Fälschungsschutz im Internet

Wer nicht kämpft, hat schon verloren

Schätzungen zufolge sind sieben bis zehn Prozent der weltweit verkauften Textilien Fälschungen. Neben Umsatzverlust und der Abwanderung von Kunden stehen für den Markeninhaber auch die Handelsbeziehungen sowie der Markenwert, die Reputation und die Marketingeffizienz auf dem Spiel. Von Gesundheitsrisiken, die Verbraucher durch möglicherweise giftige Inhaltsstoffe erleiden, ganz zu schweigen. Aber die Branche kann ihre Marken schützen.




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Der Handel mit gefälschten Waren hat sich zu einem Milliardengeschäft entwickelt und könnte mittlerweile zwischen fünf und sieben Prozent des Welthandels ausmachen. Nach Schätzungen des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK) entsteht dadurch allein deutschen Unternehmen jährlich ein Schaden von 50 Milliarden Euro. Und dieser betrifft nahezu alle Branchen, von Luxusmarken über Konsumgüter und Technologieprodukte bis hin zu Nahrungsmitteln und natürlich auch zur Bekleidungsindustrie. Es scheint sich das Motto zu bewahrheiten: „If you can make it, they can fake it.“ Der Handel mit gefälschter Kleidung ist populär wie nie. Vor allem dem Internet kommt dabei eine tragende Rolle zu, bestellen doch laut Statistischem Bundesamt 66 Prozent der Online-Käufer Kleidung und Sportartikel im Netz. Produktfälscher nutzen diese Nachfrage und das Medium Internet aus. Mit ihren kriminellen Aktivitäten gefährden sie Verbraucher und Textilunternehmen. So ist statistisch gesehen jeder vierte Online-Käufer Opfer von Markenfälschern geworden.

Zum einen, weil die Fälschungen und Internetseiten der Betrüger mittlerweile selbst für versierte Online-Einkäufer kaum zu erkennen sind. Zum anderen, weil auch die Angebote heute preislich so nah am Original ausgerichtet sind, dass diese leicht mit Sonderangeboten verwechselt werden können. Gleichzeitig steigt vor allem bei der jüngeren Generation die Bereitschaft, bei entsprechendem Preisunterschied Plagiate zu kaufen. Unter den 18- bis 39-Jährigen würden einer Befragung zufolge immerhin 42 Prozent künftig gefälschte Produkte im Netz kaufen.

Kunden vom Strand ins Netz gefolgt

Die Situation scheint durch die Verbreitung des Internets und der globalen E-Commerce-Plattformen eskaliert zu sein. Statt an der Straßenecke ist der Verkauf gefälschter Waren heute auf globaler Ebene möglich. So können Produktfälscher vergleichsweise einfach und kostengünstig eigene Web-Shops einrichten oder ihre Waren auf den zahlreichen Online-Plattformen anbieten. Diese Seiten sind über Suchmaschinen schnell zu finden und werden häufig über soziale Netzwerke weiterempfohlen. Die Strandbude hat damit zwar nicht ausgedient. Aber wer heute Markenkleidung günstig kaufen möchte, muss nicht in die Türkei oder nach Thailand reisen. Moderne Schnäppchenjäger nutzen Suchmaschinen, folgen Empfehlungen aus sozialen Medien und E-Mail-, Smartphone- oder Online-Werbung. Und wo die Kunden sind, tummeln sich auch die Fälscher. Daher konzentrieren sich Produkt-Piraten mittlerweile vor allem auf Online-Vertrieb und Werbung. Sie ziehen ihre eigenen Webshops auf oder bringen gefälschte Ware über E-Commerce-Plattformen und Online-Marktplätze in Umlauf.

Vertrieb gefälschter Produkte ist der Anfang

Beim Online-Markenmissbrauch geht es aber keineswegs nur um den Verkauf gefälschter Waren. Vielmehr nutzen die Betrüger auch die Popularität von Marken, um Geld zu machen. Eine beliebte Technik stellt das Cybersquatting dar. Durch dieses ‚Besetzen‘ von Domains, die bekannten Markennamen ähneln, landen User bei gängigen Tippfehlern auf einer Seite von Produktfälschern. Häufig lenken die Verkäufer Internetnutzer auch über das Suchmaschinenmarketing Web-Traffic, der eigentlich auf Websites von Markeninhabern zielt, auf ihre täuschend echt aussehenden Seiten und streichen weiteres Geld per Klick-Betrug ein. Entscheidet ein Markenhersteller, aus diesen Gründen seine Bekleidung gar nicht erst online zu vertreiben, ist er noch lange nicht vor dem Online-Markenmissbrauch geschützt. Denn Kriminelle können dieses Verhalten ausnutzen und dennoch Kopien der Markenkleidung einbieten. Schließlich ist den meisten Internet-Kunden nicht bewusst, ob ein Markenhersteller seine Produkte selbst online vermarktet oder nicht.

Hersteller können sich wehren

Markenhersteller können durchaus den Kampf gegen den Online-Handel mit gefälschten Waren aufnehmen. Dabei kommt es vor allem darauf an, die kriminellen Aktivitäten der Fälscher zu stören und deren Seiten abzuschalten sowie es dem Nutzer zu erschweren, gefälschte Angebote zu finden. Hier gilt es pro-aktiv und konsequent gegen die Täuschungsmanöver der Cyber-Kriminellen vorzugehen. Das kann allerdings zur Herkulesaufgabe werden. Die Markeninhaber müssen nicht nur die wachsende Zahl von mittlerweile mehr als 276 Millionen Domains durchforsten und kontinuierlich überwachen, sondern nach der Identifizierung eines illegalen Online-Ladens auch die Abschaltung durchsetzen. Zudem nutzen Kriminelle meist mehrere Kanäle, um mit einer Marke zu kassieren, etwa gefälschte Online-Shops, Suchmaschinen-Marketing und Verkaufsplattformen von Drittanbietern wie eBay und Social-Media-Kanäle. Unterstützung im Kampf gegen Produktpiraterie bietet das IT-Unternehmen Markmonitor.

Die im Jahr 1999 gegründete Firma bietet Leistungen rund um das Thema Markenschutz im Internet. So hat sich zum Beispiel die britische Luxus-Marke Belstaff mit der Hilfe eines Dienstleisters erfolgreich gegen Produktfälscher gewehrt und vor einem Gericht in den USA geklagt. Gemeinsam mit dem Partner wurde ein Programm ins Leben gerufen, das sowohl sämtliche Online-Marktplätze überwacht, als auch einzelne Internetseiten, die gefälschte Waren verkaufen. Zudem wurden alle Seiten untersucht, die Belstaff im Domainnamen verwendeten. Schließlich wurde das Netz nach generischen Seiten gescannt, die gefälschte Produkte des britischen Modehauses im Angebot hatten. Insgesamt wurden so 3.000 Internetseiten aufgedeckt, die gefälschte Ware verkauften. Allein 800 dieser Seiten verwaltete eine Person in China. Auf dieser Datengrundlage sprach 2015 das Gericht Belstaff die Rekordschadensersatzsumme von 42 Millionen US-Dollar zu, etwa 37 Millionen Euro. Die Richter ordneten zudem an, 676 der illegal agierenden Internetseiten an die klagende Firma zu übergeben.

Nicht nur das Luxussegment im Fokus der Fälscher

Textilhersteller müssen nicht das Luxussegment bedienen, um in den Fokus von Fälschern zu geraten. Qualität sorgt für Nachfrage, stellt Gewinne in Aussicht – das zieht Produktpiraten an. Hersteller sind daher gut beraten, das Netz laufend zu sondieren und ihre Marken gegen solche Angriffe zu schützen. Den Kopf in den Sand zu stecken und auf bessere Zeiten zu hoffen, bringt Unternehmen auf jeden Fall nicht weiter.