Viele mittelständische Fertigungsunternehmen sind bereits unterwegs auf dem Weg zu IT-gestützten, 'intelligenten' Produktionsprozessen. Doch viele Szenarien einer selbstorganisierenden Fabrik erfordern die Echtzeit-Integration zwischen Anlagensteuerung einerseits und Unternehmenssystem andererseits. Die Praxis im Mittelstand zeigt, dass eine serviceorientierte Architektur eine der zentralen Erfolgsfaktoren bei der Integration zwischen produktionsnaher IT und Automatisierung darstellen kann.
Bild: Freudenberg IT
Im konventionellen Automatisierungsverständnis ist das Manufacturing Execution- System (MES) als Betriebsleitebene an zweithöchster Stelle innerhalb eines pyramidenförmigen Schichtenmodells angesiedelt. Darüber liegt die Unternehmensleitebene, also das Enterprise Resource Planning-System (ERP). Darunter, in Richtung Pyramidensockel, folgen in absteigender Reihenfolge die Prozessleit-, Steuerungs- und Feldbusebenen.
Diese Schichteneinteilung trägt der unterschiedlichen Art und Weise Rechnung, in der Daten in der jeweiligen Schicht bisher verarbeitet werden – benutzergesteuert ganz ‘oben’ auf der Unternehmensleitebene und ereignis- bzw. prozessorientiert auf den unteren Ebenen. Interpretiert wird die Automatisierungspyramide oftmals jedoch aus einer traditionellen Perspektive heraus: Integration besitzt bei dieser Sichtweise im Wesentlichen nur eine, nämlich die horizontale Dimension. In der Vergangenheit hatten Sensoren und Aktoren der Feldbusebene keinerlei Anteil an der immer engeren Verzahnung auf Geschäftsprozessebene. Die vertikale Dimension der Integration spielte in der früheren Fertigungspraxis kaum keine Rolle.
Dies aber wird heutigen Anforderungen nicht mehr gerecht. Denn eine bedarfssynchrone Produktion im Sinne des Just-in-Time- und Just-in-Sequence-Szenarios (JIT/JIS) erfordert bidirektionale Echtzeit-Kommunikation zwischen ‘Kopf’ und ‘Fuß’ der Schichtenpyramide. Andernfalls wäre die nötige Lieferflexibilität nur um den Preis unwirtschaftlich hoher Materialbestände und eines schlecht ausgelasteten Maschinenparks möglich. Beides können sich vor allem Mittelständler im Wettbewerb immer weniger leisten. Insbesondere Zulieferer, zum Beispiel in der Automobilindustrie, stehen schon heute vor der alles andere als trivialen Optimierungsaufgabe, bei variablen Losgrößen maximale Lieferfähigkeit mit einer Minimierung von Lagerbeständen und Anlagenleerlaufzeiten unter einen Hut zu bringen.
Mehr Flexibilität durch serviceorientierte Architektur
Die Lösung dieser Aufgabe liegt in einem weiter gefassten Verständnis der Rolle von MES, nämlich der eines vertikalen Integrators, der in Echtzeit zwischen der Unternehmensleitebene und den unteren Pyramidenschichten bis hinab zur Feldbusebene vermittelt. Die Integration nach oben, in Richtung ERP, wirft aufgrund weitgehender Standardisierung heute kaum mehr prinzipielle Fragen auf. Anders sieht es jedoch bei der Integration zwischen MES und Anlagen aus: Trotz großer Fortschritte – beispielsweise im Umfeld der OPC Unified Architecture (OPC UA) – ist die Praxis hier von durchgängiger Standardisierung noch weit entfernt.
Umso wichtiger ist es, dass die produktionsnahe IT in der Lage ist, Produktionsanlagen und deren Komponenten schnell und möglichst aufwandsarm einbinden zu können. Das Gleiche gilt für alle Änderungen an Maschinen beziehungsweise deren Steuerung. Letztlich bedeutet dies, dass ein MES bei der vertikalen Integration den gesamten Maschinenlebenszyklus mit berücksichtigen muss. Ein monolithisch strukturiertes System kann das in der Regel mit vertretbarem Aufwand nicht leisten. Gefragt sind stattdessen modular aufgebaute Systeme nach dem Muster einer serviceorientierten Architektur (SOA), deren größter Vorteil in flexibler Erweiterbarkeit liegt.
Und eben dies ist es, was die Lebenszyklusperspektive auch von Produktionsmanagement- Systemen verlangt. Denn in den meisten Fertigungsunternehmen überwiegt ein heterogener Maschinenpark. Viele ältere Maschinen, die aufgrund langer Abschreibungsfristen auf absehbare Zeit auch weiterhin in Betrieb bleiben werden, ‘verstehen’ heutige Industriestandards nicht. Und selbst bei gleichartiger Steuerung per speicherprogrammierbarer Steuerung (SPS) oder Computerized Numerical Control (CNC) sind oftmals verschiedene Programme involviert.
Standardtechnologien erleichtern Anbindung
Implementieren lässt sich die Maschinenintegration als MES-Layer, der auf einer SOA-Architektur aufsetzt. Wenn hierbei XML und Web-Services als Standard-Technologie eingesetzt werden, lassen sich spezifische Adapter für unterschiedliche Equipment-Klassen bereitstellen. Wichtig ist hierbei die Multi- Thread-Fähigkeit, damit der Layer mit mehreren Maschinen gleichzeitig kommunizieren kann. Per Web-Service lassen sich Rohdaten dann unmittelbar zu weiterverwertbaren Informationen aufbereiten. So geben etwa Taktzähler über Stückzahlen Auskunft, die im SOA-Umfeld per Web-Service zum Beispiel auch unmittelbar in Kanban-Regelkreise eingespeist werden können. Von großer Bedeutung sind zudem reine Maschinendaten wie die Statusinformationen ‘produktiv’, ‘im Warm-up’ oder ‘in Wartung’. Die Echtzeit- Verfügbarkeit dieser Werte wird in einem Smart Factory-Szenario zur Grundlage für die Auslastungsoptimierung des Anlagenparks.
Effizienzbewertung mit Produktionskennzahlen
Gemessen wird die Maschineneffektivität generell anhand der sogenannten Overall Equipment Effectiveness, kurz OEE: Die ursprünglich vom Japan Institute of Plant Maintenance erstellte Kennzahl errechnet sich als Produkt aus den prozentualen Werten für Maschinenverfügbarkeit, Leistung und Qualität. Dabei wird unter der Verfügbarkeit das Verhältnis zwischen tatsächlicher Laufzeit zur Laufzeit plus Stillstandszeit verstanden, während sich die prozentuale Leistung als Quotient von Ist- und Soll-Leistung ergibt. Die Qualitätszahl schließlich drückt die Relation einwandfreier Teile zur Gesamtstückzahl aller produzierten Teile aus.
In eine umfassende Bewertung der tatsächlichen Maschineneffektivität fließen noch weitere Informationen ein, die nicht direkt aus der mobilen Datenerfassung (MDE) übernommen werden, wie etwa Fehlergründe und Fehlerarten bei NIO-Teilen. Gleichwohl ist die permanente OEE-Messung im Rahmen eines SOA-basierten Systems einer der Eckpfeiler für die Echtzeitplanbarkeit des Maschinenparks einer intelligenten Fabrik.
Bedeutung der vertikalen Integration nimmt zu
In der Vergangenheit gingen maschinennahe Anwendungen und die IT auf der Unternehmensleitebene getrennte Wege. Das ändert sich derzeit grundlegend. Das Pyramiden-Referenzmodell wird heute neu interpretiert und um die vertikale Integrationsdimension angereichert. Der produktionsnahen IT kommt dabei die Rolle eines universellen Vermittlers zu, der Funktionen und Dienste der verschiedenen Systemebenen orchestriert und für ein gemeinsames Taktmaß sorgt, quasi als Nukleus einer ‚intelligenten‘ Fabrik, der so genannten Smart Factory und damit Industrie 4.0.
Die vertikale Verzahnung von ERP- und Maschinenebene wird künftig auch der horizontalen Integration von Geschäftsprozessen entlang der Lieferkette neue Impulse geben. In einer weitgehend standardisierten SOALandschaft ‘kennt’ das ERP-System dann beispielsweise auch die momentane Anlagenauslastung bei den Zulieferern – und kann aktuelle Bestellungen ohne Zeitverlust entsprechend kanalisieren.
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