Geschäftsdaten im Hauptspeicher verarbeiten
Losgröße 1 rückt näher
Die digitale Transformation lenkt viele betriebliche Informationsflüsse um. Mit der Business Suite SAP S/4Hana und der In-Memory-Plattform Hana will SAP seine Anwender beim Übergang in die digitale Welt unterstützen. Es geht um die Chance für Produzenten, Kundenwünsche individueller als je zuvor wirtschaftlich umzusetzen.
Die zunehmende Digitalisierung impliziert eine tiefgreifende Änderung der heutigen Industrielandschaft. Sie könnte Geschäftsmodelle und Wettbewerbslandschaften grundlegend verändern. Aus dem betriebswirtschaftlich-organisatorischen Blickwinkel erlaubt die Digitalisierung Fertigungsunternehmen, Antworten auf den wachsenden Kostendruck, die Wettbewerbsintensivität und Atomarisierung der Nachfrage zu entwickeln. In der Perspektive werden alle an einem Prozess beteiligten Elemente – Maschinen, Werkstücke, Produkte, Systeme und Menschen – in Echtzeit Informationen austauschen und sich autark organisieren. Das Schlagwort lautet Losgröße 1. Im Zuge der digitalen Transformation werden Serienfertiger perspektivisch zu Variantenfertigern – oder zu Einzelfertigern. Dahinter steht die Überzeugung, dass Flexibilität und hohe Variantenvielfalt im Zusammenspiel mit kurzen Lieferzeiten gerade in einem Hochlohnland wie der Bundesrepublik Deutschland zu den Erfolgsfaktoren produzierender Unternehmen zählen. Diese Veränderung könnte weitreichende Auswirkungen auf die Gestaltung der Unternehmens- und Produktionsprozesse haben.
Auf die unterstützenden Software-Systeme, insbesondere ERP-Anwendungen, kommen neue Anforderungen bei Informationsfluss und Integration zu, um neue Planungs- und Steuerungslogiken abzubilden. Eine Grundlage für diese Digitalisierung von Geschäftsprozessen stellt SAP mit der Unternehmensanwendung SAP S/4Hana zur Verfügung. Die auf der In-Memory-Plattform Hana basierende ERP-Generation ist auf die Transaktions- und Analyse-Verarbeitung gleichermaßen optimiert. Sie kann große Datenmengen in Echtzeit verarbeiten, um entscheidungsrelevante Informationen ohne Zeitverlust auszugeben. Der Thin[gk]athon, veranstaltet vom Smart Systems Hub, vereint kollaborative Intelligenz und Industrie-Expertise, um in einem dreitägigen Hackathon innovative Lösungsansätze für komplexe Fragestellungen zu generieren. ‣ weiterlesen
Innovationstreiber Thin[gk]athon: Kollaborative Intelligenz trifft auf Industrie-Expertise
ERP-Generation mit In-Memory-Technik
An einem Beispiel aus der Logistik lassen sich die technischen Möglichkeiten von Software und Plattform illustrieren: Werte- und Belegflüsse lassen sich mit dem Gepann deutlich schneller als zuvor gestalten. In der Hana-Datenbank werden alle Daten im Hauptspeicher (In-memory) verwaltet. In der Materialwirtschaft lässt sich die Zahl der, zum Teil für vorverdichtete Zwischen-Aggregate eingeführten, Tabellen signifikant zusammenstreichen. Die Software arbeitet jetzt nur noch mit drei Tabellen – je eine für Lagerort und Werksdaten sowie eine für den Materialbeleg. In den neuen Datenstrukturen werden Information nicht mehr redundant vorgehalten, was sich positiv auf die Systemperformance auswirkt. Gleichzeitig steigt die Transparenz und Datensicherheit, da keine Gefahr der Um- und Falschbuchung zwischen Aggregaten beziehungsweise Tabellenverschachtelungen existiert. Auch die inhärente Planungs-Architektur der ERP-Anwendung wurde im Gegensatz zu früheren Versionen vereinfacht. Das betrifft den Schulterschluss mit der eigenständigen Planungskomponente SAP APO (Advanced Planning and Optimization). Die Livecache-Komponente der Planungssoftware bot bereits eine frühe Form der In-Memory-Verarbeitung. Nun ist sie mit der Hana-Plattform verschmolzen. Mit MRP Live steht eine Planungsengine direkt im Kern der Businessanwendung zur Verfügung. Planungsläufe lassen sich damit in deutlich kürzeren Zyklen ausführen, die mehrstufige Kundeneinzelplanung wird obsolet.
Neben klassischen Planungskalkulationen unterstützt MRP Live außerdem die dedizierte Planung für ausgewählte Materialien an einem ausgewählten Standort und dem zugehörigen liefernden Produktionswerk. Die Kalkulation kann sich dabei auf die gesamte Lieferkette erstrecken – also die Komponenten in den Produktionsstätten miteinschließen. Eine Disponenten-bezogene Planung ist ebenfalls möglich. Mit PP-DS enthält die im Jahr 2015 vorgestellte ERP-Software außerdem die Produktions- und Feinplanungskomponente von SAP APO. Sie ist auf derselben Hana-Instanz installiert. Damit lassen sich Planaufträge synchron erstellen, ohne den MRP-Prozess im ERP zu unterbrechen. Die Prüfungen ATP – Available-to-Promise und CTP – Capable-to-Promise, um Liefertermine mit Blick auf Kapazität und Bestand zusagen zu können, sowie Produktionsprogramm- und Materialbedarfsplanung, laufen in einer Umgebung. Redundante Stammdatenhaltung und der aufwendige Datentransfer zwischen den Systemen entfallen.
Digitalisierung strategisch angehen
Sowohl die Hana-Plattform als auch die In-Memory-fähige Cloud-Plattform HCP sind darauf ausgelegt, multiple Daten- und Informationsquellen zu integrieren, zu verwalten und zu verarbeiten. Der Walldorfer Softwarehersteller ist gerade dabei, sein Portfolio an die Plattformen anzupassen. Das betrifft die Einbindung der erweiterten Lagerverwaltung und -steuerung (EWM) und das Transportmanagement (TM) mit dem Digital Core. Eine Hana-angepasste Variantenkonfiguration und eine Reihenfolgeplanung von Engpässen stehen gleichfalls auf der To-do-Liste der Entwicklung. Hana bildet auch die Basis zur Aufnahme und Analyse produktionsnaher Daten aus der Sensorik und der Maschinensteuerung, zum Management der Produktionsprozesse auf der Fertigungsebene und zur Integration der AutoID-Daten der Logistik.
Vertikale und horizontale Prozesse zusammenführen
Mit seiner Hana-Plattform stellt SAP ein technisches Fundament bereit, um kaufmännische, logistische und produktionsbezogene Aufgaben in einer Umgebung zusammenzuführen. Die Steuer- und Planungsprozesse lassen sich horizontal und vertikal verknüpfen und bidirektional mit Informationen in Echtzeit und auf einer einheitlicher Datenbasis versorgen. Eine automatische Mengenerfassung kann als Plausibilitätsprüfung bei der Rückmeldung von Gutmengen und Ausschuss dienen. Die rückgemeldeten Stückzahlen, auch von Halbstücken, fließen gemeinsam mit der automatisch ermittelten offenen Menge in die Berechnung der Restlaufzeit eines Auftrags ein. Die Planung der nachfolgenden Arbeitsschritte lässt sich so dynamisieren. Die Versorgung mit den Echtzeitdaten aus der Produktion erlaubt es der Kapazitätsplanung, kurzfristige Lieferterminzusagen zu geben. Komplexe Reihenfolgeplanungen könnten über vorgelagerte Simulationen auf aktualisierter Datenbasis jederzeit validiert werden. Sonderanfertigungen oder neue Aufträge von Top-Kunden könnten sich automatisiert in die Produktion einplanen lassen, ohne dass diese lange Planungs- und Rüstzeiten verursachen. Auch Maßnahmen der vorausblickenden Instandhaltung im Sinn von Predictive Maintenance können sich auf diese Weise in die Fertigungsplanung einsteuern lassen.
Die Erwartungen an ERP-Systeme
Aus der Prozesssicht ist bei der Umstellung der SAP-Lösungen auf die Hana-Plattform noch einiges zu tun. Dennoch liefert die junge Suite einen Einblick in das, was Fertigungsunternehmen künftig von ihren ERP-Suites erwarten sollten. Das Ziel vollständig vernetzter und schlanker Produktionsprozesse rückt näher. Mit den kommenden Releases und Feature Pack Stacks von SAP S/4Hana sollen die Anwendungen laufend optimiert werden.