Enterprise-Anwendungen verzahnen

Basis für durchgängige Prozesslandschaften

Von einem durchgängigen Product Lifecycle Management ist zwar häufig die Rede, in der Praxis findet es sich aber kaum. Das liegt unter anderem daran, dass wichtige IT-Systeme in den meisten Unternehmen nicht miteinander verzahnt sind. Dabei kann sich eine Integration schon kurzfristig auszahlen – quantitativ und qualitativ.

Bild: Mieschke Hoffmann und Partner (MHP) GmbH

Von der ersten Idee in der Entwicklung bis zur Entsorgung des Produkts – das Konzept des Product Lifecycle Management (PLM) sieht vor, dass Unternehmen ihre Produktdaten so bereitstellen, dass zu jeder Phase des Lebenszyklus alle Beteiligten mit den erforderlichen Informationen versorgt sind. Eine nahtlos integrierte Prozess- und Systemlandschaft mit vollkommener Prozessbefähigung aller involvierten Mitarbeiter im eigenen Unternehmen oder beim Zulieferer ist das PLM-Idealbild. Dass die meisten Unternehmen in der Praxis noch ein gutes Stück von diesem Zustand entfernt sind, liegt vor allem daran, dass leistungsfähige Einzelsysteme für die verschiedenen Wertschöpfungsschritte verbreitet sind, die untereinander nicht oder nur rudimentär verzahnt sind. Das behindert einen reibungslosen Datenaustausch und macht durchgängige Prozesse mehr oder weniger unmöglich. Besonders augenfällig wird dieser Missstand beim Zusammenspiel zwischen Abläufen in der Entwicklung auf der einen Seite sowie kaufmännischen, logistischen und produktionsnahen Prozessen auf der anderen Seite.

So ist es beispielsweise kaum machbar, die Konsequenzen eines Änderungsvorhabens umfassend und fundiert zu beurteilen. Nur wenige Unternehmen können mit Sicherheit sagen, dass sich eine Änderung von Produktkomponenten nicht unerwartet auf die Kosten, die Abläufe in Logistik und Produktion, den Service oder die Produktanforderungen auswirkt. Schwierig ist dies deshalb, weil die ursprünglichen Produktstrukturdaten meist im PLM-System liegen, während im Enterprise Resource Planning-System (ERP) alle anderen Produktdaten abgelegt oder dort konsolidiert werden. Das Fehlen durchgängiger Informationen erschwert es Unternehmen auch, eine immer größere Variantenvielfalt anzubieten und gleichzeitig in kleineren Losgrößen zu fertigen, die Entwicklungszyklen für neue Produkte zu verkürzen und global zusammenzuarbeiten. Die Ursachen für diese bis heute bestehende Trennung sind in der historischen Entwicklung und sehr unterschiedlichen Sichtweisen auf dasselbe Produkt zu finden.

Prozess- und Datensilos vermeiden

Unternehmen erkannten in den 1990er Jahren, dass sie nur mit einer durchgängigen IT-Lösung ihre Geschäftsprozesse effizient gestalten und die Lieferkette optimieren konnten: Das ERP war geboren. Nach dem Jahrtausendwechsel machten dann die enorm wachsenden Datenmengen, die zunehmende Komplexität der Produkte und der steigende Variantenreichtum eine weitere Unternehmens-Software erforderlich: Lösungen für PLM sollten helfen, den Überblick im immer anspruchsvolleren Innovations- und Produktentstehungsprozess zu behalten und eine globale Zusammenarbeit zu unterstützen. Heute leisten beide Enterprise-Anwendungen – mit ihren jeweiligen fachlichen Schwerpunkten und organisatorischen Zugehörigkeiten – einen signifikanten Beitrag zum Unternehmenserfolg.

Im besten Fall agieren dabei zwei hochoptimierte und unabhängig arbeitende IT-Systemverbünde, im ungünstigsten Fall heterogene Prozess- und Datensilos, welche die Produktivität massiv beeinträchtigen: Dann müssen Daten manuell synchronisiert werden und Anwender sind genötigt, Daten redundant über verschiedene Benutzeroberflächen einzugeben, manche Zuordnungen von Produktinformationen sind gar nicht möglich. Nicht selten müssen wichtige Entscheidungen unter Zeitdruck auf Basis einer unvollständigen und nicht aktuellen Datenbasis getroffen werden. Fehleinschätzungen sind damit eher die Regel als die Ausnahme und müssen in den nachfolgenden Prozessen mit teils unverhältnismäßig hohem Einsatz von Zeit und Geld korrigiert werden.

Produktentstehung IT-gestützt optimieren

Dabei kann eine konsequente Integration der Prozesse und Informationen aus PLM und ERP die Basis bilden, um innovative Produkte zu geringeren Kosten und in der geforderten Qualität entwickeln und am Markt einzuführen. In der Vision eines idealen Unternehmens ist es durch durchgängige Prozesse und synchronisierte Daten möglich, aus dem Blickwinkel der Entwicklung Lagerbestände von Produktkomponenten, laufenden Bestellungen oder geplante Fertigungsaufträge systemgestützt auszuwerten. Außerdem lässt sich – beispielsweise im Rahmen der Bewertung von Änderungsanträgen – aufzeigen, welche Auswirkungen sich aus Änderungsvorhaben auf Kundenanforderungen oder bestehende Verträge ergeben. Das ist der Traum all jener, die über die Freigabe eines Änderungsantrages entscheiden müssen. In einer Studie von Cimdata Research zu einer solchen PLM-ERP-Integration wurden folgende Nutzenpotenziale quantifiziert:

  • 75 Prozent Reduzierung von Zeitaufwand, Kosten und Fehlern, indem wiederholte manuelle Dateneingaben vermieden werden
  • 75 Prozent Reduzierung der durch fehlerhafte Stücklisten verursachten Kosten
  • 15 Prozent Reduzierung der Bestandskosten, indem Designer und Ingenieure bereits verwendete Teile konsequent nutzen
  • Acht Prozent Reduzierung des Ausschusses, der entsteht, weil bestellte oder gelagerte Materialien nicht mehr verwendet werden können