In Anlagen OPC UA nachrüsten

Positive Erfahrungen

Mit der OPC-Technologie steht in der vernetzten Automatisierungswelt seit nunmehr 20 Jahren ein herstellerübergreifender Datenaustausch-Standard zur Verfügung, den es im Bereich der Feldebene noch nicht gibt. Der schon seit Längerem verfügbare Technologieschritt OPC UA wurde erfolgreich bei der Modernisierung einer vorhandenen Anlage genutzt, wie das Beispiel der Kläranlage Braunsbedra zeigt. Der Anwender profitiert nun von den neuen Funktionen, wie den Security-Eigenschaften der UA-Technologie oder den Redundanzmechanismen in der Infrastruktur. Das funktioniert natürlich auch mit Industrieanlagen.



Bild: Phoenix Contact Electronics GmbH

Weltweit arbeiten hunderttausende Applikationen, die in allen industriellen Branchen betrieben werden, auf Basis von OPC. Für den OPC-Technologieschritt OPC UA (Unified Architecture) werden seit etwa acht Jahren Produkte verschiedener Hersteller auf dem Markt angeboten. Anwender rüsten dabei nicht nur neue Lösungen mit OPC UA aus, sondern stellen ebenfalls bestehende Anlagen entsprechend um. Dies, weil die OPC-UA-Technologie zahlreiche neue Eigenschaften unterstützt, welche die Vernetzungs- und Bedienkonzepte vereinfachen können.

Security im Fokus

Die Vorteile der UA-Technologie erweisen sich als vielfältig. So sind alle funktionalen Eigenschaften des klassischen OPC in den neuen Standard überführt worden. Daher lassen sich existierende Anlagen unproblematisch auf OPC UA migrieren. Trotzdem unterscheidet sich die aktuelle Technologie-Version erheblich von ihren Vorgängern. Die UA-Technologie ist beispielsweise nicht mehr an das DCOM-System von Microsoft gebunden; sie nutzt jetzt Webservices oder eine eigene binäre Übertragungsschicht. Vor diesem Hintergrund haben andere Betriebssysteme aus der Embedded-Welt sowie insbesondere das in der MES-/ERP-Umgebung häufig eingesetzte Linux OPC UA schnell für sich entdeckt. Neu ist auch die Skalierbarkeit, indem über Profile Funktionsumfänge von einem Server mit Vollausstattung bis zur Embedded-Integration definiert werden. Die OPC-Spezifikation legt ferner großes Augenmerk auf die Security-Eigenschaften. Denn wandert ein OPC-Server tiefer in die Feldebene oder findet die Kommunikation zwischen Automatisierungsinsel und MES-Welt statt, muss die Zugriffssicherheit zwingend beachtet werden. OPC UA teilt die Security hier auf die Anwendungs-, Kommunikations- und Transportschicht auf. Die Anwendungsschicht verwaltet ebenfalls die Benutzer-Authentisierung und -Autorisierung. Aufgrund der Ablösung von DCOM vereinfacht sich der Datenaustausch über Firewall-Grenzen hinweg deutlich, da feste TCP/IP-Ports verwendet werden. Dedizierte Discovery-Ports und Dienste ermöglichen das Browsen und Auffinden von Servern.

Adressmodell umgestellt

Neben den hauptsächlich auf die Kommunikationsschicht zielenden Verbesserungen wurde das Adressierungsmodell komplett umgestellt. Entstanden ist ein objektorientierter, verlinkter Adressraum mit Knoten und Referenzen für die Instanzen und ihre Typbeschreibungen. Zudem sind die Basisobjekttypen mit ihren Attributen und Interfaces standardisiert worden. Sämtliche Informationen werden in Namensräumen oder zusätzlichen Views zusammengefasst, sodass sich für den Anwender mehrere Sichten auf eine Anlage mit unterschiedlichen Security-Eigenschaften einfach modellieren lassen. Der objektorientierte Namensraum vereint darüber hinaus alle aus der alten OPC-Classic-Welt bekannten Funktionen wie historische Daten, Alarme, komplexe Datentypen sowie Methoden und Programm-Objekte – mit einem vereinheitlichten Umfang an Diensten. Ein sogenanntes OPC Tag aus der Classic-Welt wird somit zu einem OPC-UA-Objekt. Damit sich dieses flexible Objektmodell als Standard durchsetzen kann, mussten Beschreibungen auf Basis von Collaboration-Profilen umgesetzt werden. Die Profile geben vor, wie bestimmte Gerätetypen, Netzwerke oder branchenspezifische Objekt-Definitionen auf UA darzustellen sind. Erst mit den Profilen sind die Interoperabilität sowie eine gute Wiedererkennung durch den Anwender sichergestellt. Als Beispiel sei das PLCopen-Profil für OPC UA angeführt, das Variablen, Bausteine als Process Object Unit (POU) oder instanziierte Funktion, User-definierte Datentypen sowie die Ressourcen und Task-Definitionen einer in IEC61131 programmierten SPS unter UA abbildet.

Reduzierter Aufwand

Bei der Modernisierung einer vorhandenen Kläranlage in der rund 35 Kilometer westlich von Leipzig gelegenen Stadt Braunsbedra ist die OPC-UA-Technologie zum Einsatz gekommen. Die Anlage besteht aus dem zentralen Klärwerk sowie aktuell zehn dezentralen automatisierten Außenbauwerken. Neben OPC UA nutzt die Automationslösung Profinet als Feldbussystem sowie Web-basierte Bedienkonzepte. Der Ansatz zielt darauf ab, dass sich die Kläranlage in den nächsten Jahren ebenfalls einfach erweitern lässt. Im Zuge des Umbaus ist die Netzwerk-Infrastruktur außerdem um Redundanz-Mechanismen ausgebaut worden. Ergänzend zur kabelgebundenen Datenübertragung verwendet der Betreiber den Funkstandard Bluetooth als Kommunikationsstrecke zu bewegten Teilnehmern, wie der Räumerbrücke. Als Steuerungsplattform haben die Verantwortlichen die Produktfamilie Axiocontrol gewählt – und zwar sowohl die Kleinsteuerung AXC 1050 als auch den leistungsfähigeren Controller AXC 3050.

Beide Steuerungen werden in der Engineering-Umgebung PC Worx programmiert. Ihre Integration in die Leit- und Bedienebene erfolgt durch den PC Worx UA Server mit der auf der Web-Technologie aufgesetzten Visualisierung Atvise. Waterworx, die herstellerübergreifende Programm-Bibliothek von Phoenix Contact für die Prozessautomation im Bereich Wasser/Abwasser, setzt sich aus einer übersichtlichen Anzahl an funktionsorientierten Bausteinen zusammen, die einfache Hilfsfunktionen für die Regelungstechnik und eine korrespondierende HMI-Objektbibliothek von Videc für das Atvise-System umfassen. Durch die abgestimmten Bibliotheken reduziert sich der Engineering-Aufwand des Klärwerks-Betreibers erheblich. Mit Acron und AIP setzen die Verantwortlichen in Braunsbedra zwei weitere Software-Werkzeuge von Videc ein, die der Analyse und Langzeitspeicherung der erfassten Daten dienen. Das komplette Lösungskonzept basiert auf der Kompetenzplattform Aqua Automation, der neben Phoenix Contact ebenso Videc angehört.



Die OPC-UA-Spezifikation basiert auf Basisdiensten, allgemeinen Objektmodellen und darauf aufbauend Collaborationprofilen. Neben den spezifizierten Namensräumen können auch eigene Abbildungen hinzugefügt werden. Bild: Phoenix Contact Electronics GmbH


Bis zu 50.000 aktive Objekte

In der volllizensierten Variante kann der in Braunsbedra verwendete PC Worx UA Server bis zu 50.000 aktive Objekte an ein Visualisierungs- oder Produktionsleitsystem weitergeben – und das gleichzeitig sowie auf maximal 200 Steuerungen verteilt. Bei einem Objekt handelt es sich entweder um eine Variable oder ein komplettes Array. Da die Kläranlagen-Applikation elf Steuerungen sowie 2.000 aktive Variablen beinhaltet, wird das Leistungsspektrum des PC Worx UA Servers lediglich zu einem geringen Maß genutzt. Der zum Server gehörende Konfigurator erlaubt nicht nur eine anwenderfreundliche Verwaltung der sogenannten Datenquellen (Steuerungen), sondern unterstützt auch bei der Zertifikats-Verwaltung für die Security-Eigenschaften. Des Weiteren werden viele interne Diagnose-Status der Steuerungen, der aktiven Kommunikationsverbindungen zur Steuerung, der Server-Status sowie zu den UA-Client-Verbindungen im UA-Server-Namensraum veröffentlicht und im Konfigurator von PC Worx UA anwenderfreundlich visualisiert. Dieser stellt dabei einen OPC-UA-Client dar. So lässt sich mit entsprechenden Sicherheitseinstellungen zudem eine Ferndiagnose des Servers einfach einrichten. Der Betreiber der Kläranlage Braunsbedra hat durchweg positive Erfahrungen mit der OPC-UA-Technologie gemacht. Der Server, die Clients und die Datenübertragung laufen stabil, was die detaillierten Diagnosefunktionen im PX Worx UA Server anschaulich unterstreichen. Zugriffssicherheit ist nun ebenfalls für Nicht-DCOM-Spezialisten handhabbar geworden. Daher werden alle zukünftigen Erweiterungen auf der herstellerübergreifenden Kompetenzplattform Aqua Automation mit der integrierten Baustein-Bibliothek Waterworx und natürlich auf OPC UA aufsetzen.

Weitere Funktionen

Der PC Worx UA Server hat in seiner ersten Ausbaustufe gezeigt, dass er mit zahlreichen Steuerungen zuverlässig Daten austauschen kann. Im nächsten Release-Schritt wird er auf redundante Steuerungen sowie Microsoft-Server-Betriebssysteme erweitert. Zusätzlich zu den reinen Datenobjekten gemäß PLCopen-Profil wird an der Integration der Objekttypen ‘Methode’, ‘Historical Access (HA)’ sowie ‘Alarm & Conditions (AC)’ gearbeitet. Eine Variante des Servers als integraler Bestandteil einer Steuerung ist ebenfalls in der Entwicklung.