenmengen auf dem Shop Floor steht zu erwarten, dass Ethernet-Technologie langfristig den Felbus ablöst. Derzeit befinden sich Protokolle in Entwicklung, um diese Anforderungen in Echtzeit-Systemen abdecken zu können. Bild: Hirschmann Automation and Control GmbH

TSN-Standard für echtzeitfähige Netzwerke

Um bei kabelgebundenen Netzen die notwendige Echtzeitfähigkeit garantieren zu können, sollen die aktuellen Entwicklungen am Standard für ‚Time Sensitive Networks‘, kurz TSN, die unter dem Dach des IEEE Arbeitskreises 802.1 laufen, die Basis für die zukünftigen Feldnetze schaffen. TSN wird erstmals eine IEEE-standardkonforme Methode zur Verfügung stellen, mit der Real-Time-Kommunikation realisiert werden kann, die bis an die Grenzen des technisch machbaren geht. Die Kombination von zeitgesteuerter Übertragung oder ‚time aware scheduling‘, Unterbrechung von nieder priorisiertem Verkehr in Form von ‚Frame Preemption‘ zugunsten des Echtzeitverkehrs, sowie Cut-Through Switching ermöglicht kürzeste Laufzeiten, mit genau vorhersagbaren Obergrenzen.

Virtualisierung als Lösung für Back-End-Systeme

Endgeräte werden mit leistungsfähigen Low-Power-Multicore-Prozessoren ausgestattet werden, auf denen die Prozessdaten-Verarbeitung, die Kommunikationsprotokolle und die LAN- als auch WLAN-Schnittstelle auf einem System-on-Chip integriert sind. Durch die hohe Integration auf einem Baustein werden auch die Kosten für eine leistungsfähige Kommunikationsanbindung deutlich sinken. Die Back-End-Systeme, einschließlich der Steuerungsfunktionen, laufen verteilt in einem Serverpool. Die Server sind untereinander – wie heute schon in großen Rechenzentren – über Hochgeschwindigkeits-Netzwerke aus sogenannten Ethernet Fabrics verbunden, die geringste Laufzeit, optimale Performance und verlustfreie Übertragung sicherstellen. Die Technologie dazu wird unter anderem von IEEE802.1 in den ‚Data Center Bridging‘-Arbeitsgruppen beschrieben. Von den Server-Pools bestehen schnelle Datenverbindungen, die Verbindungen mit 10, 40 oder gar 100 Gigabit pro Sekunde ins Feld zur Verfügung stellen. Damit kommen Engpässe erst gar nicht auf. Zusätzlich können intelligente Verkehrssteuerungsmethoden dafür sorgen, dass die wichtigen Daten ohne Beeinflussung in der vorgegebenen Zeit an ihrem Ziel ankommen.

Automatisierung der Netzwerk-Steuerung

Sämtliche Kommunikationssysteme werden in diesem Szenario automatisch und kontinuierlich überwacht. Und aus der Anwendung heraus werden Regeln abgeleitet, wer mit wem und mit welchen Charakteristiken kommunizieren darf. Diese Regeln wiederum werden automatisch auf die Switches und Router ausgebracht, die damit den notwendigen Service-Level einstellen und garantieren können. Mit den gleichen Mechanismen lassen sich Datensicherheit und Zugriffsschutz sichergestellen, sodass Kommunikationsbeziehungen nur zwischen zugelassenen Teilnehmern stattfinden können. Darüber schließlich sitzt als übergreifende Kommunikationsplattform ein Weitverkehrsnetz, welches die einzelnen räumlich verteilten Standorte sowie die gesamte Zulieferkette einbindet. Zukünftige Internet-Erweiterungen, welche ebenfalls Service-Level Agreements ermöglichen können, werden auch weltweit die notwendige Echtzeitfähigkeit sicherstellen können, und können damit die Verfügbarkeit aller notwendigen Daten garantieren.

IT-Infrastruktur wird zum ‚Rückgrat‘ der Smart Factory

All dies setzt auf offenen Standards auf, denn nur so wird es gelingen, interoperable, durchgängige und auch bezahlbare Bausteine für die Industrie 4.0 zu erhalten. Das bedeutet aber andererseits auch, dass die Systeme, Anlagen und Komponenten angreifbarer und verwundbarer werden. Unabdingbare Voraussetzung ist daher die bestmögliche Einhaltung der Datensicherheit. Wenn es nicht gelingt, den Zugriffsschutz, die Robustheit gegenüber versehentlichen Fehlhandlungen oder böswilligen Angriffen in den Griff zu bekommen, wird Industrie 4.0 nicht funktionieren. Dazu werden verbesserte Methoden der IT-Securtity zwingend benötigt, um die Vertraulichkeit, Verfügbarkeit und Integrität der Daten zu gewährleisten. Authentifizierung, Verschlüsselung, Zugriffskontrolle und Erkennung von unzulässigen Aktionen müssen soweit verbessert werden, dass ein zuverlässiger Betrieb gewährleistet ist. Die Kommunikationsinfrastruktur stellt damit das Rückgrat aller Smart Factory-Konzepte dar. Deren zuverlässiges und sicheres Funktionieren wird so zur Voraussetzung für eine erfolgreiche Umsetzung der verschiedenen Industrie 4.0-Visionen. An vielen Stellen wird seitens der Anbieter noch erheblicher Aufwand notwendig sein, die entsprechenden Systeme zu definieren und zu entwickeln. Viele Aktivitäten, etwa in Bereichen wie Standardisierung oder Steuerungstechnik, laufen jedoch auch schon beziehungsweise können aus bereits existierenden Anwendungen in die Industrieszenarien übertragen werden.







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