Enterprise Resource Planning
Individual- und Standardlösungen im Zusammenspiel
Bei der Systemeinführung eines Enterprise Resource Planning-Systems kommt es nicht zuletzt auf die Definition und Umsetzung der internen und externen Prozesse an. Hierbei ist die Integration bereits vorhandener Systeme eine oftmals unterschätzte Herausforderung. Zumal es nicht immer sinnvoll ist, vorhandene Lösungen durch Standardprozesse zu ersetzen. Doch unter welchen Voraussetzungen lassen sich etwa über Jahre gewachsene und spezialisierte Planungslösungen wirtschaftlich integrieren?
Die Einführung einer Enterprise Resource Planning-Lösung (ERP) wie SAP ERP ist ein tiefer Einschnitt in die Organisation vorhandener Unternehmensprozesse. Schon im Vorfeld müssen jene strukturiert, optimiert und auf Tauglichkeit hin validiert werden. In Fertigungsunternehmen kommen dann oft bereits langjährig optimierte Subprozesse und deren Systeme auf den Prüfstand. Gibt es in der einzuführenden ERP-Lösung bestimmte Funktionen, bedeutet das oft das Aus für ein vorhandenes System. So mancher Verantwortliche folgt strikt den Empfehlungen der SAP-Berater und wirft einen funktionierenden Baustein nach dem anderen über Bord. Das geschieht in dem Glauben, so ein abgerundetes und perfekt abgestimmtes System aus einer Hand zu erhalten. Doch diese Rechnung geht in den seltensten Fällen auf. Vielmehr stellt sich nach der Integration heraus, dass viele Lösungen ihre Daseinsberechtigung hatten und wichtige Prozesse nun nicht ausreichend unterstützt werden. Der Thin[gk]athon, veranstaltet vom Smart Systems Hub, vereint kollaborative Intelligenz und Industrie-Expertise, um in einem dreitägigen Hackathon innovative Lösungsansätze für komplexe Fragestellungen zu generieren. ‣ weiterlesen
Innovationstreiber Thin[gk]athon: Kollaborative Intelligenz trifft auf Industrie-Expertise
Zweck der Systeme prüfen
Um das zu vermeiden, gilt es zu prüfen, welche Systeme welchen Zweck erfüllen. Schon bei der Planung der Einführung gilt es, vorhandene Funktionsgruppen zu identifizieren und ihren Spezialisierungsgrad zu bestimmen. Sind bereits Datenerfassungssysteme, wie Betriebsdatenerfassung (BDE) und Maschinendatenerfassung (MDE) vorhanden und in ein Planungssystem integriert, stellt sich die Frage nach einer sinnvollen Abgrenzung zum zukünftigen ERP-System. Denn bei konsequenter Umsetzung der Standard-Funktionen werden Planungsaufgaben bis auf die Maschinen- und Arbeitsplatzebene herunter direkt durch das Unternehmenssystem gesteuert. Aus einem produktionsnahen Manufacturing Execution System-Ansatz (MES), dessen Vorteil in der Möglichkeit des direkten Einflusses auf die Fertigung besteht, werden zwei somit getrennte Funktionsgruppen. Dies geht in der Regel mit einem erheblichen Informations- und Funktionsverlust einher. Oft werden so perfekt abgestimmte und integrierte Prozesse aus Sorge vor Schnittstellen und der ERP-Integration von Subsystemen geopfert.
Dass es einen anderen Weg gibt, erfahren derzeit viele Industrieunternehmen, indem sie nach der Identifikation erhaltenswerter Systeme durch eine intelligente Kopplung mit dem ERP einen Gesamtmehrwert erreichen. Dass Schnittstellen Nutzen stiften können, zeigt die Praxis immer wieder, beispielsweise anhand der Integration einer MDE-Lösung mit Plantafelfunktionen. Das System stellt eine Kopplung an Produktionsmaschinen bereit und sammelt von dort Informationen zum Produktionsfortschritt und den Fertigungszyklen. Darüber hinaus werden Stillstandszeiten und -gründe für die spätere Analyse gespeichert. Im Gegenzug benötigt es Informationen zu den aktuellen und den eingeplanten Fertigungsaufträgen von einem übergeordneten System. Verfügt die MDE, wie beispielsweise DEA2/SQL von der New Frontiers Software GmbH, über eine feingliedrige Planungsfunktion, lassen sich fertigungsnah Dispositionsaufgaben dort abwickeln und mit dem ERP bidirektional synchronisieren. Der Nutzen dieser produktionsnahen Anwendung zeigt sich in der interaktiven Plantafelansicht. Hier können Planungsfunktionen, die mit aktuellen Informationen aus dem ERP-System angereichert sind, mit Echtzeitinformationen zu Produktionsfortschritt und Restlaufzeiten kombiniert werden.
Weitere Parameter verfügbar
Gegenüber einer reinen stückzahl- und zeitbasierten Rückmeldung in den Standardbausteinen im ERP wird das MDE-System weitere wichtige Parameter liefern können: So sind mit Hilfe der Anwendung Aussagen über Gründe und Zeiten von Störungen, detaillierte Chargeninformationen – sowohl bei Rohstoffen als auch bei Halb- und Fertigprodukten – im Unternehmenssystem nutzbar. Werden im MDE-System auch Prozessdaten der Produktionsmaschinen gesammelt, lassen sich diese chargenzugeordnet zur Erstellung von Produktionszertifikaten an eine Lagerbuchung ins ERP-System übermitteln. Damit Produktionsunternehmen vom Zusammenspiel von ERP-Lösung und ausgewählten Subsystemen profitieren, müssen die Rahmenbedingungen stimmen. Nach der erfolgten Identifikation der zu integrierenden Subsysteme sollten deren Datenstrukturen geprüft werden. Sofern das einzubindende System grob den Vorgaben des führenden Systems folgt, ist eine Adaption möglich. Im nächsten Schritt lassen sich die Schnittstellen validieren. Abschließend gilt es die Businesslogik so zu planen, dass das ERP-System mit den Subsystemen homogene Prozesse bilden kann und das Gesamtdatenmodell über die Systemgrenzen hinweg schlüssig ist.