Smart Factory

Die Vernetzung der
Wertschöpfungskette

Hinter dem Begriff Industrie 4.0 steckt die Verknüpfung von Informations- und Kommunikationstechnologie mit der mechanischen Produktion. Die Vorteile liegen auf der Hand: Abläufe werden automatisiert und beschleunigt und versprechen so eine höhere Produktivität, eine optimierte Auslastung und somit größeren wirtschaftlichen Gewinn. Doch welche Hürden gilt es auf dem Weg zur Smart Factory zu überwinden und welche Effekte hat sie tatsächlich?

Bild: T-Systems International GmbH
Bild: T-Systems International GmbH

In vielen Unternehmen ist die IT-Infrastruktur mit der Zeit organisch gewachsen, häufig mit selbstentwickelten Lösungen. Diese nicht-standardisierte Software oder Insellösungen sind jedoch ungeeignet für die Verknüpfung von IT und Produktion. Die Smart Factory benötigt standardisierte Schnittstellen und kommunizierende Systeme. Die Einführung neuer Systeme birgt Risiken und Ängste. Was, wenn die Systemeinführung nicht reibungslos klappt? Wie hoch ist die Down Time – sprich: Liegt die ganze Fertigungskette auf einmal brach? Wie hoch ist der Schulungsaufwand? Und klappt die Migration alter Daten? Hier kann eine stufenweise Umstellung helfen, das Risiko besser kalkulieren zu können.

Design am Beispiel Smartphone

Die Smart Factory basiert auf der Verknüpfung, Virtualisierung und Automatisierung der einzelnen Fertigungsschritte. Diese begünstigen kürzere Time to Market-Zeiten und Marktzyklen. Die durchschnittliche Nutzungsdauer eines Smartphones beispielsweise liegt bei etwa zwei bis drei Jahren. Smartphone-Hersteller haben also den Bedarf, alle ein bis zwei Jahre ein neues Modell auf den Markt zu bringen, um ihren Kunden jederzeit neue Produkte anbieten zu können. Damit Hersteller ein Smartphone in dieser kurzen Entwicklungszeit in gewünschter Qualität liefern können, müssen alle Puzzle-Teile der Wertschöpfungskette perfekt ineinandergreifen. Das gilt natürlich auch für viele andere Produkte. In der Design-Phase des neuen Mobiltelefons kann das Produkt bereits per sogenanntem Rapid Prototyping als Testprodukt hergestellt werden. Mithilfe digitaler 3D-Konstruktionsdaten kann der 3D-Drucker ein haptisches Testgerät erzeugen. Alternativ kann aus den 3D-Daten eine Virtual Reality-Simulation erstellt werden. Digitale Mock-Ups bilden die Struktur und Geometrie des Smartphones ab, funktionelle Mock-Ups ermöglichen sogar ein tatsächliches Erleben des Modells mittels VR-Brillen. Beide Methoden ermöglichen Produktmanagern eine wesentlich schnellere Entscheidungsfindung und Freigabe als bei einer händischen Fertigung jeder einzelnen Designidee. Bei herkömmlicher Entwicklungsdauer ist das Risiko groß, dass die neuen Geräte bei der rasanten Entwicklung der Technologien beim Markteintritt bereits veraltet sind.

Smart Supply Chain

Ist das Design festgelegt, erfolgt die – oft weltweite – Beschaffung der Rohstoffe. Für ein Smartphone werden Bauteile aus vielen verschiedenen Werkstoffen benötigt. Das führt zu einer komplexen, globalen Lieferkette. Ein einheitliches und übergreifendes Portal schafft Abhilfe. Es ermöglicht dem Produktionsleiter Zugriff auf alle potentiellen Zulieferer. Fragen nach Preis, Lieferdauer, Qualität und Liefermenge können zentral geklärt und der optimale Lieferant so wesentlich schneller gefunden werden. Die Smart Supply Chain funktioniert auch in die andere Richtung: Wurden alle benötigten Teile im Portal technisch definiert eingegeben, können die Zulieferer sich mit ihrem Angebot an das Unternehmen wenden. Angebotsvergleiche sind schnell und übersichtlich durchführbar. Das zentrale Portal verhilft zu einer erheblichen Zeitersparnis und kann damit die Time to Market optimieren.

Ware in Echtzeit orten

Nach der Bestellung kann das Unternehmen die Ware mithilfe eingebauter RFID-Chips überwachen. Es kann so in Echtzeit auf dem Lieferweg nicht nur die Ortung oder die voraussichtliche Lieferdauer ermitteln, sondern auch Informationen über den Zustand der Ware abrufen. Im eigenen Lager vereinfachen die RFID-Chips das Auffinden und das Überprüfen des Lagerbestands auf Quantität und Qualität. Das manuelle Eintragen im ERP-System, das Scannen der Produkt-Codes und das langwierige und fehleranfällige Prüfen aller Waren per Lieferschein entfallen vollständig. Durch das automatisierte Auslesen der RFID-Chips und die Buchung im ERP-System können Betriebe auch Inventuren ganz einfach per Knopfdruck im ERP-System erledigen. Durch die Verknüpfung mit der Produktionsabteilung ist immer eine Warenauslastung nach Bedarf gewährleistet. Das Smart Warehouse Management erleichtert damit die aufwendigen manuellen und datenintensiven Lagervorgänge. Werden die Daten der RFID-Chips darüber hinaus mit den räumlichen Informationen des Lagerraums verknüpft, können sich Mitarbeiter mithilfe einer Augmented Reality-Datenbrille durch das Regalsystem navigieren und sich auf dem Display alle wichtigen Wareninformationen einblenden lassen. Dabei handelt es sich um sogenannte digitale Picking-Lösungen.

Mehrwert bei Einsparung

Nach der Fertigstellung eines Produktes können Mitarbeiter auf Basis von Sensoren-Informationen und Algorithmen frühzeitig erkennen, ob und wann welche Wartungsarbeiten nötig sind. Die sogenannte ‚Predictive Maintenance‘ spart Kosten und reduziert das Down Time-Risiko stark, da die Wartung nur nach Bedarf stattfindet und frühzeitig genug eingeleitet wird. Auf dem Weg zur Smart Factory müssen Industrieunternehmen vor allem die Umstellung ihrer IT-Systeme in ein einheitliches cyberphysisches System bewältigen, welches alle physischen Maschinen mit digitalen Daten verbindet. Das muss insbesondere auf Planungs-, Konstruktions- und Fertigungsebene stattfinden, damit eine wirkliche Effizienzsteigerung eintreten kann. Bei der Umstellung und Einführung der Systeme müssen alle Mitarbeiter mit großer Sorgfalt involviert und geschult werden. Eine transparente Kommunikation ist unerlässlich, damit die Mitarbeiter den Wandel hin zur Smart Factory unterstützen und mit vorantreiben. Hier spielt das Thema ‚Change Management‘ eine wichtige Rolle. Die Arbeitserleichterung tritt dann ein, wenn das Team alle Technologien verstanden hat und anwenden kann. Daraus resultiert dann die optimierte, beschleunigte Wertschöpfungskette. Diese kann Industriebetrieben den entscheidenden Wettbewerbsvorteil liefern, der für das langfristige Bestehen am Markt ausschlaggebend ist.