Begriffe wie Selbstregelung, Selbstoptimierung oder selbstlernende Maschinen halten sich in den Diskussionen um die vierte industrielle Revolution seit Jahren. Was unter alldem zu verstehen ist und was es Produzenten nutzt, schildert MES-Hersteller MPDV in seiner vierstufigen Roadmap zu einer Smart Factory auf.
Nach wie vor träumen viele Enthusiasten davon, dass sich mit Industrie 4.0 alles selbst regelt und kein Mensch mehr eingreifen muss. Um die dadurch vorprogrammierte Komplexität zu beherrschen, müsste man aber menschliche Erfahrung und Intelligenz weitreichend in ein IT-System übertragen. Da es bis dahin noch etwas dauern wird und die menschenleere Fabrik auch nicht im Sinne der Industrie 4.0 ist, soll sich dieser Beitrag auf die Selbstregelung als eine relativ klar umrissene Disziplin beschränken. Konzepte wie Selbstoptimierung oder selbstlernende Maschinen sollen als weiterführende Ansätze gesehen werden, die mit hoher Wahrscheinlichkeit auf der Selbstregelung aufbauen. Als Definition der Selbstregelung sei festzuhalten, dass es sich dabei im Wesentlichen um einen modernen Begriff aus der Regelungstechnik handelt. Neu daran ist insbesondere die gesteigerte Transparenz, die es möglich macht, früher auf Abweichungen vom Soll zu reagieren beziehungsweise im Idealfall eine Abweichung vorauszusehen und früh gegenzusteuern. Bei der Selbstregelung geht es im Kern darum, dass ein Ablauf oder Prozess sich selbst so reguliert, dass vorgegebene Parameter möglichst gut eingehalten werden.
Selbstregelung in der Fertigung
Im Fertigungsumfeld geht es beispielsweise um die Auslastung von Maschinen, die Qualität und Produktivität. Die Zahl der Stellgrößen sowie der Zielparameter ist beliebig groß. Auch lassen sich manche Parameter nur manuell verändern. Trotzdem führen Ansätze der Selbstregelung zum Erfolg – vorausgesetzt, man definiert die passenden Regelkreise (Bild 1) und stattet diese mit den notwendigen Kompetenzen und Befugnissen aus.
Stufe 3 der Smart Factory
Gemäß dem Vier-Stufen-Modell ‚Smart Factory‘ von MPDV braucht die moderne Fertigung zunächst Transparenz und Reaktionsfähigkeit, um darauf aufsetzend eine Selbstregelung einzurichten. Basis für die beiden ersten Stufen sind integrierte Manufacturing Execution-Systeme (MES), die sowohl Daten in Echtzeit erfassen als auch Funktionen zu deren Visualisierung und zur Steuerung der Produktion anbieten. Die Selbstregelung ist die nächste Stufe, mit der erfasste Daten und erprobte Steuerungsmechanismen ausgenutzt werden.
Die einfachste Form der Selbstregelung besteht darin, einen oder mehrere Parameter zu überwachen und beim Überschreiten der gesetzten Schwellenwerte eine Benachrichtigung zu verschicken oder ein Signal zu geben, damit manuell darauf reagiert werden kann. Etwas mehr können Funktionsbausteine, die im MES in der Regel als ‚Workflow Management‘ bezeichnet werden. Sie informieren nicht nur bei Abweichung vom Soll, sondern schlagen gleich eine Gegenmaßnahme vor oder leiten sie ein. Eine Steigerung davon sind komplett selbstregelnde Systeme. Ein Beispiel hierfür ist Kanban beziehungsweise das digital unterstützte Äquivalent eKanban. Damit wird automatisch Nachschub bestellt, sobald das Material zur Neige geht. Durch die eingebaute Regelung werden jedoch keine unnötigen Bestände aufgebaut. Die Königsklasse der Selbstregelung ist die Prozessverriegelung. Diese stellt beispielsweise sicher, dass nur das Material verwendet wird, welches für den jeweiligen Arbeitsschritt freigegeben ist und dass nur diejenigen Teile weiterkommen, die einwandfrei bearbeitet wurden. Diese Ausprägungen der Selbstregelung lassen sich mit einem integrierten MES abbilden, sofern die dafür notwendigen Informationen im System vorliegen und die beteiligten Personen mit dem MES interagieren.
Darstellung der Produktion als Regelkreis – auf die Detaillierung kommt es an. (Bild: MPDV Mikrolab GmbH )
Mensch-Technik-Interaktion
Werker können durch MES-Unterstützung zum ‚Augmented Operator‘ werden. Dahinter steht das Konzept, dass Mitarbeiter stets Zugang zu Informationen haben, die ihnen in der jeweiligen Situation nutzen, um fundierte Entscheidungen zu treffen. Durch eine geeignete Mensch-Technik-Schnittstelle kann der Mensch auf ergonomische Art und Weise Teil der Selbstregelung werden. Damit diese Integration funktioniert, müssen Mitarbeiter mit der Kompetenz ausgestattet zu sein, im Bedarfsfall richtig entscheiden zu können.
Wege zur Dezentralisierung
Auf dem Weg zur Selbstregelung und somit zur Dezentralisierung braucht es mehr als ein MES oder andere IT-Unterstützung. Vielmehr geht es um einen Paradigmenwechsel in der Fertigungskultur, die sich oft in einer eingefahrenen Organisation widerspiegelt. Um sinnvoll in ein entsprechendes Projekt zu starten, sollte zu Beginn der Ist-Zustand analysiert werden: Prozesse und Abläufe, Zuständigkeiten, dokumentierte und nicht dokumentierte Regeln sowie Erfahrungen, die für Entscheidungen im jeweiligen Bereich den Ausschlag geben. Bei dieser Gelegenheit sollte der Ist-Zustand zumindest hinterfragt und die zugrundeliegenden Prozesse bestenfalls verschlankt werden. Die Methoden des Lean Manufacturing haben sich dabei als zielführend erwiesen. Nun gilt es, die erfasste und möglichst optimierte Gesamtsituation in Regelkreisen abzubilden. Dazu eignen sich sowohl einfache Wenn-Dann-Beziehungen als auch komplexe, gegebenfalls mathematische Abhängigkeiten. Erst in einem dritten Schritt werden diese Regelkreise in einem IT-System abgebildet.
Dass Regelkreise nicht im Kontext von Industrie 4.0 erdacht wurden, belegen Anwendungen, die Fertigungsunternehmen unterschiedlicher Branchen und Größen bereits mit ihren MES-Anwendungen umsetzen. Ein mittelständischer Metallverarbeiter nutzt den Statuswechsel an den Maschinen in der Fertigung zum Beispiel, um die Mitarbeiter im Lager über Materialmangel zu informieren. Diese wiederum können anhand von Maschinennummer und Auftrag im System erkennen, welches Material an der Maschine benötigt wird. Hierzu braucht es nur einen sehr geringen Funktionsumfang im MES. Mit etwas mehr Funktionen könnte der Lagermitarbeiter sogar vor dem Auftreten eines akuten Materialmangels informiert werden – beispielsweise über eine MES-basierte Reichweitenbetrachtung für bestimmte Materialien.
Bewährte Technik eingesetzt
Wie bei vielen Themen, die unter dem Deckmantel der Industrie 4.0 diskutiert werden, empfiehlt es sich bei der Selbstregelung, erst einmal die Ziele abzustecken. Erst danach ist die Wahl der Methoden und Technologien angezeigt. Dabei präsentieren sich nicht selten bewährte und bereits selbst genutzte Techniken als zielführend für die jeweilige Anforderung. Im Falle der selbstregelnden Fabrik eignen sich sowohl Methoden des Lean Manufacturing als auch die Anwendung von klassischer Regelungstechnik. Beides bringt einen der Smart Factory einen weiteren Schritt näher. Deutlich wird auch, dass MES-Anwendungen einen wesentlichen Beitrag leisten können. Trotzdem wird es auf absehbare Zeit immer Prozesse geben, die sich nicht ohne menschliches Zutun regeln lassen. Der Mensch wird trotz aller Automatisierung eine zentrale Rolle in der ständig komplexer werdenden Welt der Fertigungsindustrie und somi t auch bei der Selbstregelung einnehmen.
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