IT&Production: Konnten Sie in der Instandhaltung ähnliche Anforderungen beobachten?

Klettner: Akzeptanz ist immer auch eine Frage der Bedienbarkeit. Neben der Frage nach der passenden Hardware war daher auch hier das Anbieten angepasster Benutzeroberfläche ein wesentlicher Schlüssel zur Akzeptanz bei den Anwendern. Für das Projektteam bedeutete dies, intensiv mit den Nutzern zu kommunizieren, um die Informationen aus dem ERP System sinnvoll auf dem Mobilgerät darstellen zu können. Erst diese Anpassung der Arbeitsoberflächen gestattet, die Wertschöpfung durch mobile Geräte umfassend zu nutzen. Daneben war auch die Entwicklung von Schnittstellen in den Geräten hin zu SAP wichtig.

IT&Production: Sie sprachen mehrfach das Thema Hardware an – können Sie im Markt für industrietaugliche Geräte Ihre Bedürfnisse gut abdecken?

Klettner: Ein gutes Beispiel für universell einsetzbare Hardware stellt das iPhone dar – die Leute arbeiten gerne damit, was zum einen am geringen Gewicht, zum anderen an Faktoren wie Bedienung und Marke liegt. In der Prozessindustrie stehen wir aber vor der Herausforderung, Explosionsschutz und rauen Umgebungen bei der Hardwareauswahl Rechnung zu tragen. Das bedeutet einerseits langsamere Innovationszyklen bei den Geräten als im Consumerbereich, und im Gegenzug auch niedrigere Akzeptanz bei den Mitarbeitern: Ein Handwerker, der den ganzen Tag lang einen 800-Gramm-PDA durch die Anlage trägt, ist abends wenig begeistert – und greift an der Bushaltstelle dennoch zum iPhone. Der Innovationsgap zwischen Prozessindustrie und IT ist noch groß, ein sinnvoller Einsatz mobiler Endgeräte ist aber nur bei hoher Nutzerakzeptanz möglich. Auch mit dem überzeugendsten Business Cases werden Sie keinen Erfolg haben, wenn die Anwender nicht gerne mit den Geräten arbeiten.

IT&Production: Erwarten Sie, dass sich diese ‚Innovationslücke‘ zeitnah schließt – auch im Hinblick auf die Betriebssysteme?

Klettner: In der Tat zeigt die Marktentwicklung einen klaren Trend vom klobigen und teuren Endgerät hin zu Hardware, die sich stärker an marktgängigen Smartphones orientiert. Aktuelle Geräteklassen sind eigentlich relativ gut ausgestattet, erste Endgeräte erfüllen auch die hohen Anforderungen der Prozessautomatisierung. Und die Anbieter erkennen: Letztendlich führt die Akzeptanz beim Endanwender auch für Lösungsanbieter im industriellen Umfeld zum Erfolg. Wir sehen im AK 4.15 für das Jahr 2014 die Herausforderung, dass mobile Hardware noch viele ‚offene Baustellen‘ hat. Neben der Nutzerakzeptanz zählt dazu sicherlich auch die Frage nach dem Betriebssystem: Viele Anwendungen kommen aus der Windows-Welt, doch inzwischen kommen alternative Systeme mehr und mehr in den Markt. Betriebssysteme wie Android scheinen für den Einsatz im Prozessumfeld momentan noch weit weg, doch diese Entwicklung kommt rasant auf uns zu. Diesem Trend muss man Rechnung tragen, um die Automation sinnvoll mobil nutzen zu können. Der Explosionsschutz stellt dabei nach wie vor die größte Herausforderung bei mobilen Endgeräten dar, vor allem aufgrund der langwierigen Ex-Zertifizierungen. Ein Ansatz, den der Namur-AK derzeit prüft – und den wir momentan in Ludwigshafen pilotieren – sieht die Nutzung von Zone-2-Geräten für klar definierte und zeitlich begrenzte Tätigkeiten auch in Zone 1 im Rahmen einer Gefährdungsbeurteilung und Risikobetrachtung vor. Das öffnet die Tür, moderne Hardware einzusetzen. Diese Vorgehensweise erfordert jedoch ein hohes Maß an Fachkompetenz und die Implementierung entsprechender Kompensationsmaßnahmen. Als zweiter Punkt stehen Security-Anforderungen im Mittelpunkt. Hier gilt es, Lösungen so zu designen, dass bekannte Schwachstellen und IT Security-Risiken stark reduziert werden beziehungsweise die Auswirkungen im Ereignisfall beherrschbar bleiben. Dabei führt beispielsweise die Nutzung von mobilen Betriebssystemen wie Android zu anderen, neuen Ansätzen zur Einhaltung von Automation Security Anforderungen als der Umgang mit bislang etablierten, industriellen Standards.

IT&Production: Wireless-Technologie bleibt also eine Herausforderung – gerade in der Ex-Zone. Kann sich hier der Blick auf etablierte IT-Technologien abseits der Anlage lohnen?

Klettner: Als Namur-Arbeitskreis wollen wir noch im Jahr 2014 Konzepte als Grundlage für den Einsatz mobiler Endgeräte in der Prozessindustrie zur Verfügung stellen. Dazu zählen etwa ein Framework und Mindestanforderungen, um entsprechende Geräte in der Industrie zu nutzen. Generell lässt sich sagen, dass die Prozessindustrie im Bereich Mobile/Wireless viel von der IT lernen kann. IT-seitig steht eine Systemlandschaft mit nachgelagerten Datenbanken etwa für Betriebsdaten vielfach bereits zur Verfügung. Entsprechend gilt es, eine funktionierende, vielschichtige Kommunikationsinfrastruktur zu gestalten, die verschiedene Anforderungen adressiert und hohe Nutzerakzeptanz schafft. Das schafft auch die Basis für wertschöpfende, mobile Anwendungen in der Prozessautomatisierung. Für die BASF ist drahtlose mobile Kommunikationstechnologie ein zentraler Enabler für innovative Automatisierungslösungen.







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