Ein Lieferant von Elektronikprodukten muss heutzutage der Anforderung begegnen, seine Kapazitäten möglichst flexibel einzusetzen. Dieser Situation sah sich auch das Unternehmen IC-Haus gegenüber. Die zunehmende Flexibilisierung der Kapazitäten brachte allerdings hohen Planungsaufwand und komplexe Prozessketten mit sich, die sich erst durch softwaregestützte Planung beherrschen lassen.
Bild: IC-Haus
Das Erfüllen kurzer, konstanter Lieferzeiten bei einem breiten, technisch anspruchsvollen Artikelspektrum mit hohen Anforderungen an die Termintreue gehört für IC-Haus zur täglichen Herausforderung. Das mittelständische Unternehmen stellt sich dabei dem in der Elektronikbranche typisch hohen Wettbewerbsdruck und besonderen Anforderungen aus teilweise strategischen Kundenbeziehungen. Aus diesem Grund wurden bereits in der Vergangenheit Kapazitäten stark flexibilisiert, um den Forderungen nach kurzen Lieferzeiten gerecht zu werden. Dies resultierte in hohem Planungsaufwand in einer komplexen Prozesskette, da neben Lieferterminen auch die hohe Flexibilität der Ressourcen kosteneffizient zu planen ist.
Maschinen- und Personalauslastung blieb außen vor
Die Terminierung im hauseigenen Enterprise-Resource-Planning-System (ERP) wurde vondem Elektronik-Hersteller als unzureichend empfunden: Zu gravierend waren die Schwächen der klassischen Terminierung mit Übergangszeiten. Bereits bei der Einplanung wurde die Auslastung der Mitarbeiter und Maschinen ausgeblendet und die Aufträge ohne Berücksichtigung der Gegebenheiten eingeplant. Mögliche Optimierungen hinsichtlich der Belastungsglättung in Überlastsituationen rücken unter diesem Gesichtspunkt in weite Ferne.
Ebenfalls nicht zufriedenstellend zeigte sich die Terminierungslogik für Eilaufträge, nach der auch die Vergangenheit noch freie Kapazität zur Verfügung stellt. Die viel zu genaue Modellierung der Planung in Anbetracht der zahlreichen genannten Unzulänglichkeiten und die aufwändige Umplanung von bereits freigegebenen Aufträgen erforderten von iC-Haus, zeitaufwendige planerische Maßnahmen zu ergreifen. Dies führte darüber hinaus zu erheblichen Akzeptanzproblemen der Planung bei den Mitarbeitern in der Produktion. Nur allzu oft stimmten die Planungsergebnisse nicht mit der Realität auf dem Shopfloor überein – etwa, weil eine Planung bereits veraltet war, als die Mitarbeiter sie zu Gesicht bekamen oder weil sie nur aufzeigte, was schon vor fünf Tagen hätte begonnen werden müssen.
IC-Haus erkannte die Erfordernis einer Planung, die die Bedürfnisse nach kurzen, konstanten Durchlaufzeiten und einer hohen Termintreue bei einem geringen Planungsaufwand abdeckte. Sie wurden in der taktorientierten Planung mit dem ‚3Liter-PPS‘ fündig. Die Kapazitätsplanung mit automatischer Belastungsglättung in Takten schien in der Lage, sowohl die vielen Ressourcenkapazitäten adäquat planen als auch die vielfältigen Störungen abfangen zu können. Die strikte Trennung zwischen zentraler Grobplanung durch die Planung und dezentraler Feinplanung durch die Mitarbeiter entsprach den Anforderungen des Herstellers nach hoher Autonomie und Flexibilität der hoch qualifizierten Mitarbeiter.
Auf der Planungstafel der Produktionssoftware lassen sich eingelastete Aufträge und die aktuelle Ressourcennutzung in der Werkhalle einsehen und disponieren. Bild: IC-Haus
Trennung von Grob- und Feinplanung
Während der zentrale Planer in erster Linie die Termine des gesamten Auftragsbestands im Blick hat und sich in dieser Rolle mit der Koordniation aller Aufträge beschäftigt, liegt der Fokus der Fachabteilungen vor allem auf der Optimierung der Maschinenbelegung. Durch die Bereitstellung eines kapazitätsgeprüften Arbeitsvorrats kommt es nicht zu Engpässen und die Verantwortlichen können sich vollkommen auf die wesentliche Arbeit der Produktionssteuerung konzentrieren. Der in der Grobplanung zugeordnete Arbeitsvorrat wird in den vorgegebenen Zeitrastern abgearbeitet. Die Dimensionierung dieser Zeitraster wurde bei der Konfiguration des Planungswerkzeugs auf Basis ausgewählter Optimierungskennzahlen durchgeführt.
Die durch den Einsatz des Produktionsplanungssystems (PPS) anfallenden Planungsdaten werden in der Folge ausgewertet und dienen als Grundlage für die Optimierung der Zeitraster, um bei angemessener Auslastung der Ressourcen gleichzeitig eine Verkürzung der Auftragsdurchlaufzeit zu erreichen. Die Abarbeitungsreihenfolge wird nicht von zentraler Stelle verordnet, sondern nach Gegebenheit aller Voraussetzungen lokal, an der jeweiligen dezentralen Stelle, festgelegt. Das hat den Nebeneffekt, dass die Planung durch Flexibilisierung robuster wird, die Anzahl der notwendigen Umplanungen verringert sich. Die damit einhergehende Verteilung der Planungsverantwortung stieß auf hohe Akzeptanz seitens der Mitarbeiter.
Von der Kapazitätsstelle zum Planspiel
Im ersten Schritt wurden die Kapazitätsstellen in dem neuen PPS getreu dem Motto ‚Lieber grob richtig, als genau falsch‘ zusammen mit den Mitarbeitern des Beratungshauses LF Consult angelegt. Ressourcen, die grob geplant werden konnten, wurden aggregiert, wenn sie beispielsweise geringe Auslastungen aufwiesen, keiner Reihenfolgeplanung bedurften oder Maschinen mit ähnlichen Eigenschaften vorlagen.
Andere Ressourcen, die eine genauere Planung erfordern, weil beispielsweise Anlagen und ihre zugehörigen Rüstsätze separat beplant werden mussten, wurden mit einem feinen Detaillierungsgrad abgebildet. So sollten die Ziele der kurzen Durchlaufzeiten, hoher Termintreue bei geringem Planungsaufwand erfüllt werden. Nach einer kurzen Validierungsphase konnte das Modell in Betrieb genommen werden.
Die Mitarbeiter in der Produktion wurden parallel zur softwaretechnischen Umsetzung mit dem ‚Produzieren im Takt‘-Planspiel (PIT) auf die neue Art der Planung eingestimmt. Durch die spielerische Gegenüberstellung verschiedener Planungsmethoden wurden die Vorteile der taktorientierten Produktion dargestellt; gleichzeitig wurden die Mitarbeiter für zukünftige Tätigkeiten im Rahmen der Planung geschult.
Taktorientierte Planung innerhalb von zwei Wochen
Zwei Wochen nach Einführung war die Planung auf die taktorientierte Planung umgestellt und lief fehlerfrei. Schon zweieinhalb Monate nach erfolgter Einführung schildert Tobias Heidenreich, Leiter des Produktionsmanagements, die Vorteile der IT-gestützten Planung: „Unsere Durchlaufzeiten sind nun komplett stabil, die Termintreue sehr gut. Der Bestand hat sich merklich reduziert und der Planungsaufwand ist mit bestem Gewissen vertretbar. Wir sind auf einem sehr guten Weg“.
Nach dieser kurzen Stabilisierungsphase setzte das Produktionsmanagement bereits auf die Optimierung der Planung. Verbesserte Abstimmung im Takt zur schnelleren Abarbeitung, Kennzahlenmonitoring zum Anstoßen des kontinuierlichen Verbesserungsprozesses und weitere ‚Tuning‘-Maßnahmen, zeigten kurz darauf erste Effekte. Bereits vier Monate nach Einführung der taktorientierten Planung lassen sich bei dem Unternehmen die erzielten Effekte nachweisen, die Produktionsabläufe weisen erhebliche Verbesserungen auf: Der Umlaufbestand konnte bei stressfreier Einhaltung der Termine um 15 Prozent reduziert werden. Die 30 zur Verfügung stehenden Ressourcen mit bis zu 120 Aufträgen pro Tag werden lediglich durch eine Person geplant und gesteuert.
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