Fahrzeugmanagement
Am Ende seiner Montagelinien stattet der Automobilhersteller Ford jedes Fahrzeug mit einem RFID-Transponder aus. Durch den Einsatz dieser Technolgie hat das Unternehmen nahezu keine Fehlverladungen mehr zu verzeichnen, neben Stand- und Auslieferungszeiten sind auch die Fehlerfolgekosten rapide gesunken.
Innerhalb von drei Monaten haben die Fordwerke in Köln ihr Fahrzeugmanagement durch den Einsatz von Radiofrequenztechnologie (RFID) zu großen Teilen automatisiert. Jedes Fahrzeug wird dabei am Ende der Montagelinie mit einem RFID-Transponder ausgestattet, der alle relevanten Fahrzeugdaten elektronisch bereitstellt. Die Transponder werden erneut im ‚RFID Truck Gate‘ genutzt. Dieses System erfasst die geladenen PKW ‚im Vorbeifahren‘ und gleicht sie mit der Ladeliste ab. Die Gesamtlösung der 7ID Technologies läuft für den Ford Fiesta im Echtbetrieb mit einer Lesequote von 100 Prozent. Durch den Einsatz der neuen Technologie hat Ford nahezu keine Fehlverladungen mehr zu verzeichnen. Die Standzeiten wurden um 20 Prozent verringert, die Auslieferungsprozesse wurden um 15 Prozent beschleunigt.
2.000 Fahrzeuge pro Tag im Dreischichtbetrieb
Bei Vollauslastung werden bis zu 1.950 Fahrzeuge täglich auf zwei Montagelinien im Dreischichtbetrieb in den Ford-Werken, Köln, produziert und über die Distributionswege Schiff, Bahn und LKW zu Distributionszentren und Händlern transportiert. Chris Bartkiewicz, Leiter der Abteilung Manufacturing and Joint Venture Planning IT Europe von den Ford-Werken in Köln erläutert: „Im Fahrzeugmanagement hatten wir eine Barcode-Technologie im Einsatz, die durch ein neues RFID-System abgelöst wurde. Dieses System hatte ein enormes Verbesserungspotential.“ Nach Aussagen von Bartkiewicz galt es bei der Einführung der neuen Lösung vor allem, „das System mit eigenen Komponenten und Software völlig neu aufzubauen und dabei die bestehende Infrastruktur so weit wie möglich zu nutzen.“ Zur weiteren Automatisierung des Distributionsprozesses sollte vor allem der Auslieferungsprozess beschleunigt und optimiert werden. Neben der Reduktion der Bestände standen Kosten-, Zeit- und Personaleinsparungen Im Vordergrund. Die Projektziele umfassten
- Reduktion von Fehlverladungen, damit beispielsweise kein Fahrzeug statt auf LKW auf Schiff verladen wird. Als Folge sollten sich Standzeiten und Fahrzeugbewegungen reduzieren.
- Echtzeitverfügbarkeit von Statusinformationen, um Verbesserungs- potenziale und Engpässe zeitnah zu erkennen und eine konstante Qualitätssicherung zu gewähreleisten. Gleichzeitig sollten die Haftungsübergänge zwischen Produktion und Transport-Logistik automatisiert werden.
- Investitionsschutz durch Einhaltung internationaler Standards, dadurch einheitliches Datenhandling, Skalierbarkeit, Herstellerunabhängigkeit und Kompatibilität zu künftigen Systemen.
Filterfunktion verringert Systemauslastung
Seit der Einrichtung des RFID-Systems wird in den Ford-Werken jedes Fahrzeug am Ende der Montagelinie mittels Applikator mit einem RFID-Transponder ausgestattet. Der Transponder oder ‚Tag‘ wird auf der rechten hinteren Seitenscheibe des Fahrzeugs platziert und enthält eine eindeutige Fahrzeugnummer sowie weitere Fahrzeugdaten, darunter Produktionsdatum und Bestimmungsort. An kritischen Punkten werden die Transponder in der Vorbeifahrt durch fest installierte Lesegeräte, sogenannte RFID-Reader, ausgelesen. So kann bestimmt werden, ob das Fahrzeug geprüft und für den Verkauf freigegeben ist. Erst dann erfolgt die Übergabe an die Transport-Logistik. Der RFID-Tag wird mehrere Dutzend Male pro Sekunde detektiert. Das Lesegerät filtert allerdings die Daten, bevor sie an das Backend-System übertragen werden. Das senkt die Netzwerkauslastung und kommt der Systemleistung zugute. So kann jedes Fahrzeug über alle Fertigungsstationen hinweg verfolgt und der Fahrzeugstatus in Echtzeit abgerufen werden.
Fahrzeug-Check auf dem Firmengelände
Um fehlerhafte Wegwahl zu vermeiden, kommen bei Ford beschrankte Areal-Übergänge zum Einsatz. Lesegeräte in der Nähe der Schranken erfassen die Transponder auf LKW oder Stapler, das Backend-System gibt erst nach Datenprüfung – etwa ob der Qualitätstest bestanden wurde – das Fahrzeug für den nächsten Schritt frei. Dem Fahrer wird dabei das nächste Ziel auf einem Überkopf-Display angezeigt, bei Bedarf werden die Daten auf dem Tag aktualisiert oder bei der Übergabe zur Transport-Logistik gesperrt, um Manipulationen auszuschließen. Sobald ein Fahrer den falschen Weg gewählt hat, oder ein Qualitäts-check nicht erfolgreich absolviert wurde, bleiben die Schranken geschlossen und das Display liefert dem Fahrer neue Anweisungen.
Systemeinführung in vier Tagen
Gerhard Gangl, Geschäftsführer der 7ID Technologies GmbH in Graz, erläutert: „Eine der besonderen Herausforderungen unseres RFID-Projektes bei Ford war der Faktor Zeit. Die Umstellung konnte nur an einem verlängerten Wochenende von Donnerstag bis Sonntag erfolgen. Ab Montag durfte der Produktivbetrieb nicht mehr gestört werden.“ Der Anbieter brachte das neue System innerhalb der Viertagesfrist zum Laufen. Zudem musste die Fahrzeugerkennung trotz eng stehender Fahrzeuge auf mehrspurigen Lanes und starker Reflexionen durch Metallwände in den Hallen sichergestellt werden. Auch die Kontrolle der korrekten Wegwahl und Fahrleistung stellte einige Anforderungen: Kreisverkehr war zu berücksichtigen und obwohl sich die Fahrzeuge dicht an dicht bewegen, dürfen nur relevante Detektionen im passenden Moment ans Back-end-System gemeldet werden.
Die Lösung lieferte ein spezieller Lesebetrieb für den inteferenzfreien Betrieb der Reader und die Aufteilung der Funkkanäle. Fertigungsplaner Bartkiewicz zeigt sich von dem neuen System überzeugt: „Durch 7ID haben wir heute so gut wie keine Fehlverladungen mehr und unsere Effizienz im Zusammenhang mit Standzeiten und dem Auslieferungsprozess ist erkennbar gestiegen. Auch unsere Mitarbeiter sind mit dem System sehr zufrieden, weil es flüssigere Arbeitsabläufe ermöglicht.“ Das RFID-Auslieferungssystem soll in Zukunft in allen europäischen Fahrzeugwerken von Ford zum Einsatz kommen. Bei Ford befinden sich bereits weitere Projekte in Arbeit, darunter ein RFID-System für Fahrzeugtracking und Lokalisierung vor Produktstarts, das bereits in Köln und Valencia umgesetzt wurde.
Einsparungen bei der LKW-Verladung
Auch der für den LKW-Versand zuständige Ford-Dienstleister TS Transport Service liest die vorhandenen RFID-Tags aus und hat dazu ein ‚RFID Truck Gate‘ in Betrieb genommen. Die Leseeinrichtung beschleunigt LKW-Anmeldung und Ladungsprüfung. Darüber hinaus werden Fehlerfolgekosten gänzlich vermieden. Erwin Gabriels, Managing Director bei TS, bestätigt die Vorteile der neuen Lösung: „Neben Personaleinsparungen konnten wir die Durchlaufzeiten bei der Beladung um rund 20 Prozent reduzieren, die Fahrzeuge erreichen etwa 15 Prozent schneller den Kunden.“ Der Einsatz der RFID-Technologie gestattet zudem einen hohen Grad an Automatisierung, nahezu alle manuellen Prozesse für das Anmelden und Überprüfen der LKW entfallen. „Nach inzwischen rund drei Monaten Echtbetrieb ist die Akzeptanz schon sehr hoch. Die Quote der Identifikation liegt bei 100 Prozent“, sagt Gabriels.