IT-Infrastruktur im Shop-Floor

Freiräume schaffen mit Thin Clients

Die Verwirklichung der vierten industriellen Revolution braucht Geld und Personal. Beides ist seit der PC-Ära in großem Stil durch den IT-Arbeitsplatz gebunden. Mit Virtualisierung und Thin Clients lassen sich Freiräume in der Infrastruktur schaffen für Industrie 4.0-Projekte. Dabei können robuste und abgesicherte Clients so manche Aufgabe in der Werkhalle direkt mit erledigen.



In zentralisierten und virtualisierten IT-Umgebungen lässt sich die Integration und der Datenaustausch zwischen Produktions- und Unternehmens-IT oft sehr einfach einrichten – oft lohnt sich dabei der Einsatz von Thin Clients. Bild: Igel Technology GmbH

Einer der ersten Mitarbeiter von Sun Microsystems, John Cage, sagte einst: „Das Netzwerk ist der Computer“. Rund 20 Jahre später stellt niemand mehr die Bedeutung des World Wide Web in Frage. Nach der vorausgehenden Prozessautomatisierungswelle ist es Treiber der vierten industriellen Revolution – der lückenlosen Vernetzung der Produktion mit dem Internet der Dinge. Das Ziel: ein automatisches Ablaufgefüge, das eng mit dem ERP-System verzahnt ist und mit ‚intelligenten‘ Produkten eine bedarfsabhängige Fertigung mit kleinsten Losgrößen erlaubt. Um den gewünschten Wettbewerbsvorteil zu erlangen, muss das IT-Gefüge aus Produktions- und Business-Anwendungen möglichst pausenlos im Einsatz sein. Um die Verfügbarkeit der Systeme zu erhöhen, lassen sich wartungsanfällige PCs in vielen Fällen durch robustere Thin und Zero Clients ersetzen, die sich zudem aus der Ferne administrieren lassen. Die Geräte eignen sich aufgrund ihres lüfterlosen Designs mit langlebigen Industriekomponenten für den Dauereinsatz in Produktion und Lager, zum Beispiel im Dreischichtbetrieb an Leitständen oder als Terminal zur Betriebs- und Maschinendatenerfassung.

Alternativen zum PC und Industrie-PC

Abseits von IP-Schutzklassen kann die Standard-Hardware von Thin und Zero Clients mit ihrer hohen Widerstandsfähigkeit gegen Staub und Aerosole viele Industrie-PCs ersetzen, die häufig kostspieliger sind. Am Markt sind aber auch ‚rugetized‘ Thin Client-Lösungen mit IPC-Hardware erhältlich, beispielsweise von Dlog oder Forsis, die auf dem schlanken und abgesicherten Thin Client-Betriebssystem Igel Linux aufsetzen, das sich über enthaltene Remote-Managementlösung standortübergreifend fernadministrieren lässt. Das Betriebssystem kann zudem gegen Manipulation und unbefugten Datenzugriff schützen. Einerseits weil die Thin Clients keine Anwendungs- oder Nutzerdaten im Gerät speichern, andererseits, weil die Kommunikation mit dem zentralen Serversystem nur schwer auszuwertende Steuerungscodes beinhaltet und dem Anwender das Geräte-Setup verschlossen bleibt.

Betriebliche Kontinuität sichern

Industrie 4.0 erfordert IT-Konzepte, die aus technischer Sicht die Kontrolle über die verteilten Anlagen jederzeit sicherstellen. Zentralisierte IT-Infrastrukturen mit Thin Clients schaffen gute Voraussetzungen, um die vernetzten Infrastrukturen und Anlagen gegen Hackerattacken zu schützen. Die geschäftskritischen Daten bleiben im hochverfügbaren Rechenzentrum, wo sie konzentriert und professionell gesichert werden. International tätige Unternehmen können vertrauliche Daten wie Konstruktionspläne, Stücklisten oder Rezepturen so einfacher gegen Spionage schützen. Durch den Einsatz von Thin Clients steigt auch oft die Verfügbarkeit der Arbeitsplatz-IT selbst. Denn in Kombination mit einem zentralen Managementsystem, das die Konfigurationsprofile der Endgeräte vorhält, lassen sich die Geräte bei Bedarf in wenigen Minuten ersetzen. Die Neukonfiguration erfolgt nach dem Netzwerkanschluss automatisch.

Anforderungen an die Unternehmens-IT

Der Aufbau eines sogenannten ‚Cyber-Physical Systems‘, in dem ERP- und IT-Systeme lückenlos Daten mit Maschinen und Anlagen in Echtzeit austauschen, setzt nicht nur eine hohe IT-Verfügbarkeit und -Sicherheit voraus, sondern auch die nötigen personellen Ressourcen. Während die Produktions-IT traditionell eher zentral aufgebaut und gut abgesichert ist, muss die Unternehmens-IT in Sachen Verfügbarkeit und Effizienz häufig noch nachziehen. Dies gelingt mit einem Schwenk vom dezentralen Client-Server-Prinzip der 1980er Jahre auf eine zentrale und virtuelle IT-Infrastruktur, so genannten Privat Clouds, die typischerweise mit Lösungen von Citrix, VMware und Microsoft realisiert werden.

Zentralisierung und Virtualisierung

In zentralisierten und virtualisierten IT-Umgebungen lässt sich die Integration und der Datenaustausch zwischen Produktions- und Unternehmens-IT meist deutlich einfacher bewerkstelligen – auch im Hinblick auf Datenstandards und Big Data-Analysen. Charakteristisch für den virtuellen Workspace ist, dass er ohne wartungsintensive Fat Clients auskommt. Das gilt für das klassische Server Based Computing, per virtueller Desktop Infrastruktur (VDI) und bei Bezug von Cloud Computing-Dienstleistungen von einem externen Dienstleister gleichermaßen. Eine Studie des Borderstep Instituts belegt die wachsende Bedeutung von Thin Clients für die Industrie: Demnach ist die Zahl betrieblich genutzter PCs im Jahr 2014 leicht zurückgegangen, wohingegen die Menge der Thin Clients im Feld um mehr als 25 Prozent auf 2,9 Millionen Geräte zugenommen hat. Mit eingeschlossen sind dabei auch Zero Clients, also für VDI-Umgebungen optimierte Thin Clients. Zusätzlich waren 2014 in deutschen Unternehmen etwa 300.000 Software Thin Clients im Einsatz – das sind entweder Industrie-PCs mit Thin Client-Betriebssystem oder bestehende PCs, die entsprechend in einen Thin Client umfunktioniert wurden. Das können auch ältere Geräte sein, deren Hardware-Ausstattung in der Regel noch spielend für einen Thin Client ausreicht.

Geräteausfall ohne Schrecken

Auch der unvermittelte Ausfall von Systemen kann in Thin Client-Umgebungen ohne größere Probleme verlaufen. Datenverluste spielen so gut wie keine Rolle. So lassen sich Notebooks, Standard- oder Industrie-PCs, die als Software-Thin Client mit einer leistungsfähigen Managementsoftware betrieben werden, gefahrlos ‚totfahren‘. Fällt die Hardware aus, wird sie durch einen energieeffizienteren physischen Thin Client ersetzt, der nach automatischer Konfiguration anhand des auf dem Server hinterlegten Einstellungsprofils sofort einsatzbereit ist.