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Frühwarnsystem für Maschinenausfälle

Drahtlose Sensornetzwerke zum Condition Monitoring

Der deutsche Maschinenbau ist weltweit so erfolgreich, weil sich Maschinen und Anlagen 'made in Germany' durch hohe Zuverlässigkeit auszeichnen. Dieser Wettbewerbsvorteil lässt sich weiter ausbauen, indem man drahtlose Netzwerke aus vielen Funksensorknoten als kostengünstige Form der Zustandsüberwachung verwendet. Durch die frühzeitige Erkennung von Störungen kann man Maschinenausfälle mit entsprechenden Stillstandkosten bereits im Vorfeld verhindern.

Der Einbau von Sensornetzwerken in komplexe Maschinen und Anlagen bietet die Grundlage für fortgeschrittene Konzepte der Zustandsüberwachung. Kabellose Lösungen für die Maschinendiagnose in Form miniaturisierter Funksensorknoten mit autarker Energieversorgungseinheit ermöglichen es, mehr Messdaten an den einzelnen Sensoren zu erfassen und gleichzeitig den Installationsaufwand zu reduzieren.
Bild: Fraunhofer IZM

Systeme zum Condition Monitoring sollen im Idealfall Störungen erkennen, bevor es zum Maschinenstillstand kommt. Bisher wurde solche Sensorik aus Kostengründen lediglich bei sehr hochwertigen Antrieben eingesetzt. Das soll sich mit der Verfügbarkeit preiswerter, batterieloser Funklösungen ändern, weil damit der Aufwand für solche Condition-Monitoring-Systeme deutlich sinkt. Dies gilt insbesondere für das Nachrüsten von Anlagen, deren Stillstandkosten im Falle einen Maschinencrashs erheblich sein können. Gleichzeitig eröffnen drahtlose Sensornetzwerke durch verteilte Datenerfassung und Kommunikation neue Möglichkeiten in der Messtechnik und bieten die Chance, diese in den kommenden Jahren zu revolutionieren. Im öffentlich geförderten Verbundprojekt ‚Energieautarkes Condition-Monitoring System‘ (Ecomos), wird das Anwendungsfeld drahtloser Funksensorik auf das Condition Monitoring von Industrieanlagen ausgeweitet.

600 Sensoren prüfen Anlage im Sekundentakt

Auf dem Gelände des ehemaligen Gaskombinats Schwarze Pumpe zwischen Cottbus und Dresden, wo früher Braunkohle veredelt wurde, läuft seit April 2005 die Papierproduktion auf vollen Touren. 170 Millionen Euro wurden zum Bau der Papierfabrik Spremberg investiert. Mit einer Kapazität von 330.000 Tonnen Rohpapier pro Jahr kann Wellpappe aus 100 Prozent Altpapier erstellt werden. Dabei benötigt die Herstellung einer 1000 Meter langen und 5,4 Meter breiten Papierbahn lediglich eine Minute. „Nur eine Stunde Ausfallzeit würde 5.000 Euro kosten“, erläutert Olaf Franke, Leiter Elektro/MSR-Technik der Spremberg Rieger GmbH & Co. KG. Um außerplanmäßige Stillstandszeiten weitgehend zu vermeiden, wird nun mit der Installation und dem Test eines drahtlosen Sensornetzwerkes zur Überwachung der Anlage begonnen. Über die 100 Meter Gesamtlänge der Papiermaschine hinweg werden in der finale Ausbaustufe über 600 Sensoren die Anlage im Stundentakt prüfen, um bei Erkennung von Schadensmustern den Austausch von Komponenten während der planmäßigen Wartung zu veranlassen. Durch die Funktechnologie entfallen erhebliche Material- und Installationskosten für Kupferdraht und Kabelkanäle, so dass sich die Investition in recht kurzer Zeit amortisiert.

Lagerschäden drei Monate im Voraus ausmachen

Das Konzept der Funksensoren zum Condition Monitoring basiert auf einer Zustandsüberwachung von Maschinen durch Messung und Analyse von Schwingungen und Temperaturen. Mit Hilfe sehr rauscharmer Beschleunigungssensoren und eines digitalen Signalprozessors werden spezielle Hüllkurvenspektren berechnet, um anhand von Veränderungen der Amplituden charakteristische Spektralanteile spezifischer Fehlerquellen zu identifizieren. Dadurch wird es möglich, beispielsweise Lagerschäden um bis zu drei Monate im Voraus vorherzusagen. Über einen Funksender und -empfänger können die Sensorknoten konfiguriert werden und regelmäßig den Maschinenzustand an einer bis zu 50 Meter entfernte Basisstation senden.

Wird ein Schadensmuster entdeckt, ist jeder Sensorknoten in der Lage, die Rohdaten über die Basisstation an eine Leitstelle zu funken. Damit können Experten bei gravierenden Fehlern die Kennlinien prüfen, bevor in kritischen Fällen kostenintensive Maßnahmen zur Schadensbeseitigung festgelegt werden. Oftmals wird es aber genügen, im regulären Wartungsintervall ein geschädigtes Lager auszutauschen. Durch die optionale Ankopplung der Basisstationen an das Internet kann die Maschinendiagnose auch durch externe Dienstleister oder vom Anlagenhersteller vorgenommen werden. Der Hersteller wird dadurch in die Lage versetzt, die Zuverlässigkeit seinen Produkte deutlich besser einzuschätzen. So zeigt sich etwa, ob das Konstruktionsdesign von Komponenten verbessert werden muss oder ob sich Kosten einsparen lassen, ohne die Zuverlässigkeit zu beeinträchtigen.

Strom aus Batterien oder Energiewandlern

Fortschritte in Mikroelektronik und Mikrosystemtechnik gestatten inzwischen, energieautarke Funksensoren zu moderaten Kosten herzustellen. Neben präziser Sensorik, leistungsfähiger Datenverarbeitung und der Funkanbindung bildet die Energieversorgung bei der Entwicklung wartungsfreier Funksensorknoten einen wichtigen Schwerpunkt im Hardware-Design. Durch Verwendung leistungsarmer Elektronik in Verbindung mit optimiertem Power-Management kann die Betriebsdauer von Batterien teilweise auf bis zu 15 Jahre gesteigert werden. Allerdings gibt es im Industrieumfeld Vorbehalte gegenüber batteriebetriebener Funksensorik. Die Anwender bevorzugen daher Lösungen mit Energiewandlern. Während Solarzellen in den meisten Industrieumgebungen aufgrund von erheblicher Staubentwicklung nicht geeignet sind, bieten Thermogeneratoren und Vibrationswandler eine gute Möglichkeit, die Energie aus der Umgebung zu gewinnen. Dadurch entfällt ein etwaiger Batteriewechsel und steigt die Betriebssicherheit.

Installation und Wartung per Funknetzwerk

Auch die Installation der Funksensorik kann mittlerweile komfortabel gestaltet werden. Wird ein Sensorknoten an einer Maschine angebracht und aktiviert, kann er existierende Funknetzwerke erkennen und sich anmelden. Durch die Funk-Basisstationen können die Sensorknoten bestimmte Betriebsparameter, wie die Häufigkeit der Messintervalle, angepasst werden. Eine Aktualisierung der Software per Funk ist ebenfalls möglich, falls neue Schadensmuster oder veränderte Kommunikationsprotokolle eine Programmierung der Funksensorknoten erforderlich macht. Dadurch muss der Anwender nicht mehr jeden einzelnen Sensorknoten per Kabel umprogrammieren, was gerade bei schwer zugänglichen Stellen sehr aufwendig sein kann.


Diese Design-Studie der zweiten Prototypengeneration zeigt, wie die kompakten Sensorknoten zur drahtlosen Zustandsüberwachung aussehen werden. Mit einem Durchmesser von rund sechs Zentimetern können die batterielosen Systeme leicht in Anlagen nachgerüstet werden.
Bild: Fraunhofer IZM

Erfolgreicher Praxistest in der Papierfabrik

Im Verbundprojekt Ecomos wurden die ersten Funksensorknoten bereits in der Papierfabrik aufgebaut und erfolgreich getestet. An der Entwicklung waren die Firmen IMC-Messysteme, Elbau, Gesellschaft für Maschinendiagnose, Converteam, Baumer-Hübner, Enocean sowie das Fraunhofer IZM und die Technische Universität Berlin beteiligt. Das breite Kompetenzspektrum zur Messtechnik, Funktechnologie, Energy Harvesting, Aufbautechnik und Maschinendiagnostik war erforderlich, um die Potenziale moderner Funksensorik zum Condition Monitoring zu demonstrieren. Gefördert wird das Projekt durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), Projektträger ist die VDI/VDE Innovation + Technik GmbH in Berlin. In der ersten Prototypgeneration wurden die Sensorik, die Datenverarbeitung, die Funkschnittstelle und die Energieversorgung als separate Module ausgeführt. Bei der nächsten Prototypgeneration werden die Module in einem besonders kompakten und robusten Aufbau vereint. Diese Funksensorknoten werden in der zweiten Jahreshälfte 2011 verfügbar sein. Dann kann das Sensornetzwerk in der Papierfabrik schrittweise bis zur vollen Ausbaustufe mit 664 Sensorknoten erweitert werden.

Große Auswirkungen auf den Anlagenbau möglich

Je nach Anforderungen und Einsatzumgebung liegen die Materialkosten für einen Sensorknoten zwischen zehn bis 200 Euro. Die Kosten für ein ganzes Sensornetzwerk hängen jedoch vor allem davon ab, welche Stückzahlen erreichbar sind. Bei Nischenanwendungen dominieren noch die Entwicklungskosten. Für einen breiten Anwendungsbereich können jedoch solche Funksensorknoten in größeren Stückzahlen gefertigt werden, so dass die Design- und Softwarekosten nur einen kleinen Anteil der Gesamtkosten ausmachen. Sobald derartige Systeme verfügbar sind, lässt sich ihre Hebelwirkung nur erahnen. Sie reicht von neuen Geschäftsfeldern für den Anlagenbau mit erweiterten Dienstleistungskonzepten bis zum besseren Verständnis technischer Systeme.


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