Maschinen werden immer leistungsfähiger und mit einem höheren Anteil an Automatisierungstechnik ausgestattet. Dabei wird zunehmend Funktionalität über Software abgedeckt. Beispielsweise werden synchronisierte Bewegungsabläufe oder Regler heute fast ausnahmslos über Software realisiert. Damit ist der Softwareanteil moderner Maschinen ein bedeutender Teil der Wertschöpfung und der Kernkompetenz eines Herstellers. Doch die Schnittstelle zu diesen Funktionen, das HMI, wird dabei oft vernachlässigt.
Bild: GTI-control mbH
Ein Maß für die zunehmende Komplexität der Maschinensteuerungssoftware ist die Anzahl an Parametern oder Datenpunkte/Tags, die über eine Benutzeroberfläche (HMI) im Rahmen der Maschineneinrichtung (Grenzwerte oder Reglerparameter), des Werkzeugwechsels, der Parametrierung eines Ablaufes (Rezept) und der direkten Bedienung im Eingriff sind. In den letzten zwanzig Jahren hat sich dies bei Verpackungs- oder Kunststoffmaschinen von beispielsweise 1.000 Tags auf heute oft 20.000 Tags verändert. Damit gehen komplexere Datenmodelle und mehrstufige Konfigurationsvorgänge einher. Da alle Parameter irgendwann einmal verändert werden müssen, führt dies zu immer umfangreicheren Benutzeroberflächen, die heute oft mehrere hundert Bedienseiten umfassen.
Intuitive Bedienung
Selbstverständlich kann und darf dabei der einfache Werker nur einen sehr kleinen Teil davon verändern, findet aber oft keine auf seine Bedürfnisse und Aufgaben angepasst Oberfläche vor. Dies liegt daran, dass viele Benutzeroberflächen nicht aufgabenorientiert, sondern funktions- oder komponentenorientiert aufgebaut sind und damit keine intuitive Bedienung erlauben. Das Zauberwort für die Lösung dieses Problemes heißt Usability. Usability ist die Gebrauchstauglichkeit eines Produktes oder ausführlich: „Die Usability eines Produktes ist das Ausmaß, in dem es von einem bestimmten Benutzer verwendet werden kann, um bestimmte Ziele in einem bestimmten Kontext effektiv, effizient und zufriedenstellend zu erreichen“ (DIN EN ISO9241-11). Usability ist oder zumindest sollte ein entwicklungsbegleitender Prozess sein und begleitet alle Phasen der Produktentwicklung, -einführung und -pflege. In der Vergangenheit wurde dies wenig berücksichtigt und man hat oft versucht, im Nachhinein bestehende Oberflächen zu überarbeiten. Bei einer Übernahme der bestehenden Konzepte und Modelle führt dies nur zu begrenzten Verbesserungen. Dies zeigt, dass Usability Engineering bei der Softwareentwicklung für die Automatisierung einer Maschine begleitend erfolgen muss.
Die Universität Würzburg hat dieser Teildisziplin der Softwareentwicklung Rechnung getragen und im interdisziplinären Studiengang Mensch-Computer-Systeme die Ausbildung von Fachleuten für Ergonomie, Usability und Schnittstellengestaltung für die Nutzbarkeit und Bedienbarkeit von Computersystemen vor Jahren eingeführt. Diese Schwerpunktbildung bei der Ausbildung von Softwareingenieuren bietet die optimale fachliche Grundlage für die Entwicklung von Benutzeroberflächen komplexer Maschinen nach Usability Gesichtspunkten. Die GTI-control mbH realisiert für Kunden im Maschinenbau Neugestaltungen von Benutzeroberflächen und führt bei bestehenden Maschinen begleitende Usability-Beratung bei der Entwicklung von Neumaschinen mit Spezialisten für Mensch-Maschinen-Kommunikation durch. Das passiert folgendermaßen:
Detaillierte Analyse der Maschine und der damit umgesetzten Prozesse. Dabei dient die bestehende Oberfläche nur dem Verständnis, nicht aber als Basis für eine inhaltliche Übernahme mit Neugliederung nach aufgabenorientierten Gesichtspunkten.
Anpassung bestehender Datenmodelle für Werkzeug- oder Rezeptdefinition. Dies kann in manchen Fällen eine völlige Neukonzeption der Datenmodelle zur Folge haben, als Voraussetzung für eine flexiblere und leistungsfähigere Maschine und einfacherer Konfiguration von Abläufen. Als Konsequenz ist eine Anpassung des Steuerungsprogrammes notwendig. Zu den Datenmodellen gehören auch die Abbildung des Betriebszustandes der Maschine und eine Maschinenkonfiguration, die die konkrete Ausprägung des Typs mit allen Optionen und Varianten beschreibt.
Erfassen aller Benutzerrollen und derer Aufgaben als Basis für eine aufgabenorientierte und damit intuitiv benutzbare Oberfläche. Dabei werden ein erweitertes Umfeld und erweiterte Funktionen der HMI berücksichtigt, die beispielsweise die Belange des Wartungspersonals, der Produktionsplanung und Qualitätssicherung berücksichtigen. Dazu gehören Leistungen wie eine Auftragsverwaltung, Wartungsmanagement oder die Berechnung von KPIs wie Overall Equipment Effectiveness OEE.
Für die aufgabenorientiert zusammengestellten Oberflächen wird ein Navigationskonzept erstellt. Der Umfang und Aufbau der Navigation bestimmt die mögliche Umsetzung in Form mehrstufiger Navigationsleisten.
Das anschließend entworfene Screenlayout berücksichtigt die permanent notwendigen Statusinformationen sowie die Anforderungen der Navigation und ermöglicht mehrere Varianten, Informationen in großen Übersichtsbildern oder strukturierten Teilbildschirmen darzustellen.
Für alle Use-Cases werden anschließend in Form von Wireframes die konkreten Benutzeroberflächen entworfen. Dabei sind abstrahierte Darstellungen der Prozesse die Basis für eine verständliche und auf verschiedene Maschinenvarianten anwendbare Oberfläche, die über das Datenmodell der Maschinenkonfiguration eine Adaption an die konkrete Maschine erfährt.
Die Wireframes können nun von einem Grafiker ausgestaltet und an das Corporate Desgin des Unternehmens angepasst werden.
Umfassende Ausarbeitung
Damit ist eine umfassende Ausarbeitung für eine neue, aufgabenorientierte und intuitive Oberfläche entstanden. Weitere Leistungen können in der Umsetzung von Prototypen, einem Styleguide und dem Verifizieren und Optimieren der Oberfläche in der Anwendungsumgebung bei ausgewählten Kunden liegen. Dies führt in mehreren Iterationen zu spürbaren Verbesserungen der neu entwickelten Oberflächen. Bei der Neuentwicklung von Maschinen sollte das Usability Engineering als begleitende Aufgabe über den kompletten Entwicklungsprozess stattfinden. Es empfiehlt sich, auch die Steuerungssoftware nach Software Engineering Gesichtspunkten anzugehen. Dies führt zu besser wartbaren und übertragbaren Softwarekonstrukten für die immer komplexer werdende Steuerungssoftware. Dadurch können die Unternehmen die Umsetzung ihrer Kernkompetenzen auf höherem Niveau und mit erheblich geringeren Risiken bezüglich der Abhängigkeit von einzelnen Mitarbeitern umsetzen.
Was bringt Usability?
Die Akzeptanz der Nutzer einer Maschine ist maßgeblich von der Usability beeinflusst. Diese reduziert Einlernzeit, vermeidet Fehlbedienungen, ungewollte Anlagenstillstände und schlechte Produktionsergebnisse und trägt damit erheblich zu einer höheren Produktivität bei. In Verbindung mit einer durchdachten und funktional erweiterten Software werden zusätzliche Mehrwerte verfügbar, die als Alleinstellungsmerkmale gegenüber den Mitbewerbern entscheidend zur Kundengewinnung beitragen können. Daneben führen alle Bestrebungen in Richtung Industrie 4.0 zu mehr Software oder auch APPs, für deren Erfolg die Usability entscheidend ist.
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