Energieaufwendungen und Auftragsdaten verbinden

Um die erfassten Energieverbräuche den Arbeitsplätzen, Aufträgen oder Artikeln zuzuordnen, müssen parallel zu den Prozessdaten auch die Auftragsmeldungen aus der Werkhalle erfasst werden. Die zeitnahe Rückmeldung von Auftragsdaten wie Mengen und Bearbeitungszeiten oder Arbeitsplatzdaten wie zum Beispiel Störungen zählen zu den Kernfunktionen umfassender MES: Die Systeme steuern und überwachen sämtliche Abläufe in Fertigung oder Logistik. Die dafür nötigen Auftragsdaten erhält das MES im Allgemeinen von einem übergelagerten Enterprise Resource Planning-System (ERP).

Nach der Übernahme der Auftragsinformationen überwacht die produktionsnahe IT kontinuierlich den Status und die Umsetzung dieser Aufträge. Eine wichtige Voraussetzung dafür ist die vollständige Integration des MES in die Prozessabläufe in der Werkhalle. So ‚kennt‘ das System, zum Beispiel durch eine MDE-Anbindung, den genauen Zustand jedes Arbeitsplatzes, den Bearbeitungsgrad jedes Auftrags und bei integrierter Personalzeiterfassung auch die Anwesenheiten der Mitarbeiter.

Erst durch die Vernetzung all dieser Informationsquellen kann das MES die genauen Bearbeitungszeitfenster der Aufträge an den einzelnen Arbeitsplätzen ermitteln und mit den parallel erfassten Energieverbräuchen kombinieren. Um an diese Informationen zu gelangen, genügt der Zugriff auf Arbeitspläne oder andere Planungsdaten allein allerdings nicht – hier müssen Ist-Daten an den Arbeitsplätzen ermittelt werden. Dazu kommt bei den meisten Systemen eine in die Lösung integrierte Betriebsdatenerfassung (BDE) zum Einsatz: Über Terminals in der Produktion melden die Mitarbeiter Ihre Aufträge – inklusive Material und Qualitätsdaten – an das MES. Diese Daten werden bei der Eingabe plausibilisiert und können so direkt weiterverarbeitet werden. So lassen sich durch den Einsatz des IT-Systems auf der einen Seite die Energieverbräuche kontinuierlich erfassen, und auf der anderen Seite diese Verbräuche auf Basis der bereits vorhandenen BDE-Daten direkt den Verursachern zuordnen.

Systemeinsatz für Lastspitzen- und Instandhaltungsmanagement

Die Verknüpfung von Prozess- und Auftragsdaten erlaubt damit eine detaillierte Auswertung für viele Anwendungen. Die Daten können aber nicht nur im Sinne einer Historie gegenübergestellt werden. Da die Energieverbräuche und die Auftragsdaten ‚live‘ ermittelt werden, können Anwender und Produktionsverantwortliche auch unmittelbar auf Veränderungen reagieren. So ist es zum Beispiel möglich, Spitzen im Energieverbrauch durch rechtzeitige Alarme abzufangen. Das Vermeiden von Lastspitzen durch Alarme oder gezielte Analyse der Verursacher kann im Gegenzug dazu dienen, den Einkaufspreis für Energie durch die Reduzierung der Bereitstellungsmenge langfristig deutlich zu verbessern.

Der Blick auf die aktuelle Entwicklung der Energieverbräuche an einem Arbeitsplatz oder an einer Anlage ist auch für eine vorausschauende Instandhaltung von großem Interesse. Denn aus einem über die Zeit veränderten Energieverbrauch lassen sich auch anlagenabhängige Schlüsse ziehen – etwa indem der untypisch steigende Energieverbrauch eines Antriebs als Auslöser für einen Wartungsauftrag genutzt wird. Dazu kann beispielsweise beim Überschreiten eines individuell hinterlegten Grenzwertes ein anlagenspezifischer Instandhaltungsauftrag generiert werden oder auch einfach ein Alarm, in Form eines Lichtsignals, einer E-Mail oder auch einer SMS, ausgelöst werden. Bringt das IT-System eine integrierte Instandhaltungslösung mit, lassen sich auf diese Weise Stillstandszeiten mit Hilfe der erfassten Energiedaten reduzieren.

Aussagekräftige Daten für das Produktionscontrolling

Daneben bieten Informationen zu tatsächlich entstandenen Energieverbräuchen pro Charge oder Arbeitsplatz für das Controlling eine hochinteressante Datenbasis: Da ein MES in der Regel für den Empfang der Auftragsdaten und die Rückmeldungen der gebuchten Zeiten und Mengen über eine Schnittstelle mit dem Geschäftssystem des Unternehmens verbunden ist, können auch Energiedaten leicht als Auftragsrückmeldungen an das ERP übertragen werden und somit für die Kostenrechnung oder den Einkauf gezielt aufbereitet werden. Für die Analyse von Energieverbräuchen sind aber auch Verknüpfungen mit weiteren MES-Modulen, beispielsweise mit einem integrierten Qualitätsmanagementsystem, sinnvoll. Denn viele Produktionsunternehmen müssen im Rahmen ihrer Qualitätssicherung auch Dokumentationspflichten nachkommen.

Die Erfassung von Energiedaten auf Chargenbasis bietet dafür bisher kaum genutztes Potenzial: Über die Prozessdatenerfassung kann im ersten Schritt ein einfaches Verbrauchsmonitoring realisiert werden, aber über die Verknüpfung mit weiteren Daten ist es möglich, die Energieverbräuche direkt den Verursachern zuzuordnen. Nur wer die Zusammensetzung des Verbrauchs kennt, kann auch gezielte Maßnahmen zur Prozessoptimierung, also zur Energieeinsparung, einleiten. Auf diese Weise kann nicht nur die Energieeffizienz deutlich verbessert werden, auch für das Controlling sind die real angefallenen Energiekosten pro Charge höchst wertvolle Informationen.

Nutzt man die ermittelten Daten im Zusammenhang mit dem Qualitätsmanagement oder für die Instandhaltung, ergibt sich eine ganzheitliche Lösung. Über ein maschinennahes Monitoring der Energieverbräuche können also nicht nur die Energiekosten gezielt gesenkt werden, auch eine verursachergerechte Zuordnung der Kosten auf Kostenstellen ist auf dieser Datenbasis möglich. Die sich aus der Energieeinsparung ergebende Ressourcenschonung ist ein höchst wertvoller Nebeneffekt, um Unternehmen zu unterstützen, durch die gezielte Kombination von Verbrauchs- und BDE-Daten sowohl laufende Kosten zu senken als auch gezielt auf bestehende und kommende gesetzliche Regularien zu Monitoring, Umsetzung und Dokumentation von Energie- und Betriebsstoffverbrauch zu reagieren.