Von der Prozessindustrie zum Anlagenbau

Die Software-Plattform ist auch in Großanlagen der Prozessindustrie im Einsatz. Vom Einsatz entsprechender Lösungen kann auch der Maschinen- und Anlagenbau profitieren – zum Beispiel mit dem in der Prozesstechnik verbreiteten, alphanumerisch-orientierten Arbeiten. Beim Design-Prozess geht der Trend ohnehin in diese Richtung. Dies ist aber nur mit einer zentralen Datenbank umsetzbar, denn nur so lassen sich grafische Arbeitsschritte einsparen oder automatisieren. Das System erlaubt das Planen von Objekten, auch wenn sie grafisch noch gar nicht dargestellt sind. Es aktualisiert alle weiteren Darstellungen, wenn ein Objekt in einer Liste, einem Arbeitsblatt oder grafisch bearbeitet wurde. Die datenbankgestützte Verwaltung der Mess- und Stell-Stellen sowie automatisierte Zuordnungen der Ein- und Ausgänge (E/A) von SPSen und Leitsystemen sind weitere in der Prozesstechnik erworbene Fähigkeiten, welche die zukünftige Datenflut der Industrie 4.0. eindämmen können. Sie funktionieren unabhängig von der Hardware, denn hier muss die Vielfalt der Anbieter in jeden Planungsprozess, auch für länderübergreifende Projekte mit unterschiedlichen Zulieferern, integrierbar sein. Mit einem dritten Aspekt der schließt sich der Kreis der erweiterten Anforderungen an das Engineering von Produkten und Fertigungsanlagen: Aus der Fertigungssicht wird bei Betrachtung der Maschinen einer Anlage schnell wieder die Produktsicht: Wenn in Zukunft ein Kunde eine Maschine ordert, die zehn verschiedene Produkte seriell bearbeiten kann, werden solche Maschinen etwa so komplex sein wie ein Auto. So wird im Sondermaschinenbau das Thema Modularität noch einmal einen gewaltigen Schub erleben. Das Arbeiten mit hochkomplexen Baukastensystemen wird noch notwendiger. Engineering-Methoden ohne zentrale Datenbank werden dieser Datenflut und Kombinatorik nicht gewachsen sein, aber durchaus ein Tool, das 100.000e Bordnetzvariationen im KFZ-Bau handeln (oder: handhaben) kann.

Erfolgsfaktor zentrales Änderungsmanagement

Allein die Anforderungen an das Änderungsmanagement werden durch die wachsende Vielfalt noch deutlich potenziert. Es muss zwei unterschiedliche, aber parallel existierende Arbeitsweisen unterstützen, um den zukünftigen Aufgaben gerecht zu werden. Zum einen das kooperative Arbeiten einer Gruppe an einem Versionsstand eines bestimmten Themas – schon das ist effizient nur mit zentraler Datenhaltung machbar – zum anderen das asynchrone Arbeiten unterschiedlicher Disziplinen an einem Produkt. Das zeigt etwa die Zusammenarbeit von Elektrik und Hydraulik, oder wenn eine Gruppe bereits an der nächsten Version eines Produktes arbeitet: Ändern sich Anschlüsse oder Kabellängen, muss jeder betroffene Bereich davon wissen. Das ist sofort der Fall, wenn alle auf einer Datenbasis arbeiten. Nur eine zentrale Datenbank erkennt Änderungen an jeder Stelle und zeigt sie an, so dass jede Gruppe ihren Anteil anpassen kann.

 

Vorteile durch Modularisierung und Standardisierung




Bild: Oystar Hassia

Kurth ist Engineering Director E-Technik am Oystar Hassia-Standort Ranstadt. Das Werk arbeitet seit seit einiger Zeit mit der Engineering-Software EB. Die Plattform führt Elektrik und Verfahrenstechnik zusammen. Die Oystar- Gruppe gehört in Verpackungsfragen weltweit zu den führenden Unternehmen. Da in den Hassia- Anlagen verschiedene Linien zusammenlaufen, gab es höchste Anforderungen an Durchgängigkeit und Einheitlichkeit im Engineering. „Diese Know-how-Kombination ist einzigartig“, sagt Kurth, „und die Fakultäten arbeiten heute praktisch automatisch miteinander auf einer Datenbasis, das beschleunigt erheblich. Dank EBs Datenbank-Konzept haben wir außerdem die Fehlerquote bei der Zeichnungs- und Stücklistenerstellung der unterschiedlichsten Funktionen wie Elektrik, Pneumatik, Verfahrens- und Prozesstechnik deutlich minimiert.” Hassias Modularisierungs- und Standardisierungskonzept wird durch die nun mögliche virtuelle Baukastenstruktur leichter umsetzbar. Die Software sichert nach Angaben von Kurth Wissen durch nur einmal zu erarbeitende Bausteine. Gleichzeitig werde unter anderem mit Variantenhandling und Multiuser-Einsatz Zeit geschaffen. Der Engineering Manager erklärt: „Wir denken, dass wir mit diesem System auch den Herausforderungen von Industrie 4.0 gut gewappnet entgegengehen können.”