IoT-Demeonstrator in der Textilindustrie

Vom Signal zum Servicefall

Mit dem IoT-Demonstrator von Kontron auf der Basis von Intel-Technologie konnten zahlreiche Prozesse des Vor-Ort-Service in der Textilindustrie verbessert werden. Daten aus dem Internet der Dinge erlauben es den Verantwortlichen, die Produktionsanlagen besser zu kontrollieren und Änderungen an ihnen schneller umzusetzen. Der Demonstrator soll sich in viele andere Branchen adaptieren lassen.



Bild: Intel Corporation

Erst tatsächlich umgesetzte und greifbare Anwendungen geben dem Internet der Dinge ein Gesicht. Seit die technischen Komponenten für das IoT zu vertretbaren Preisen verfügbar sind, generieren immer mehr Firmen damit einen praktischen Nutzen, der vorher so nicht möglich war. Dass ein Sensor Daten übermittelt, ist zwar nicht erst seit dem Internet der Dinge so. Allerdings hat sich durch IoT das Übertragungsformat verändert. Statt RS-485 oder eines potenzialfreien Kontakts wird nun eine Netzwerkschnittstelle oder Profibus verwendet. Allein daraus entsteht aber noch kein Mehrwert. Der Vorteil einer IoT-Installation liegt darin, diese Daten einfach und sicher an übergelagerte Instanzen weitergeben und verarbeiten zu können. Dazu zählen die Gateways, die Sensordaten lokal aufbereiten und für die Cloud in andere Datenformate umwandeln können. Durch Gateways wird die Filterung und effektive Kommunikation von Informationen in die Cloud möglich. Dort lässt sich dann über die Verknüpfung mit zusätzlichen Plattformen und Informationen Nutzen erzeugen.

Abgesicherte Basis für das IoT

Die von Kontron entwickelte IoT-Demo-Anwendung spannt den Bogen vom Sensor in der Maschine bis hin zum Flottenmanagement und der Ressourcenplanung der Servicetechniker. Der Systemnutzen besteht in kürzeren Stillstandzeiten, die wiederum zu einem geringeren Produktionsausfall sowie reduzierten Service-Kosten führen sollen. Technisch bringt das IoT-System mehr Kontrolle und Übersicht über die Verfügbarkeit der Produktionsanlage. Die Anwendung ist mit dem Intel IoT-Gateway auf Basis der Intel Atom E3800-Produktfamilie ausgestattet. Zudem beinhaltet die IoT-Anwendung weitere Technologien des Chipherstellers wie die Wind River Intelligent Device Platform XT 2.0 sowie McAfee Embedded Control. Das alles lässt sich bei der Hardware- und Softwareentwicklung zusammenstellen und implementieren.

Auch die Sicherheit kann früh im System verankert werden. Die im IoT-Gateway integrierten Sicherheitsmechanismen bieten Schutz vor Angriffen auf dem gesamten Kommunikationsweg der Daten. Im Anwendungsszenario in der Textilindustrie ist ein Webstuhl mit IT-Technologie ausgestattet. Dieser automatisierte Webstuhl erzeugt große Stoffbahnen. Reißt nun eine dieser Bahnen ab, tritt ein Servicefall ein. Typische Ursachen dafür sind Fremdkörper im Websystem oder ein Fehler bei der Fadenzuführung. Mit der IoT-Demoanwendung kann schnell und mit geringem Serviceaufwand auf den Produktionsstopp reagiert werden. Dazu wurde der Webstuhl mit dem Gateway KBox A-201 verbunden. Das Gerät kann Daten von vielen Quellen mit unterschiedlichen Formaten entgegennehmen und nach flexiblen Regeln behandeln. Das Ergebnis sind normalisierte, aggregierte Informationen, die durch IT-Systeme weiter verarbeitet werden können.

Schnittstellen-support und Sicherheit

Das Gateway verfügt dafür neben Ethernet- und USB-Anschlüssen auch über RS-232 und RS-485-Schnittstellen sowie optionale Canbus- und Profibus-Interfaces. Falls das System drahtlos mit den übergeordneten Instanzen im Rechenzentrum oder in der Cloud kommunizieren soll, sind WLAN, LTE und 3G als Funkschnittstellen möglich. Aber auch zum lokalen Speichern von Daten ist die Einheit geeignet. Hierfür können Anwendungen auf eine SSD mit 64 Gigabyte Speicher zurückgreifen. Für die Sicherheit ist ein Trusted Platform Module (TPM) zuständig. Es nutzt die dort hinterlegten, manipulationssicheren Schlüssel, um ein abgesichertes ‚Web of Trust‘ aufzubauen. Der Start des Systems durch das BIOS wird über Zertifikate geschützt.

Jede folgende Systemebene bezieht sich bei ihren Authentisierungsmaßnahmen auf die tiefer liegende, bereits bestätigte Schicht. Sobald das Betriebssystem läuft, wird es durch McAfee Embedded Control geschützt. Diese Software erlaubt die Ausführung von nur einem autorisierten Programmcode, der in einer unveränderbaren Whitelist gespeichert ist. Schadsoftware kann somit auf diesem Weg keine Kontrolle über das IoT-Gateway erlangen. Ihre Rohdaten erhält die Einheit sowohl direkt über die verschiedenen Industrieschnittstellen als auch von der Bedienungseinheit des Webstuhls. Dazu nutzt Kontron einen industrietauglichen Panel-PC mit Touch-Display als Human Machine Interface. Der PC bezieht seine Rechenleistung von einem Intel Atom-Prozessor und kommuniziert mit dem Gateway per Ethernet. Auf dem PC und dem Gateway läuft das Application Programming Interface (KEAPI) von Kontron, das die Kommunikation – auch beim Zugriff von entfernten Standorten aus – steuert. Sowohl das KEAPI und sein für den Remote-Zugriff verantwortlicher Bestandteil KRS verfügen über integrierte Sicherheitsmechanismen.



Reißt bei einem Webstuhl in der Textilindustrie die Stoffbahn, kostet jede Minute bis zum Serviceeinsatz Geld. Mit der IoT-Anwendung von Kontron löst eine Lichtschranke im Falle eines Risses Aktivitäten aus – bis hin zur Terminplanung des Technikers.
Bild: Intel Corporation

Rechenleistung und Business-Logik aus der Cloud

Vom Gateway aus stehen die gesammelten und vorverarbeiteten Daten in einem einfach zu lesenden und zu verarbeitenden Format zur Verfügung. In der Demo-Anwendung setzen die beiden Projektpartner auf die Salesforce1-Plattform, um die Daten in einen Business-Kontext zu bringen. Salesforce1 ist eine Cloud-Plattform, mit der sich Apps entwickeln lassen. Der Nutzen für die IoT-Anwendung bestand in der Entwicklungsdauer und der Integration der Business-Daten, die für die Auswertungen benötigt werden. So stehen die Service-Zeiten der Vor-Ort Techniker ebenso in der Umgebung bereit wie die Standorte der Webstühle und deren Performance- und Verfügbarkeitsdaten. Im Ergebnis lassen sich mit dem IoT-System Stillstandzeiten nach einem Stoffbahnabriss äußerst kurz halten. In einem solchen Fall liefen die Sensoren und der Panel-PC die Informationen an das IoT-Gateway. Von dort wird die Meldung an die Cloud geschickt und von der Salesforce1-Plattform entgegengenommen.

Damit die Verbindung nicht abgehört oder manipuliert werden kann, nutzt das Gateway Secure Socket Layer (SSL) als Verschlüsselungstechnik. Die Business-Plattform erzeugt ein Ticket und zeigt dem Operations-Manager auf einer Karte den defekten Webstuhl an. Auf der gleichen Karte werden aktuelle Standorte von Servicetechnikern mit ihren gebuchten Tagesplänen eingeblendet. Wenn ein Servicetechniker Zeit hat, das Problem zu lösen, erhält er per Mail oder SMS eine Nachricht, einschließlich Standortdaten und Fehlerbeschreibung. Der Vorgang ist automatisiert, was menschliche Fehlerquellen, Irrtümer und Versäumnisse reduziert und die Bearbeitung beschleunigt. Und so mag das Signal für eine abgerissene Stoffbahn zwar von einer simplen Lichtschranke kommen, trotzdem sorgt es für Mails, SMS-Nachrichten und einen bestückten Terminkalender eines Servicetechnikers.