Die Projektinitialisierungsphase

Für die Projektinitialisierungsphase muss der Projektauftrag bzw. die Rahmenvereinbarung vorliegen. Der Auftrag beschreibt, welche Inhalte das Projekt hat und welche Rahmenbedingungen zugrunde liegen. Ein weiteres Thema innerhalb der ersten Phase der Einführung ist die Bestimmung der verschiedenen Projektrollen und -gremien wie Lenkungskreis, Projektleitung, Kernteam, Teilprojektteams, Teilprojektleiter und Key User. Ein zentrales Projektsteuerungsinstrument ist in der Übersicht der Geschäftsprozesse zu sehen, bei der auf der Ebene der Geschäftsprozess während der Projektlaufzeit der Projektfortschritt immer wieder aktualisiert wird.

Die Fachkonzeptphase

Innerhalb der Konzeptionsphase von ERP-Einführungsprojekten wird im Regelfall das Pflichtenheft in Form von Fachkonzepten erstellt. Orientierung geben dabei das Lastenheft und Fachkonzept-Vorlagen des Auftragnehmers. Sogenannte Templates des Auftragnehmers helfen dabei, die Fachkonzeptphase schneller, mit weniger Aufwand und mit höherer Qualität zu erstellen. Der IT-Partner orientiert sich am Lastenheft und baut die Erstversion sukzessive aus, bis ein finales Pflichtenheft vorliegt. Je nach Projektauftrag beziehungsweise Lieferumfang können auch mehrere Pflichtenhefte erstellt werden. Folgende Fachkonzepte respektive Pflichtenhefte sind in ERP-Projekten normalerweise erforderlich:

• Pflichtenheft zur Abbildung der Soll-Prozesse des Kunden auf Basis des   einzuführenden Zielsystems (Wie soll im neuen System gearbeitet werden?)

• Pflichtenheft für Anpassungen/Individualsoftware (vereinbarte oder   hinzukommende Anpassungen)

• Pflichtenheft für Schnittstellen

• Pflichtenheft für Formulare und Listen

• Pflichtenheft für Datenmigration

Das einführende Unternehmen muss sich ebenfalls einbringen, wie es normalerweise in seinen Mitwirkungspflichten geregelt ist. Innerhalb der Fachkonzeptphase muss bereits intensiv mit der ausgewählten Lösung gearbeitet werden. Diese ist bereits installiert, die Key-User haben Schulungen erhalten und können damit innerhalb der Workshops intensiv mitarbeiten und ebenso Tests am System durchführen. In vielen Projekten wird bereits innerhalb der Fachkonzeptphase auch ein Prototyp vereinbart. Das bedeutet, dass auf Basis der Standardlösung wichtige Prozesse abgebildet werden. In der Regel wird der Prototyp als Meilenstein in einer Präsentation vorgestellt und freigegeben.

Ziel am Ende der Fachkonzeptphase ist die Freigabe der Fachkonzepte beziehungsweise Pflichtenhefte durch den Auftraggeber. Die vorliegenden Pflichtenhefte müssen dabei unbedingt mit dem Lastenheft abgeglichen werden. Das ist ein wichtiger Meilenstein und nimmt sowohl Auftragnehmer als auch Auftraggeber in die Pflicht. Je höher die Qualität der Pflichtenhefte ausfällt, um so besser ist das Ergebnis in der Phase Realisierung. Gelingt dies nicht, so werden Auftraggeber und Auftragnehmer während der Folgephasen permanent mit neuen oder geänderten Anforderungen konfrontiert. Unklare Prozesse oder Prozesslücken sind in diesem Fall an der Tagesordnung, der Projekterfolg insgesamt kann gefährdet werden.

Die Implementierungsphase

Innerhalb der Implementierungsphase gilt es die vereinbarten Prozesse in der Software abzubilden und die weiteren Lieferbestandteile zu realisieren, unter denen es signifikante Kostentreiber gibt. Hierzu zählt die Bereitstellung von Formularen, Auswertungen und Listen für den Kunden. Hier überschätzt sich oft der Auftragnehmer in seinen Möglichkeiten. Unter normalen Umständen wäre er sehr wohl in der Lage, diese Themen pünktlich zu liefern, jedoch nicht in der Ausnahmesituation einer ERP-Einführung, in der sehr viele Aufgaben parallel zu erledigen sind.

Die Testphase

Während der Testphase gibt es verschiedene Testszenarien. Angefangen von Funktionstests für Funktionen und Prozesse über bereichsübergreifende Tests von Prozessketten bis hin zu umfangreichen Integrationstests erfolgt die Prüfung des Gesamtsystems auf ‚Herz und Nieren‘. Weitere Fälle sind Massentests, Lasttests beziehungsweise Big-Bang-Tests. Es dürfte niemanden überraschen, dass ein vernachlässigter Testbetrieb in direkter Konsequenz zu Problemen im ‚go live‘ führt. Innerhalb dieser Phase finden auch die Schulungen der späteren Systembediener statt, die einen erheblichen Ressourceneinsatz auf Seite des Auftragnehmers bedeuten. Umso wichtiger ist es, dass für die Durchführung der Trainings alle Voraussetzungen erbracht wurden. Hierzu zählen stabile Prozesse und die Fitness der Key User bzw. Endanwender. Über einen Lenkungskreisbeschluss erfolgt der Abschluss der Testphase und der Start der ‚go live‘-Phase.

Die ‚go live‘-Phase

Der ‚go live‘ ist ebenfalls als Projektphase anzusehen und nicht nur als Meilenstein. Sein Ziel ist die Bereitstellung eines stabilen Gesamtsystems. Vor dem Start der finalen Datenübernahme gibt es den Meilenstein ‚point of no return‘. Alle echtstartkritischen Probleme sind zu diesem Zeitpunkt behoben. Die detaillierte Abfolge des ‚go live‘ bis zum Meilenstein der tatsächlichen Systemfreigabe wird als count down-Planung beziehungsweise cut over-Planung beschrieben. Das lässt sich in etwa mit einem Piloten vergleichen, der vor dem Start der Maschine in seiner Checkliste Eintrag für Eintrag abhakt, die besten Voraussetzungen für einen guten Start und eine punktgenaue Landung am Ziel.