Hochkomplexe Auftragsnetze synchronisieren

Produzieren ohne Liegezeiten

Bei Maschinen- und Anlagenbauern sind Änderungen durch den Kunden bis kurz vor Lieferung üblich. Der Preis dieser Flexibilität sind hohe Durchlaufzeiten und schwierige Steuerungsprozesse. Mit der um Module zur adaptiven Fertigungssteuerung erweiterten ERP-Suite Psipenta gelingt es der Hosokawa Alpine AG seit einiger Zeit, ihre Abläufe bei der Herstellung von Mahl- und Sichtanlagen zeitnah und automatisiert auf Veränderungen einzustellen. Das Ergebnis sind deutlich reduzierte Warte- und Liegezeiten sowie eine hohe Liefertreue.



Bearbeitungszentren in der mechanischen Fertigung bei der Hosokawa Alpine AG.
Bild: Hosokawa Alpine AG

Als die Aufträge für den Hersteller von Maschinen und Turnkey-Systemen zur Aufbereitung von Pulvern, Granulaten und Schüttgütern Anfang des neuen Jahrtausends anstiegen, stießen die Fertigungsplaner der Hosokawa Alpine AG immer häufiger an ihre Grenzen. „Je weiter der Planungsprozess in der Ferne lag, desto schwieriger war es für unsere Planer, sich einen Überblick in unserem Auftragsnetz zu verschaffen“, sagt Reinhard Wagner, stellvertretender Fertigungsleiter bei Hosokawa Alpine. Ein Blick in die Hallen des Unternehmens macht deutlich, worin die Herausforderungen lagen: in der Koordination aller Prozesse bis zur Montage. Denn der Spezialist für Pulvermahlanlagen, der feine Pulver für die Pharma-, Food- und Chemieindustrie und die mineralische Grundstoffindustrie mahlt, produziert einen Großteil der Komponenten in seinen Hallen selbst.

Reinhard Wagner erklärt: „Die selbst gefertigten Teile gilt es rechtzeitig herzustellen und die Einkaufsteile sind zielgenau in den Prozess einzusteuern und so durch die einzelnen Werkstätten zu navigieren, dass alles zum großen Finale in der Montage bereit steht“. Dass die Koordination der einzelnen Arbeitsschritte sowie die zeitliche Abstimmung aller Prozesse auf den Montagetermin nicht trivial ist, bestätigt Thomas Makkos, Informatiker in der Datenverarbeitung bei Hosokawa Alpine: „Die Synchronisation der Fertigungs- und Einkaufsabläufe war auch deshalb so kniffelig, weil es unser Anspruch ist, flexibel auf die einzelnen Wünsche unserer Kunden einzugehen.“ Bei der Hosokawa Alpine AG sind Änderungen durch den Kunden bis kurz vor dem Liefertermin an der Tagesordnung.

Anteil Durchlaufzeit: 90 Prozent

Dass ein Auftrag vorgezogen werden muss, ein Zukaufteil nicht rechtzeitig ankommt oder betriebsbedingte Störungen wie etwa der Ausfall einer Maschine auftreten, sind nicht nur Probleme von Sondermaschinen- und Anlagenbauern. Mit ihrer Werkstattfertigung sind sie auf solche Situationen aber besser eingestellt als Serienfertiger, da sie wesentlich flexibler auf Störungen reagieren können. Der Typus der Werkstattfertigung hat aber den Nachteil, dass zwischen den eigentlichen Bearbeitungsschritten ’sehr viel Luft‘ ist.

Thomas Makkos weiß, welche Auswirkungen das auf die Durchlaufzeiten im Betrieb hat: „Im Schnitt liegt die Bearbeitungszeit eines Teils bei gerade zehn Prozent; 90 Prozent seiner Zeit verbringt es praktisch in Wartestellung.“ Bevor der Augsburger Spezialist für Verfahrenstechnik und Folienextrusions-Anlagen sich für eine adaptive Steuerungslösung entschied, rechnete er für jeden Wechsel von einem Bereich in den anderen mit drei Tagen Übergangszeit. Diese langen Wartezeiten, die sich bei der Planung eines Auftrags im ERP-System von Arbeitsstation zu Arbeitsstation addieren, führten regelmäßig dazu, dass der errechnete Fertigungsstart in der Vergangenheit lag. Anschließend wurde der Verzug im Laufe des Herstellungsprozesses wieder ‚irgendwie‘ aufgeholt, um den Liefertermin zu halten.

 

Über Hosokawa Alpine in Augsburg




Bild: Hosokawa Alpine AG

Die Hosokawa Alpine mit Hauptsitz in Augsburg ist ein weltweit agierendes Traditionsunternehmen, das im klassischen Maschinenbau und der Verfahrens-technik tätig ist. Das Unternehmen geht auf den Eisendreher Otto Holzhäuer zurück, der 1898 vor den Toren der Stadt Augsburg ein Grundstück erwarb und dort ein Wohnhaus, ein Fabrikgebäude mit Comptoir und einem Hofraum errichtete.

Schon zu Beginn wurden Mühlen und Brecher hergestellt und in die ganze Welt verkauft. Heute beschäftigt das Unternehmen rund 1.500 Mitarbeiter und fertigt am gleichen Standort auf über 55.000 Quadratmetern Mahl- und Sichtanlagen zur Herstellung feiner Pulver für die mineralische Grundstoffindustrie, die Pharma-, Food- sowie Chemie-Industrie und für Recyclingprozesse. Ein zweiter Geschäftsbereich ist die Herstellung von Folienextrusionsanlagen, mit denen dünne mehrschichtige Kunststofffolien produziert werden.